Feuriger Rubin: Roman (German Edition)
Sie sah Velvet und Emma zur Kutsche eilen und wollte schon das Fenster öffnen und sie aufhalten. Dann aber warf sie einen Blick auf den Brief und fing zu lachen an. Velvet würde vom Regen in die Traufe geraten. »Wie köstlich. Ich hätte es nicht besser planen können. Sie hat ja keine Ahnung, dass Roehampton jetzt Greysteel Montgomery gehört.« Christian wischte sich Lachtränen ab. »Velvet, ich wette, dass dir eine köstliche Überraschung bevorsteht. Deine Erfahrung im Umgang mit dem anderen Geschlecht wird sich erweitern und dir zweifellos genug einschlägiges Wissen für ein paar ungehörige Eintragungen in dein Tagebuch bescheren!«
7
Als die Kutsche ihre Fahrt vor dem Stadttor verlangsamte, steckte Velvet den Kopf aus dem Fenster, um dem Kutscher eine Anweisung zu geben. »Wir fahren nicht zum Exchange, Davis. Fahrt uns nach Roehampton, bitte. Die Dowager Countess weiß von dieser Änderung unseres Planes.« Zumindest wird sie es wissen, wenn sie meinen Brief liest.
An die Launen vornehmer Damen gewöhnt, fuhr Davis Bishopsgate entlang und wendete die Pferde in Richtung Cannon Street, die sich zum Strand verbreiterte. Dann nahm er die Straße nach Richmond, bis er Roehampton erreichte.
Velvet stieg mit dem Gepäck in der Hand aus, und Emma folgte ihr. »Danke vielmals, Davis.« Sie zögerte. »Ich weiß nicht, wann ich nach London zurückfahre.«
»Sehr wohl, Mistress. Sobald ich meine Kehle befeuchtet habe, bin ich für die Rückfahrt bereit.« Davis strebte der an der Hinterfront gelegenen Küchentür zu.
Emma beäugte das elisabethanische Herrenhaus ein wenig besorgt. »Wird man uns denn willkommen heißen?«
»Aber natürlich. Bertha Clegg, die Haushälterin und Köchin, ist eine äußerst umgängliche Person. Ihr Mann Alfred kümmert sich um die Pferde und den Garten. Es ist das zauberhafteste Haus, das ich kenne. Ich wünschte, es wäre mein.«
Als niemand auf ihr Pochen hin öffnete, machte Velvet selbst die Tür auf und trat ohne zu zögern ein. »Mrs Clegg? Bertha?« Sie traf sie in der Küche an, wo sie Davis ein Bier einschenkte.
»Willkommen, Mistress Cavendish. Ist Ihre Ladyschaft auch gekommen?«
»Nein, Bertha. Ihr Enkel ist auf Besuch, deshalb blieb sie in London. Ich bin für mindestens eine Woche gekommen. Und das ist Emma.«
»Ich gehe gleich hinauf und richte zwei Schlafzimmer her.«
»Nein, nein, das können wir sehr gut selbst machen.«
Velvet ging die Treppe hinauf voraus und wählte ein großes Gemach, dessen Fenster auf den See blickten. »Emma, die Aussicht ist atemberaubend. An diesem Haus liebe ich alles. Welches Zimmer nimmst du?«
»Ich sollte im Dienstbotentrakt wohnen.«
»Ach, Unsinn! Hier oben sind sechs große Schlafzimmer.«
Emma entschied sich für ein nach hinten gelegenes Zimmer über der Küche. Unter ihrem Fenster erstreckte sich ein Kräutergärtchen und daneben ein Beet mit allen Früchten des Herbstes, von Kürbissen bis zu Lauch. »Auf Nottingham Castle war der Küchengarten immer meine Aufgabe«, sagte Emma wehmütig.
Sie holten Laken und Handtücher aus dem Wäscheschrank und bezogen die Betten. Dann packte Velvet ihre Tasche aus und hängte ihre Sachen auf, ehe sie ihr dunkelgrünes Reitkleid anzog und in Stiefel schlüpfte. »Wie du siehst, will ich in den Stall.«
»Frag doch Mrs Clegg, ob ich mich im Garten ein wenig betätigen kann, Liebes.«
Velvet lachte. »Jedem das Seine. Pferde für mich … Kürbis und Gänsefingerkraut für dich. Ich glaube, es gibt auch einen Obstgarten.«
Im Stall begrüßte sie Mr Clegg. »Ihr werdet mich jetzt oft zu sehen bekommen, Alfred. Ich bin mindestens eine Woche auf Besuch hier und möchte täglich reiten. Ich kann meine Stute selbst satteln und verspreche, dass ich sie nach dem Ausritt trocken reibe.«
»Ich weiß, dass die Tiere nicht in besseren Händen sein könnten. Euer Vater war der beste Reiter von ganz England, wie ich hörte.«
»Und er wird es wieder sein, wenn Charles auf den Thron zurückkehrt!«
»Amen, Mistress Cavendish.«
Velvet wählte dieselbe schwarze Zelterstute wie beim letzten Mal. »Hat die Stute einen Namen, Alfred?«
»Das ist Raven. Sie ist ein kleiner Schatz.«
»Das passt zu ihr. Sie fliegt mit dem Wind. Keine Angst, Alfred – ich werde sicher zwei Stunden aus sein … mindestens.«
Kurz darauf hörte er Hufschlag auf dem Hofpflaster und glaubte schon, Velvet sei zurückgekehrt. Als er hinaustrat, um nachzusehen, staunte er nicht schlecht, als er wieder einen
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