Feuerteufel: Roman (German Edition)
dunkel, dass sie kaum mehr den Weg oder Folkes Rücken vor sich sah.
Irgendwo rief laut ein Tier. Ein Fuchs? Oder gar ein Wolf?
»Wie geht’s?«, keuchte Folke.
»Okay.«
Als Petra den Rauchgeruch vernahm, meinte sie zunächst, sie würde sich das einbilden, der Stress und die Furcht würden ihr etwas vormachen. Doch je weiter sie liefen, desto stärker wurde der Geruch.
»Verdammt!«, rief Folke. »Ich glaube, wir kommen zu spät.«
Als Magdalena Nils bewegungslos und mit geschlossenen Augen im Gras liegen sah, schrie sie laut auf. Sie brüllte, bis es im Hals brannte.
Nein! Nein! Nein!
Auf allen vieren kroch sie zu ihm und legte die Hand auf seinen Brustkorb. Er hatte immer noch Schokolade am Mund, das Haar klebte an der Stirn.
Lebte er?
»Liebling«, flüsterte sie. »Liebster kleiner Kerl.«
Sie berührte ihn wieder, schüttelte ihn leicht, aber er reagierte nicht.
Die Flammen hatten sich ins Schlafzimmer vorgearbeitet, der Rauch quoll aus dem Fenster. Die Hitze brannte auf Magdalenas Rücken.
Wir müssen hier weg.
Magdalena schob beide Arme unter Nils’ Körper und versuchte, ihn hochzuheben, aber die Muskeln wollten ihr nicht länger gehorchen, es war, als wäre alle Kraft zu Ende.
Ich muss. Es muss gehen.
In dem Moment, als die Flammen aus dem Fenster schlugen und nach Regenrinne und Dachpfannen leckten, schaffte sie es endlich aufzustehen. Auf Beinen, die sie kaum mehr trugen, stolperte sie über die Wiese.
Wo war Petter? Wo Barbro?
Hinter ihr dröhnte das Feuer.
Mitten auf der Wiese war ihre Kraft am Ende, und Magdalena sank auf die Knie. Nils rührte sich immer noch nicht, seine Augen waren geschlossen.
»Petter!«
Sie drückte Nils fest an sich, schluchzte, heulte.
» PETTER !«
Petra sah die Flammen schon von Weitem zwischen den Bäumen, und da war endlich das Haus.
Zunächst blieb sie am Waldrand stehen und starrte auf die lichterloh brennende Hütte. Wahrscheinlich war sie falunrot gewesen. Die Fensteröffnungen starrten schwarz aus dem Feuermeer.
Folke hatte recht gehabt, sie kamen zu spät. Viel zu spät.
Sie sah Folke den Abhang zur Wiese runterlaufen und das Haus umrunden. Instinktiv nahm sie die andere Richtung und rannte so schnell sie konnte.
»Magdalena!«, schrie sie. »Magdalena! Petter!«
Es schmerzte in ihrer Brust, als ob scharfe Messer zwischen den Rippen staken. Der Schweiß rann ihr über die Stirn und in die Augen.
»Hallo!«
Aber niemand antwortete, nur das Feuer brüllte.
Magdalena ließ die Tränen laufen, japste unkontrolliert nach Atem, um Luft zu kriegen.
Das hier ist die Strafe. Weil ich gezweifelt habe. So geht es, wenn man nicht dankbar für das ist, was man hat.
Sie wiegte Nils im Arm, vor und zurück. Wach auf, mein Lieber, mein Bester. Tränen und Rotz liefen in sein Haar. Mein Prinz.
Eine Kälte zog von der abendlich kühlen Erde durch Knie und Oberschenkel in die Brust. Fuhr wie ein Schatten über ihren Rücken.
»Maam …«
Magdalena lockerte den Griff ein wenig, sah Nils nach oben sehen, direkt in den Himmel. Das Feuer wurde in seinen dunklen Augen reflektiert, der Blick war nicht fokussiert.
Aber er war da, ganz wirklich, er wandte sich ihr zu und begegnete ihrem Blick. Sah sie.
»Mama.«
Magdalena drückte ihn wieder an sich. Dann drehte sie sein Gesicht von den Flammen und vom Haus weg. Weg von ihren eigenen Tränen.
Ein neues Schluchzen schüttelte den Körper.
» MAGDA !«
Magdalena fuhr zusammen und sah auf. Da kam Petter mit nacktem Oberkörper angelaufen. Er hatte eine Brandwunde auf dem Bauch, hellrot und groß wie eine Handfläche. Eine kleinere auf der Schulter.
Wortlos sank er neben ihnen im Gras auf die Knie und verbarg das Gesicht in den Händen.
Plötzlich stand auch Petra Wilander dort. Verschwommen. Und Folke. Jemand redete von Feuerwehr, Hundestaffel, Ambulanz. Schlagbaum. Barbro. Verstärkung.
Magdalena drückte Nils fester an sich, sah zum Himmel hoch.
Irgendwo waren noch Sterne.
18
Petra zog die Jalousien in ihrem Zimmer herunter und setzte sich auf den Schreibtischstuhl, während Christer Barbro Holmgren und ihren Anwalt holte. Draußen schien immer noch die Sonne. Wie lange würde das noch gehen?
Sie befühlte die Wunde ein wenig, die sie sich geholt hatte, als sie hinter Barbro durch den Wald gerannt war, ein Riss über die Knöchel, in der Mitte tiefrot, an den Rändern hellrosa. Es war etwas heiß, vielleicht hatte es sich entzündet.
Jetzt war es wenigstens vorbei. Oder wie man das ausdrücken
Weitere Kostenlose Bücher