Feuerteufel: Roman (German Edition)
Kampfpilot hatte er werden wollen, so wie Tom Cruise in Top Gun. Damals hatte es zumindest Möglichkeiten gegeben, jetzt war alles, wie es war.
Jonnas Eingangstür stand weit offen, und Christer rief ein »Hallo!« in die Wohnung.
»Komm rein!«, ertönte es aus der Küche.
Es dauerte, bis seine Augen sich von dem gleißenden Sonnenlicht draußen auf die dunkle Wohnung umgestellt hatten. Alle Vorhänge in Küche und Wohnzimmer, wo die Fenster zur anderen Seite gingen, waren zugezogen.
Als Christer in die Küche kam, legte Jonna den Stift auf ein halb fertiges Sudoku und schob die Zeitung beiseite. Er sah, dass sowohl die leichten wie auch die mittelschweren Kästchen noch nicht ganz ausgefüllt waren. Ungefähr die Hälfte der schweren stand noch aus.
»Bring mich auf andere Gedanken«, sagte Jonna. »Setz dich. Willst du was trinken?«
»Ja, danke. Gerne was Kaltes.«
Nach dem kurzen Spaziergang war er schweißgebadet.
Jonna stand auf und nahm eine Colaflasche aus dem Kühlschrank und zwei hohe Gläser vom Abtropfgitter. Sie bewegte sich bedächtig. Die Haare waren zu einem lockeren Pferdeschwanz gebunden, aber nicht bewusst unordentlich, so wie bei den jungen Mädchen, sondern einfach lustlos und müde. Aus dem Tiefkühlfach schlug kalter Rauch, als sie die Tür öffnete und ein Eisförmchen herausholte.
»Was ist dir eingefallen?«, fragte Christer.
»Als ich dich gestern im Fernsehen sah, fiel mir ein, dass Mirjam einmal mit Gunde und Doris auf einer Finnlandfähre war«, sagte sie, während sie ein paar Eisstücke losbrach und in die Gläser warf.
»Hatten sie Kontakt zueinander?«
Die Kohlensäure hüpfte, und die Eiswürfel schlugen knisternd aneinander, als Jonna die Gläser auf den Tisch stellte.
»Nein, da waren auch nicht nur sie, sondern eine ganze Busladung Leute aus der Gegend hier. Doch auf dieser Reise ist irgendwas passiert, Mirjam wurde Zeugin einer Misshandlung, oder was es auch immer war, und Doris auch.«
»Wann war das?«, fragte Christer.
»Lange her. Bestimmt fünfzehn Jahre, wenn nicht länger. Ich weiß es nicht genau. Das war während der Jahre, in denen Mirjam und ich nicht so viel miteinander zu tun hatten, aber sie hat mir mal erzählt, dass sie zu einem Gerichtsverfahren nach Helsinki fahren und dort mit einem Übersetzer an der Seite aussagen musste. Doris war auch dabei, das weiß ich.«
Jonna nahm einen Schluck Cola, ehe sie fortfuhr:
»Mirjam hat nie eine große Sache daraus gemacht, es war eher so eine spannende Geschichte von früher für sie, und sie schien nicht groß darüber nachzudenken. Aber es ist ein Zusammenhang, und ihr wolltet ja, dass man so etwas meldet.«
Christer nickte und holte Block und Stift heraus.
»Das ist klasse«, meinte er. »Fünfzehn Jahre, sagst du?«
»So ungefähr.«
»Hast du eine Ahnung, mit welchem Busunternehmen sie gefahren sind?«
Jonna schüttelte den Kopf.
»Ich weiß, dass Rydbergs Buss damals solche Touren angeboten hat, doch ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung. Es könnte auch dieses Unternehmen in Munkfors gewesen sein, ich hab vergessen, wie die heißen, aber sie annoncieren immer im Wochenblatt. Aber unten in Karlstad gibt es auch einige.«
Christer nahm ein paar Schlucke von der Cola. Er war hellwach. Endlich gab es etwas, wo man weitermachen konnte.
»Okay«, sagte Christer. »Vielen Dank, dass du dich gemeldet hast, und ruf unbedingt an, wenn dir noch mehr einfällt.«
»Mach ich«, sagte Jonna.
Sie beobachtete ihn, als er aufstand und den Stuhl ranschob.
»Du weißt, dass Mirjam dich mochte«, sagte sie.
Christer sah sie an. Er hatte keine Ahnung, was er sagen sollte.
»Also, sie wollte dich nicht verletzen, das will ich damit sagen«, fuhr sie fort. »Du weißt ja, wie das ist.«
Nein. Ich weiß nicht, wie das ist.
Magdalena erwachte, streckte sich und sah auf die Uhr. Obwohl es fast neun war, war sie todmüde. Gegen drei Uhr war sie aufgewacht und hatte sich eingebildet, es würde nach Rauch riechen. Die Sorge hatte schließlich über die Angst vor der Dunkelheit gesiegt, und sie war aufgestanden, die Treppe hinuntergeschlichen und hatte alle Zimmer des Hauses kontrolliert. Zum Glück hatte Nils sie nicht gesehen.
Aber das zarte Etwas war immer noch in ihrem Bauch. Ihr kleines Geheimnis.
Sie musste es Petter bald erzählen. Das musste sie unbedingt. Sowie sie sich selbst an den Gedanken gewöhnt haben würde.
Aus Nils’ Zimmer waren entschlossene barfüßige Schritte zu hören, und die
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