Feuriger Rubin: Roman (German Edition)
Ihr wisst, und ich sehe es als Ironie des Schicksals an, dass die Seuche in kürzester Zeit meinen Bruder und meine Schwester dahinraffte, während ich sie als Kind überlebte.«
»Ihr wart wie ich auch an einer leichten Form der Blattern erkrankt. Alle meine Kinderfrauen überlebten die Seuche. Wen wundert’s, dass Bediente mit Blatternnarben so hoch im Kurs stehen.«
»Wie geht es Lady Beatrice?«
»Ich hege Hoffnung, dass sie überlebt, doch einer der Gardesoldaten aus der Eskorte Princess Marys ist erkrankt. Ich hoffe, Lord Montgomery wurde nicht angesteckt.«
Charles dachte an den Ausdruck der Angst in Velvets Gesicht, als sie erfuhr, dass es sich um ansteckende Blattern handelte. »Die Blattern kennen keinen Unterschied.«
Charles sagte nun zum Priester: »Würdet Ihr mich zur Suite meiner Mutter begleiten, Hochwürden? Die Königin wird untröstlich sein.«
Eine Stunde darauf begab der König sich wieder in seine Privatgemächer in Whitehall. Er hatte viele heikle Briefe zu schreiben. Der erste und dringendste würde William, dem Sohn seiner verstorbenen Schwester gelten. Wie teilt man einem noch nicht Elfjährigen auf einfühlsame Weise mit, dass seine Mutter verstarb? Charles wusste, dass es unmöglich war.
Wiewohl der König nicht in diplomatische Händel verwickelt werden wollte, war er bereit, sein Bestes zu tun, um Marys letzten Wunsch zu erfüllen. Er war gewillt, sich dafür einzusetzen, dass William zum Generalkapitän der Holländischen Republik ernannt wurde.
Mit einem tiefen Seufzer tauchte er seinen Federkiel ein und schrieb an seine geliebte Schwester Minette. Es war das zweite Mal in ebenso vielen Monaten, dass er ihr einen Todesfall aus dem Kreis der Geschwister melden musste. Charles schickte ein Stoßgebet zum Himmel, seine jüngste Schwester möge vor allem Schaden bewahrt werden, vor allem vor Philippe, ihrem weibischen französischen Gemahl. Wie gern würde ich Minette nach England einladen, sollte sie sich aber mit Blattern anstecken, würde mich mein Schuldgefühl umbringen .
Charles brachte hastig ein paar Zeilen für seinen Bruder James zu Papier, der nach Hampton Court gegangen war, sowie an Barbara, die ebenfalls nicht in Whitehall weilte . Beide besitzen ausgeprägten Überlebensinstinkt! Er rief Will Chiffinch und bat ihn, die Nachrichten zu überbringen.
Ehe er darauf vergaß, weil seine Zeit und Aufmerksamkeit von anderen dringenden Angelegenheiten in Anspruch genommen wurden, schrieb Charles einen Brief an Velvet nach Roehampton.
Teuerste Velvet,
mit großer Trauer muss ich Euch mitteilen, dass meine Schwester Mary in die ewige Ruhe einging. Sie muss sich auf dem Schiff, mit dem sie nach England segelte, mit Blattern infiziert haben. Zu meinem großen Kummer kann man Segelschiffe von diesen gefürchteten Ansteckungsstoffen nicht gründlich säubern.
Ich teilte die traurige Nachricht Minette mit und hoffe, dass auch Ihr meiner Schwester schreiben werdet. Ich weiß, dass Euer Brief sie aufheitern wird. Dr. Fraser hegt die berechtigte Hoffnung, dass Marys Hofdame Lady Beatrice überleben wird. Wir alle beten für ihre Genesung.
Ich hoffe aufrichtig und aus ganzem Herzen, dass Greysteel diese Krankheit überlebt. Nie werde ich den Ausdruck der Angst in Eurem Antlitz vergessen, als Ihr hörtet, dass er sich angesteckt haben könnte. Eure Miene verriet Eure tiefe Liebe. Ihr hättet nie nach Roehampton gehen und Euch in Gefahr bringen dürfen, doch ich weiß, dass nichts auf der Welt Euch hätte abhalten können. Ich beneide Montgomery um Eure Hingabe, weil ich weiß, dass mir niemals so viel Liebe zuteil werden wird.
Bitte, lasst mich wissen, wie es um Euch steht. Wenn nach meiner Krönung Catherina aus Portugal eintrifft, um meine Gemahlin und Königin zu werden, könnte es keine würdigere Erste Kammerfrau für sie geben als Euch, Velvet. Whitehall ist nicht dasselbe ohne den Earl und die Countess of Eglinton.
Euer ergebener Diener
Charles Rex
Er streute Sand auf den Brief, schmolz das Wachs und drückte seinen Siegelring hinein. Seit Jahren hatte Charles sich nicht mehr so allein gefühlt. Er ging in den Vorraum und sprach mit Prodgers. »Würdet Ihr dafür sorgen, dass dieser Brief zu Lady Montgomery nach Roehampton gebracht wird?« Er rieb die Hände aneinander, wie um sie von etwas daran Haftendem zu befreien. »Ich will baden und mich umkleiden. Seid so gut und macht Euch auf die Suche nach Buckingham. Ich möchte heute nicht allein dinieren.«
Charles ging
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