Feurige Begegnung auf Mallorca
als sie sich wieder abwenden wollte, fiel ihr Blick auf eine Aktenmappe, die auf dem Schreibtisch lag und deren Deckel mit dem Namen eines Unternehmens versehen war, das sie nur zu gut kannte.
Eurostores Limited.
Jenna stutzte. Sie konnte sich nicht erklären, was für Unterlagen diese Mappe beinhalten sollte. Bisher hatte lediglich ihr Vater Kontakt zu Tómas gesucht, und das wegen des Bauprojekts. Da Tómas alle Anfragen abgeschmettert hatte, sah sie keinen Grund, weshalb er irgendwelche Unterlagen über die Firma aufbewahren sollte.
Einen Moment lang war sie hin- und hergerissen. Ihre Gedanken überschlugen sich. Sie dachte an die Aufgabe, die sie hierhergeführt hatte und die sie wohl nicht mehr zu einem guten Abschluss bringen würde, da sie den Mann, der eigentlich ihr Gegner war, liebte. Gleichzeitig bestanden aber noch immer gewisse Zweifel, was eben diesen Mann betraf. Was, wenn er gar nicht so war, wie sie glaubte? Was, wenn er doch nur ein falsches Spiel mit ihr spielte und in Wahrheit vollkommen andere Absichten verfolgte? Konnte das überhaupt sein?
Jenna wusste es nicht, aber eines spürte sie plötzlich ganz deutlich: Sollte es da tatsächlich etwas in der Art geben, dann musste sie es wissen. Sie war niemand, der leichtfertig in Unterlagen anderer Leute herumschnüffelte, aber alles, was Eurostores Limited betraf, betraf auch ihren Vater und damit sie selbst. Und deshalb musste sie einfach wissen, was es damit auf sich hatte.
Sie atmete noch einmal tief durch, dann öffnete sie mit bebenden Fingern die Mappe. Sie brauchte nur Sekunden, um zu erfassen, was da vor ihr lag.
Nein, dachte sie fassungslos, das darf nicht wahr sein! Es muss sich um ein Missverständnis handeln. Tómas würde doch nicht … Sie schüttelte den Kopf. Mach dir doch nichts vor, du weißt genau, was das bedeutet.
Und tatsächlich, die Art und der Umfang des Materials ließen keinen Raum für Zweifel. Tómas plante eine feindliche Übernahme von Eurostores Limited, indem er heimlich alle Anteile der Firma aufkaufte, deren er habhaft werden konnte – äußerst erfolgreich, wie es schien. Schon jetzt besaß er ein großes Aktienpaket, das es ihm ermöglichte, Entscheidungen der Geschäftsleitung zu kippen.
Doch offenbar wollte er noch mehr. Er wollte alles!
Schockiert ließ sie sich auf den Stuhl fallen, der hinter dem Schreibtisch stand. In ihrem Kopf drehte sich alles wild durcheinander, sie konnte keinen klaren Gedanken fassen. Das Ausmaß der Enttäuschung war gewaltig. Deshalb hatte Tómas also die Bauarbeiten für das Einkaufszentrum auf Mallorca boykottiert. Er wollte damit erreichen, dass die Aktienkurse von Eurostores in den Keller gingen. Je geringer der Wert der Firmenanteile war, umso kostengünstiger konnte er am Ende die ganze Firma erwerben.
Und ihr hatte er die ganze Zeit über nur etwas vorgemacht! Aber warum? Was war sein Motiv dafür gewesen, sie in sein Haus einzuladen, sie zu küssen … mit ihr zu schlafen? Sie schluckte. Reichte es ihm nicht, ihren Vater zu Grunde zu richten, indem er ihm die Firma, sein Lebenswerk, wegnahm? Verschaffte es ihm etwa ein zusätzliches Gefühl von Triumph, auch die Tochter des Mannes, den er ruinierte, zu demütigen? War das der Grund?
Jenna schloss die Augen. Sie spürte, wie alles in ihr zu beben begann. Wie konnte ich nur auf ihn hereinfallen?, fragte sie sich und verfluchte sich selbst für ihre Dummheit. Gerade hatte sie angefangen zu glauben, dass mehr zwischen Tómas und ihr existierte als bloße Anziehungskraft. Doch offenbar hatte sie sich getäuscht. Wieder einmal. Für Tómas war sie nicht mehr als ein Spielzeug, das man nach belieben herumschubsen und benutzen konnte.
Aber damit musste Schluss sein, ein für alle Mal! Entschlossen sprang Jenna auf und flüchtete aus dem Arbeitszimmer. Sie dachte nicht mehr an Señora Suárez, die unten im Garten auf sie wartete, sie dachte auch nicht mehr an das Fotoalbum, das sie ihr mitbringen sollte. Sie dachte nur noch daran, dass sie fort von hier musste.
Und zwar so schnell wie möglich.
„Gott sei Dank, dass Sie endlich da sind, Señor!“
Als Tómas zurückkehrte, wartete Dolores bereits an der Tür auf ihn. Er war eine ganze Weile gejoggt und hatte dann bis zum Einbruch der Dämmerung auf einem Felsen über dem Meer gesessen und nachgedacht. Über Jenna und auch über sich selbst. Und er war zu dem Schluss gekommen, dass er sie nicht länger belügen konnte. Sie musste die Wahrheit erfahren. Die Wahrheit
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