Feurige Schatten - Carriger, G: Feurige Schatten - Heartless (04)
Königin.
Die Erfinderin ergriff Alexias Hand. Ihre eigene war von jahrzehntelangem Umgang mit Werkzeug rau, wie Alexia sogar durch ihre Handschuhe hindurch spüren konnte, zusammen mit dem leichten Schauer, der, wie sie allmählich akzeptierte, zu einer intimen Freundschaft mit dieser Frau gehörte. Genevieve war so überaus faszinierend.
»Wollten Sie etwas Bestimmtes von mir, meine liebe Alexia?«
Lady Maccon zögerte, dann kam sie gleich auf den Punkt. »Genevieve, wissen Sie irgendetwas über das versuchte Attentat des Kingair-Rudels auf Königin Victoria vor zwanzig Jahren? Ich meine irgendetwas, was Sie darüber im Orden des Messing-Oktopus erfahren haben?«
Madame Lefoux starrte sie mit aufrichtiger Überraschung an. »Meine Güte, wie kommen Sie denn auf diese alte Sache?«
»Sagen wir einfach, ich hatte vor Kurzem Kontakt mit jemandem, der mich dazu gebracht hat, die Vergangenheit zu erforschen.«
Madame Lefoux verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich mit dem Rücken gegen eine Rolle Kupferblech. »Hm, ich persönlich weiß nichts darüber. Damals dürfte ich nicht älter als dreizehn gewesen sein. Aber wir könnten meine Tante fragen. Ich bin mir nicht sicher, wie hilfreich sie sein könnte, aber ein Versuch kann nicht schaden.«
»Ihre Tante? Oh, Sie meinen …?«
Madame Lefoux nickte mit trauriger Miene. »Sie durchläuft gerade das Stadium verminderter geistiger Kohäsion. Trotz all meiner chemischen Fachkenntnis und Konservierungstechniken ließ es sich leider nicht vermeiden. Aber wie dem auch sei, sie hat immer noch ihre lichten Momente.«
Alexia erkannte, dass dies die wahre Ursache für Genevieves Kummer sein musste. Sie verlor ein geliebtes Familienmitglied, die Frau, die sie großgezogen hatte. Genevieve mochte eine ausgeprägte Aura des Geheimnisvollen um sich errichtet haben, aber sie war nicht gefühllos, sondern liebte innig. Alexia trat zu ihrer Freundin, streichelte ihr tröstend über den Oberarm und spürte, wie sich dessen Muskeln anspannten. »O Genevieve, das tut mir so schrecklich leid.«
Bei Alexias Mitgefühl bröckelte die Maske der Erfinderin ein wenig. »Ich kann mich des Gedankens nicht erwehren, dass das einmal auch mein Schicksal sein wird. Zuerst Angelique und jetzt Beatrice.«
»Oh, sicher nicht! Dann müssten auch Sie ein Übermaß an Seele besitzen.« Alexia hätte ihr anbieten können, einen Exorzismus anzuwenden, aber Genevieve war so wütend gewesen, als sie Angelique diesen Dienst erwiesen hatte.
»Ja, da haben Sie völlig recht. Ich bin umhergereist, habe recherchiert und nachgeforscht, um eine Möglichkeit zu finden, die Existenz meiner Tante nach dem Tod noch weiter zu verlängern. Aber es gibt nichts.« Ihr Tonfall klang gequält, so wie der eines Wissenschaftlers, der ein Problem, aber keine Lösung sieht.
»Oh, aber Sie haben Ihr Äußerstes getan! Sie haben ihr Jahre geschenkt, viel mehr, als jeder Geist sich erhoffen darf.«
»Jahre wofür? Demütigung und Wahnsinn?« Genevieve holte tief Luft, dann legte sie ihre Hand auf die von Alexia, die ihren Arm streichelte, um ihre Bewegung zu stoppen. »Es tut mir leid, meine bezaubernde Alexia, das hier ist nicht Ihre Bürde. Wollen Sie immer noch mit ihr sprechen?«
»Würde sie denn mit mir reden? Was glauben Sie?«
»Wir können es nur versuchen.«
Lady Maccon nickte und versuchte, ihre übliche Haltung abzuschütteln, um weniger herrisch und einschüchternd zu wirken. Sie wollte das Gespenst nicht erschrecken. Nicht, dass eine Frau in ihrem Zustand einen derart furchteinflößenden Anblick abgab.
»Tante!«, rief Madame Lefoux, und ihre normalerweise melodische Stimme klang scharf. »Wo steckst du? Tante!«
Einige Augenblicke später waberte eine geisterhafte, mürrisch wirkende Gestalt aus einer Förderbandrolle. »Ja, Nichte, du hast mich gerufen?«
Die Ehemalige Beatrice Lefoux war zu Lebzeiten eine hagere alte Jungfer von strenger Geisteshaltung und begrenzter Warmherzigkeit gewesen. Sie mochte einst hübsch gewesen sein, hatte aber offensichtlich weder sich noch anderen jemals erlaubt, sich daran zu erfreuen. Vieles von ihr fand sich in Madame Lefoux wieder, jedoch von einem gewissen Maß an Großmütigkeit und Beherztheit gemäßigt, die zu kultivieren ihre Tante sich nie die Mühe gemacht hatte. Das Gespenst wurde verschwommen, nicht so sehr wie Alexias Geisterbotin, aber es machte durchaus deutlich, dass es nicht mehr lange auf dieser Welt weilen würde.
Kaum hatte sie
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