Feurige Begegnung auf Mallorca
sie und trat mit gestrafften Schultern hinaus auf den Flur. Und denke ja nicht, dass er mir irgendetwas bedeutet hat!
„ Como? Natürlich kannst du heute Abend mit mir rechnen“, sagte Tómas ins Telefon. Er saß hinter dem wuchtigen Schreibtisch in seinem Arbeitszimmer, hatte den Stuhl aber so gedreht, dass er aus dem Fenster blicken konnte. Draußen schien die Sonne, und der hellblaue Himmel war wolkenlos. „Ich werde pünktlich sein, wie immer. Aber richte dich bitte darauf ein, dass ich morgen und auch in den nächsten Tagen etwas weniger präsent in der Firma bin.“
Ramón, sein Stellvertreter und gleichzeitig Berater in allen geschäftlichen Angelegenheiten, räusperte sich. „Gibt es da etwas, das ich wissen sollte?“
„Wie kommst du darauf?“
„Nun ja, immerhin bin ich jetzt seit über drei Jahren so etwas wie deine rechte Hand, und in all der Zeit habe ich es noch nicht erlebt, dass du nicht ständig anwesend warst in der Firma. Aber natürlich geht mich das nichts an“, fügte er rasch hinzu. „Jeder würde es verstehen, wenn du dir auch einmal etwas Zeit für dich …“
„Ich mache bestimmt keinen Urlaub, wenn du das vermutest!“, erwiderte Tómas weitaus heftiger, als eigentlich beabsichtigt. Er seufzte. „Hör zu, ich habe etwas zu erledigen, mehr kann ich dazu nicht sagen. Aber es ist etwas, das meine ganze Konzentration und Aufmerksamkeit erfordert, und deshalb bitte ich dich, mir in den nächsten Tagen mehr als üblich zur Seite zu stehen.“
„Natürlich“, sagte Ramón sofort. „Selbstverständlich kannst du dich auf mich verlassen.“
„Ich danke dir.“ Tómas beendete das Gespräch, legte das schnurlose Telefon aber nicht sofort wieder weg, sondern hielt es nachdenklich in der Hand. Er konnte seinen Stellvertreter natürlich verstehen. Wie Tómas wusste, galt er als ein Mann, der jede Minute seines Lebens der Arbeit widmete. Und es stimmte: Er gönnte sich keine Freizeit, war nur für die Firma da.
Nur einmal in der Woche machte er sich für eine Stunde von beruflichen Verpflichtungen frei und besuchte Enrique auf seinem Boot. Aber auch das hatte nichts mit Freizeit zu tun, denn damit kam er einer Verpflichtung nach, die er seiner Vergangenheit gegenüber besaß.
Enrique war für ihn so etwas wie das Verbindungsglied zwischen ihm und den Arbeitern, die auf Mallorca beschäftigt waren. Da er selbst aus eher ärmlichen Verhältnissen stammte, wusste Tómas sehr gut über die Nöte und Schwierigkeiten des „einfachen Mannes“ Bescheid. Und er wollte helfen, wo immer es möglich war. Er tat dies, weil sein Gewissen es von ihm verlangte – und aus Respekt seinem Vater gegenüber.
Seinem Vater, der Zeit seines Lebens ein einfacher Mann gewesen und schließlich der Gier der Reichen und Mächtigen zum Opfer gefallen war.
Aus diesem Grund machte Tómas sich ein Mal in der Woche von seinen Geschäften frei und suchte Enrique auf. Doch es gab niemanden, der davon wusste.
Niemanden – bis auf Jenna.
Natürlich kannte auch sie die genauen Gründe dafür nicht. Aber sie hatte immerhin herausgefunden, wo er sich einmal in der Woche aufhielt, wenn er für niemanden seiner Mitarbeiter und Geschäftspartner zu sprechen war. Und wie? Indem sie Nachforschungen über ihn angestellt hatte.
Er nickte. Genau das sollte er sich immer vor Augen halten, denn es bewies, dass sie, um ihr Ziel zu erreichen, offenbar vor nichts zurückschreckte.
Und warum hast du sie dann geküsst? Er schüttelte den Kopf. Leider ließ sich diese Frage nicht so einfach beantworten, wie er es sich gewünscht hätte. Zwar hatte er sich vorgenommen, Jenna zu verführen. Er wollte, dass sie sich in ihn verliebte, um ihr hinterher das Herz brechen zu können.
Dummerweise war der Kuss aber nicht aus eben diesen Gefühlen entstanden, sondern aus ganz anderen. Tómas wusste, dass es nichts nutzte, sich etwas vorzumachen: Während der ganzen Zeit, die er seit ihrer Ankunft mit Jenna verbrachte, hatte er nicht ein einziges Mal an seine wahren Absichten gedacht. Stattdessen amüsierte er sich, fühlte sich wie ein kleiner Junge, wenn er zusammen mit ihr unterwegs war und so etwas für ihn Verrücktes tat wie Tretbootfahren, und hatte einfach nur Spaß.
Und immer wieder war da dieser schier übermächtige Wunsch, sie in seine Arme zu schließen und zu küssen, ihre warmen weichen Lippen auf seinem Mund zu spüren und …
Genug! Abrupt sprang er auf, drehte sich um und warf das Telefon, das er noch immer festhielt,
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