Feuertochter: Roman (German Edition)
Sachen?«, fragte Ferdinand.
»Um die sollen sich die beiden Soldaten kümmern, die es sonst auch getan haben. Oder ist der deine noch immer seekrank?«
»Nein, er …«, hub Ferdinand an, aber da kamen sein und Simons Helfer bereits den Niedergang herauf.
Beide trugen das, was vom Gepäck der Edelleute übrig geblieben war. Ihnen folgten weitere Soldaten mit erleichterten und erwartungsvollen Mienen. Alle waren froh, den stinkenden Kahn verlassen zu können, in dem sie wie Heringe zusammengepfercht gewesen waren. Keiner von ihnen musste viel tragen, denn es waren nicht nur die meisten Waffen und Vorräte über Bord gegangen, sondern auch Teile ihres persönlichen Besitzes. Im Grunde waren sie ein verlorener Haufen, den kein Kommandeur auf dem Kontinent zum normalen Sold in seine Dienste nehmen würde. Hier in Irland rechneten sich die Männer bessere Chancen aus. Immerhin galt es, gegen elende Ketzer zu kämpfen, die dem Heiligen Vater in Rom die Gefolgschaft aufgekündigt hatten. Dadurch erwarb jeder von ihnen das Anrecht, nach dem Tod ungesäumt ins Himmelreich aufgenommen zu werden. Sollte vorher noch ein wenig Gold an ihren Händen kleben bleiben, so hatten sie nichts dagegen.
Feldwebel Cyriakus Hufeisen blieb vor Simon stehen. »Wir sind bereit, Hauptmann! Jetzt müssen sich die Engländer vorsehen.«
»Gut, Hufeisen! Wir beginnen mit dem Ausschiffen. Du bleibst an Bord, überwachst die Männer und setzt erst mit der letzten Ladung über.«
Mit diesen Worten stieg Simon von Kirchberg das Fallreep hinab ins Boot. Nach einem kurzen Zögern folgte ihm Ferdinand, während Hufeisen acht Mann bestimmte, die mit dem Hauptmann und dessen Vetter als Erste an Land gerudert werden sollten.
Das Boot schaukelte noch schlimmer als die Margherita, und für einige Augenblicke befürchtete Ferdinand, erneut seekrank zu werden. Mit aller Beherrschung, zu der er fähig war, zwang er seinen rebellischen Magen zur Ruhe und sah zu, wie vier Matrosen die Riemen auslegten und das Boot vom Schiff abstießen. Mit stetem Schlag hielten sie auf das Ufer zu und ließen es an dem flachen Strand auflaufen.
»Jetzt avanti, damit wir die anderen Männer holen können«, flüsterte ein Matrose, als hätte er Angst, der Wind würde seine Worte sonst zu den Engländern tragen.
Ferdinand, Simon und die acht Soldaten stiegen über die Bordwand und stapften die letzten Schritte durch das anrollende Wasser aufs Trockene. Auf Simons Wink hin schwärmten die Soldaten aus und sicherten die Landestelle. Unterdessen wurde das Boot zum Schiff zurückgerudert, um die nächsten zehn Soldaten zu holen.
»Sagte der Kapitän nicht, dass hier in der Nähe ein Dorf ist?«, fragte Ferdinand seinen Vetter.
Simon blickte sich um und zuckte mit den Schultern. »Wahrscheinlich liegt es dort hinter den Hügeln.«
»Ich kann nachsehen!«
»Nein, Junge, du bleibst hier! Wenn jemand die Gegend erkundet, dann nur ein erfahrener Mann.«
Ferdinand bleckte die Zähne, die in der beginnenden Dunkelheit wie weiße Perlen schimmerten. »Heißt es nicht Leutnant?«
»Leg doch nicht jedes Wort auf die Goldwaage«, spottete Simon und ging ein paar Schritte landeinwärts.
Seufzend blickte Ferdinand zur Margherita hinüber. Das Schiff war nur als dunkler Schemen vor dem leicht heller schimmernden Meer zu erkennen. Aber er konnte erahnen, dass das Beiboot eben wieder angelegt hatte und weitere Männer aufnahm. Dabei musste er gegen seine Enttäuschung ankämpfen. Als sie von Rom aufgebrochen waren, hatte er sich vorgestellt, sie würden am hellen Tag mit wehenden Fahnen und im Klang der Fanfaren in Irland einziehen. Stattdessen stahlen sie sich des Nachts an Land, so als wären sie Diebe und nicht eine Streitmacht des einzig wahren Glaubens, den es auf dieser Insel zu verteidigen galt.
In seiner Nervosität zog Ferdinand das Schwert, obwohl nichts darauf hindeutete, dass Gefahr drohte, und folgte Simon. Das Land vor ihnen wirkte wie ein dunkler Klotz gegen den Dämmerungshimmel, auf dem bereits die ersten Sterne aufblinkten. Da der Mond sich noch nicht sehen ließ, war es so düster, dass Ferdinand sich fragte, wie die Matrosen der Margherita mit dem Boot vom Schiff zum Land und zurück kommen wollten. Für diese ägyptische Finsternis hätten sie Augen wie Katzen gebraucht.
Doch die Seeleute hatten Erfahrung darin, Leute heimlich an Land zu setzen, und brachten immer mehr Soldaten herbei. Zuletzt schafften sie sogar noch einige Kisten mit Waffen ans Ufer, die ihnen
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