Feurige Begegnung auf Mallorca
Fitzgerald ist.“ Er atmete tief durch. „Es ist nun fast zwanzig Jahre her. Damals war ich noch ein Junge von dreizehn Jahren. Meine Familie betrieb in Jerez de la Frontera auf dem spanischen Festland einen kleinen Lebensmittelladen. Wir waren nicht reich, aber es genügte zum Leben, bis …“ Er stockte. „… bis eines Tages ein reicher englischer Unternehmer kam und in unmittelbarer Nähe einen großen Supermarkt errichtete.“
„Dieser Mann war mein Vater“, schlussfolgerte Jenna.
„Ganz recht.“ Tómas nickte. „Es dauerte nicht lange, und die meisten der kleinen Läden und Geschäfte in der Region gingen zugrunde. Mit der riesigen Auswahl und den Dumpingpreisen eines Supermarktes konnten sie unmöglich konkurrieren, und so schlossen sie nach und nach ihre Pforten. Mein Vater versuchte alles, um unsere Existenz zu retten, doch es war hoffnungslos. Ein Jahr später, kurz nach meinem vierzehnten Geburtstag, gab er auf. Wir fanden ihn in seinem Arbeitszimmer … seine Pistole lag neben ihm.“
Entsetzt riss Jenna die Augen auf. „Nein!“
„Nach dem Tod meines Vaters stand meine Mutter plötzlich ganz allein mit mir da“, fuhr Tómas fort. „Sie musste schwere und schlecht bezahlte Arbeit annehmen, um uns über Wasser zu halten. Eines Tages fiel sie beim Fensterputzen von der Leiter. Seitdem sitzt sie im Rollstuhl.“
Jenna senkte den Blick. Sie fühlte sich wie vor den Kopf geschlagen. Das, was sie eben gehört hatte, war schrecklich: Tómas’ Vater hatte sich das Leben genommen. Kein Kind von gerade einmal vierzehn Jahren sollte so etwas durchmachen! „Es tut mir so leid“, flüsterte sie betroffen. „Das muss furchtbar für dich gewesen sein.“
„Leicht war es nicht, aber es hat mich auch gelehrt, dass einem im Leben nichts geschenkt wird. Damals schwor ich mir, dass ich es eines Tages zu etwas bringen würde. Meine Kinder, sofern ich je welche haben würde, sollten es einmal besser haben als ich. Und wenn ich alles besaß, Macht und Reichtum, würde ich mich am dem Mann rächen, der für das alles verantwortlich ist.“
„Du meinst meinen Vater.“ Jenna holte tief Luft, dann schüttelte sie den Kopf. „Ich finde es schlimm, was dir und deiner Familie passiert ist, aber du kannst dafür nicht meinem Vater die Schuld geben. Der Lauf der Welt lässt sich nun einmal nicht aufhalten. Größer, schneller, besser – das ist es doch, was die Leute verlangen. Leider wird dabei oft übersehen, wenn jemand auf der Strecke bleibt.“
„Er hat es nicht verdient, dass du ihn in Schutz nimmst. Es gab damals Proteste gegen den geplanten Supermarkt, doch das hat ihn nicht interessiert. Es war ihm völlig gleichgültig, was aus den Menschen wird, deren Leben er in einen Scherbenhaufen verwandelt hat. Ihm ging es nur um den Profit.“
„Er ist nun einmal Geschäftsmann“, erwiderte Jenna energisch. „Du solltest doch am besten wissen, dass man in seiner Position manchmal Entscheidungen treffen muss, die einem nicht leicht fallen. Er wollte ganz gewiss niemanden ins Unglück stürzen.“
Tómas maß sie mit einem forschenden Blick. „Warum verteidigst du ihn? Nach allem, was du mir über eure Beziehung zueinander erzählt hast, war er nie für dich da, als du ihn brauchtest.“
„Er war vielleicht kein besonders guter Vater, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass er die einzige Familie ist, die ich noch habe. Und eines weiß ich ganz genau: Er ist kein Verbrecher!“
„Und wenn ich dir das Gegenteil beweisen kann?“ Er machte eine alles umfassende Handbewegung. „Ich meine, wenn du das, was ich dir eben gesagt habe, anders auslegst als ich, kann ich dagegen nichts tun, das ist dein gutes Recht. Aber ich kann belegen, dass dein Vater auch ansonsten skrupellos ist, und dass ihm Gesetze vollkommen gleichgültig sind.“
Jenna atmete scharf ein. „Worauf willst du hinaus?“
„In meinem Besitz befinden sich Papiere, die zeigen, dass dein Vater in einen Bestechungsfall verwickelt ist.“
„Was sagst du da?“ Jenna hielt den Atem an. Es war, als würde man ihr den Boden unter den Füßen wegziehen. „Bestechung? Nein, das kann nicht sein.“
„Leider doch. Dein Vater hat einen hohen Beamten beim Bauamt bestochen, um die Baugenehmigung für einen seiner Supermärkte auf dem spanischen Festland zu bekommen. Das Grundstück, auf dem er den Parkplatz für seinen Laden errichten ließ, gehörte noch bis ein paar Wochen vor Baubeginn zu einem Vogelschutzgebiet. Ist das nicht ein
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