Feurige Schatten - Carriger, G: Feurige Schatten - Heartless (04)
Maccon, wer ist es, der mich töten will?«
»Oh, gibt es denn so viele, die in Frage kommen? Da bin ich ähnlich gesegnet.«
»Lady Maccon!«
Alexia hatte gehofft, dass es nicht nötig war, die Identität der Schuldigen zu enthüllen. Westminster vor dem drohenden Angriff zu warnen war eine Sache, aber Madame Lefoux zu verraten, ohne vorher ihre Motive zu verstehen, war etwas völlig anderes. Nun, wenn meine Freundin mich an ihren Überlegungen hätte teilhaben lassen, befände ich mich jetzt nicht in dieser Lage. Aber letzten Endes bin ich Muhjah, und es ist meine Pflicht, den Frieden zwischen Menschen und Übernatürlichen zu wahren. Ganz gleich, was Madame Lefoux’ Beweggründe sein mögen, wir können nicht zulassen, dass ein Vampirstock einfach so von einer wild gewordenen Erfinderin angegriffen wird. Das ist nicht nur undiplomatisch, es ist unhöflich.
Also holte Lady Maccon tief Luft und sagte die Wahrheit. »Madame Lefoux hat den Oktomaten gebaut. Sie beabsichtigt, Sie mithilfe dieses Geräts zu töten.«
Die großen kornblumenblauen Augen der Countess verengten sich.
»Was!?« Das kam von Lord Ambrose.
Der Duke of Hematol eilte zu seiner Königin. »Ich sagte Ihnen doch, dass nichts Gutes dabei herauskommt, wenn Sie diese französische Zofe aufnehmen.«
Abwehrend hob die Countess die Hand. »Sie hat es auf den Jungen abgesehen.«
»Natürlich hat sie es auf den Jungen abgesehen!« Die Stimme des Dukes klang schroff vor Verärgerung. »Mischen Sie sich in die Angelegenheiten von sterblichen Frauen, und das kommt dabei heraus: ein Oktomat auf Ihrer Türschwelle. Ich hatte Sie gewarnt!«
»Ihre Beschwerde wurde damals vom Bewahrer des Edikts aufgezeichnet.«
Lady Maccon blinzelte. »Quesnel? Was hat er mit dem Ganzen hier zu tun? Moment mal!« Sie legte den Kopf schief und sah die Countess eindringlich an. »Haben Sie Madame Lefoux’ Sohn entführt?«
Alexia hatte oft den Eindruck, dass es einem Vampir nicht möglich war, schuldbewusst zu wirken. Doch die Countess brachte eine ziemlich gute Imitation dieses Ausdrucks zustande.
»Aber warum das denn? Ich meine … Um Himmels willen!« Lady Maccon drohte der Vampirkönigin mit dem Zeigefinger, als wäre die alte Vampirin ein sehr ungezogenes Schulmädchen, das mit der Hand in der Keksdose erwischt worden war. »Schämen Sie sich! Böser Vampir!«
Die Countess schnalzte abschätzig mit der Zunge. »Also wirklich! Es besteht kein Grund, herablassend zu sein, Seelensauger. Der Junge war uns versprochen. In ihrem Testament hatte Angelique das Westminster-Haus zum Vormund für ihr Kind ernannt. Bis zu diesem Moment ahnten wir nicht einmal von seiner Existenz. Madame Lefoux wollte davon natürlich nichts wissen. Aber er gehört uns. Und wir geben niemals her, was rechtmäßig uns gehört. Wir haben ihn nicht entführt. Wir haben ihn uns zurückgeholt.«
Lady Maccon dachte an ihr eigenes Kind, das nun Lord Akeldama versprochen war, um sie beide vor den Nachstellungen durch die Vampire und ihren Mordversuchen zu beschützen. »Also wirklich, Countess. Ich muss schon sagen! Was ist nur los mit euch Vampiren? Hören Sie eigentlich niemals auf mit Ihren Machenschaften? Kein Wunder, dass Genevieve Sie töten will. Ihn zu entführen! Das ist niederträchtig. Wirklich höchst niederträchtig! Was wollen Sie eigentlich von dem Jungen? Er ist ein fürchterlicher Strolch.«
Das runde, sympathische Gesicht der Countess wurde sehr hart. »Wir wollen ihn, weil er uns gehört! Welchen anderen Grund sollten wir noch brauchen? Wir haben das Gesetz in dieser Angelegenheit auf unserer Seite. Wir haben Kopien des Testaments.«
»Nennt das Testament den Westminster-Stock oder ausdrücklich Sie, Countess?«, verlangte Lady Maccon zu wissen.
»Mich allein, soweit ich weiß.«
Lady Maccon warf die Hände gen Himmel, obwohl dort oben niemand war, den sie als Seelenlose anrufen könnte. »Nun, da haben Sie es. Genevieve muss also nur dafür sorgen, dass Sie sterben, und schon steht das Kind von Rechts wegen wieder ihr zu. Außerdem hat sie dadurch das zusätzliche Vergnügen, die Frau zu töten, die ihre Geliebte verführt hat.«
Die Countess machte ganz den Eindruck, als hätte sie die Angelegenheit bisher noch nicht in diesem Licht betrachtet. »Das meinen Sie nicht ernst.«
Alexia zuckte nur mit den Schultern. »Betrachten Sie es einmal aus ihrer Perspektive.«
Die Countess erhob sich. »Gutes Argument. Außerdem ist sie Französin. Die werden fürchterlich
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