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Feuerteufel: Roman (German Edition)

Feuerteufel: Roman (German Edition)

Titel: Feuerteufel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ninni Schulman
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Verletzt.
    »Ich wollte dich eben anrufen, es war so viel los bisher. Ich sehne mich nach dir.«
    »Ehrlich?«
    »Was soll das, ›ehrlich‹? Natürlich tue ich das.«
    »Entschuldige«, sagte Petter. »Ich sehne mich auch nach dir.«
    »Kommst du morgen?«
    »Wenn du willst und Zeit hast und so.«
    »Jetzt hör aber auf. Natürlich will ich, das ist doch klar. Ich werde ein bisschen von zu Hause arbeiten müssen, aber das macht doch wohl nichts. Du fehlst mir. Begreifst du das nicht?«
    Nachdem sie das Gespräch beendet hatten, musste Magdalena an das denken, was Ann-Sofie gesagt hatte: »Du darfst nicht vor Petter wegrennen. Du musst versuchen, ihn reinzulassen. Und zwar richtig.«
    Ja, das muss ich tun.
    »Ich habe ein wenig über diese Selbstverachtung nachgedacht, unter der Sie leiden, und darüber, woher die wohl kommen mag.«
    »Aha. Und ist Ihnen was Schlaues eingefallen?«
    »Vielleicht haben Sie eine eigene Idee?«
    »Wenn man von klein auf gehört hat, dass man nichts taugt, dann ist das vielleicht nicht so ungewöhnlich. Ich habe es wieder und wieder versucht, aber nichts hilft. Ich begreife nicht, wie andere das machen. Ich versuche, mich so anzuziehen wie sie, aber es ist immer ein bisschen falsch. Ich kann niemals ein anderer werden, es richtig machen. Ich will mich selbst erfinden, aber es klappt nicht.«
    »Man kann ja nicht wegrennen.«
    »Doch, natürlich kann man das. Aber wer ist man dann? Niemand. Vielleicht ist es besser, der Dorftrottel zu sein, als überhaupt nicht zu existieren.«
    »Vielleicht klingt das in Ihren Ohren seltsam, aber wenn ich Sie ansehe, dann sehe ich einen völlig normalen Menschen, einen Menschen, der gut aussieht, schlank, hübsche Augen, schöne Haare. Was sehen Sie, wenn Sie sich selbst im Spiegel sehen?«
    »Eine Missgeburt.«
    »Eine Missgeburt?«
    »Oder ein Äthiopien-Kind. So haben sie mich jedenfalls früher genannt. Haben gefragt, ob ich zu Hause nichts zu essen kriegen würde und so.«
    »Ich sehe, dass es Sie aufregt, darüber zu reden.«
    »Hm … Einmal in der Siebten nach dem Sport, in der Dusche. Ja, da habe ich gewartet, bis alle anderen fertig waren, ehe ich reinging, und als ich grade mit dem Shampoo in den Haaren dastand, flog die Tür zum anderen Umkleideraum auf, und drei Mädchen aus meiner Klasse stellten sich hin und glotzten mich an. Ich war total erstarrt, stand einfach nur da wie ein verdammter Idiot mit dem Shampoo, das mir übers Gesicht lief. Ihre Blicke überall. Es war, als würden sie eine Ewigkeit dastehen, die Zeit blieb einfach stehen. Nach ungefähr hundert Jahren machte eine von ihnen den Mund auf, Stina, in die ich unsterblich verliebt war, und sagte: ›Pfui Teufel, bist du hässlich.‹ So ganz sachlich. Und ich stand da und lächelte. Ich lächelte.«
    »Ich verstehe, dass es schmerzhaft ist, sich daran zu erinnern.«
    »Das habe ich noch nie jemandem erzählt. Ich dachte nicht einmal, dass ich mich daran erinnern würde, aber offensichtlich tue ich das.«

8
    Christer hörte die Tür hinter sich zuschlagen. Der Kontrast zwischen dem kühlen Treppenhaus und der schwülen Luft draußen war enorm. Würde es dieses Jahr gar nicht mehr Herbst werden? Es schien, als wolle der Spätsommer Hagfors nicht loslassen.
    Der Parkplatz vor dem Coop war leer. Kein Mensch war zu sehen. Christer ging, ohne sich umzusehen, über die Straße, die Stille genügte ihm.
    Unter den Ulmen auf dem schattigen Abhang zum Fluss hin fiel das Atmen leichter. »Ein Zusammenhang zwischen Mirjam und den Eheleuten Fridhem«, hatte Mirjams Freundin Jonna Lundin gesagt, als sie ihn zehn Minuten zuvor auf seiner Nummer zu Hause angerufen hatte. Ob er vielleicht vorbeikommen könnte.
    Petra hatte recht. Manchmal waren die Medien wirklich von Nutzen.
    Als er über die kleine Fachwerkbrücke ging, kamen ein paar Enten angeglitten und schnitten Schneisen in die glatte Wasseroberfläche. Er erinnerte sich noch, wie er vor vielen Jahren hier einmal eine Mandarinente am Flussufer entlang schwimmen sehen hatte. Farbenfroh wie ein Spielzeug hatte sie ausgesehen und ein bisschen unwirklich.
    Der neue Schulhof vor dem Älvstrands-Gymnasium war von einem hohen Zaun umgeben. Von einem der Tore streckten sich vier Laufbahnen bis zum Eingang. Der letzte Ferientag. Morgen würde es dort voller Kinder sein.
    Manchmal sehnte er sich zurück. Vielleicht nicht gerade zur Schule, aber zu diesem Gefühl, dass das Leben vor einem lang. Was hatte er für Ideen und Träume gehabt!

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