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Feuertochter: Roman (German Edition)

Feuertochter: Roman (German Edition)

Titel: Feuertochter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Vorräte gestreckt und ergänzt werden konnten, damit die Bewohner über den Winter kamen. Außerdem mussten sie die Knechte und Tagelöhner dazu bewegen, Getreide und Rüben zu säen und die Tiere zu versorgen. Ebenso wichtig war es, Torf zu stechen, mit dem im Winter die Öfen geschürt werden konnten. Es galt auch, Flachs zu spinnen und Beeren, Kräuter, Pilze und essbare Wurzeln zu sammeln.
    Nicht nur in der Burg gab es viel zu tun. Das gesamte Tal und die angrenzenden Waldgebiete mussten durchsucht und Richard Haresgills Hinterlassenschaften beseitigt werden. In einem der abseits gelegenen Dörfer hatten die englischen Soldknechte fast alle Häuser niedergebrannt, etliche Männer erschlagen und die Frauen vergewaltigt. Seitdem versteckten sich die Überlebenden in den Wäldern, wenn sie einen Bewaffneten nur von ferne sahen. Aus diesem Grund beschloss Ciara, die Sache selbst in die Hand zu nehmen.
    Bereits am frühen Morgen verließ sie die Burg und wanderte talaufwärts in Richtung des zerstörten Dorfes. Sie trug derbe Kleidung und auf dem Rücken einen Jagdbogen. In ihrem Exil in Tir Chonaill hatte sie den kargen Speiseplan gelegentlich mit Wild ergänzen können, das sie selbst geschossen hatte, und sich bei jedem Treffer vorgestellt, ihr Pfeil habe einen Engländer erledigt. Aber an der Küste hatte es keine Feinde gegeben. Das mochte hier anders sein, denn Richard Haresgill würde sich wohl kaum mit seiner Niederlage abfinden. Bei dem Gedanken erwog sie einen Augenblick, Saraids Ehemann Buirre aufzufordern, mit ihr zu kommen. Doch auf der Burg herrschte großer Mangel an Männern, die fest zupacken konnten, und sie wollte ihn nicht von seiner Arbeit abhalten.
    Außerdem war sie nicht nur mit dem Bogen, sondern auch mit einem langen Dolch bewaffnet und hielt zudem einen derben Stecken als Wanderstab in der Hand. Für einen oder notfalls auch zwei Engländer würde das wohl reichen, sagte sie sich, um sich Mut zu machen, und schritt kräftig aus.
    Schon bald erreichte sie das erste der zum Ui’Corra-Besitz zählenden Dörfer. Einst hatten hier vor allem Angehörige ihres Clans gelebt, aber die waren größtenteils von Haresgill vertrieben worden. An ihre Stelle hatte er Siedler aus England gesetzt, und die waren ebenso abgezogen wie ihr Oberhaupt. Daher wunderte Ciara sich nicht, dass die meisten Häuser und Hütten leer standen. In diesen Katen würde sie die Bewohner des zerstörten Dorfes ansiedeln können – falls sie die Leute überhaupt fand, schränkte sie ein.
    Bei einer der noch bewohnten Katen bat sie um einen Becher Wasser und erhielt ein Gebräu, das die Bewohner aus verschiedenen Heidepflanzen angesetzt hatten. Es schmeckte leicht bitter, erfrischte aber.
    »Danke!«, sagte Ciara zu der schweigsamen Frau, die in der Tür stehen geblieben war. »Wenn ihr etwas braucht, dann kommt zur Burg. Wir Ui’Corra sind zurückgekehrt!«
    Die Frau nickte, sagte aber weiterhin nichts, sondern kehrte in dem Augenblick, in dem sie den leeren Becher erhalten hatte, wieder in ihre Hütte zurück.
    Ciara wurde klar, dass die Menschen Angst hatten, und das nicht nur vor den Engländern, sondern auch vor ihrer eigenen Sippe, die einst hier geherrscht hatte. Stumm verfluchte sie Haresgill, der in ihrem Tal ein gnadenloses Regiment geführt haben musste. Der Mann hatte weder den Glauben der Leute respektiert noch deren Besitz, noch deren Frauen. Stattdessen hatte er seine Söldner richtiggehend dazu aufgefordert, die Irinnen zu schänden, damit diese gute Engländer austragen sollten.
    »Mein Bruder wird diese Hunde verjagen«, flüsterte sie vor sich hin. »Der O’Néill wird sie verjagen, alle Iren werden sie verjagen! Es wird wieder eine Zeit geben, in der ein geweihter Priester des wahren Glaubens seiner Herde predigen kann, ohne Angst haben zu müssen, von einem englischen Ketzer erschlagen zu werden.«
    Die Menschen in Irland sollten frei sein, dachte sie, und nicht ständig Gefahr laufen müssen, auf Befehl eines englischen Sheriffs aus ihren Hütten geholt und zur Zwangsarbeit nach England verschleppt zu werden.
    Als Ciara das zerstörte Dorf erreichte, hatte ihre Wut auf die Engländer den Siedepunkt erreicht. Von den etwa zwanzig Hütten standen nur noch vier, und auch diese waren verlassen. Die kleine Kirche des Dorfes war ebenfalls zerstört, und auf dem Friedhof entdeckte sie eine Reihe frischer Gräber.
    Ciara ballte die Fäuste. »Sie werden dafür bezahlen!«
    Doch bevor es dazu kam, musste sie

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