Feuriger Rubin: Roman (German Edition)
dachte, wie herzlos ihn seine eigene Mutter behandelt hatte, stellte sich auf Zehenspitzen, um Henry einen Geburtstagskuss zu geben, und überreichte ihm dann sein Horoskop. Es schilderte in glühenden Farben und in allen Einzelheiten die bewundernswerten Eigenschaften eines im Sternzeichen Krebs Geborenen – Wärme, Humor und die Kunst zwanglosen Umgangs mit jedermann. Die launische Empfindsamkeit und die Neigung, sich bei geringsten Anzeichen von Kritik abzukapseln, blieben mit Absicht unerwähnt. »Noch viele glückliche Jahre, Euer Hoheit.«
»Lady Montgomery, da ich nun zwanzig bin, wären vielleicht zwanzig Küsse angebracht? Verzeiht, Greysteel, das war nicht für Eure Ohren bestimmt. Ich bin überglücklich, wenn ich mich mit einem Tanz zufrieden geben darf.«
»Es ist mir das größte Vergnügen der Welt, Euer Hoheit.« Sie überließ ihm ihre Hand, und er führte sie zum Tanz.
Als die Gavotte geendet hatte, brachte Gloucester sie zu Montgomery zurück, der sie zum nächsten Tanz führte. Danach überließ sie ihn sich selbst, da sie wusste, dass er lieber mit Männern Gespräche führte, als mit den Damen zu tanzen.
Velvet begrüßte Barbara. »Heute strahlt Ihr geradezu. Ist es nicht herrlich, dass die Theater wieder spielen? Da ich noch nie ein Stück gesehen habe, freue ich mich riesig darauf.«
Barbara trug ihr neues Diamanthalsband, das ihr half, den Kopf hoch zu halten. »Als Seine Majestät Killigrew das Patent zur Gründung der King’s Player erteilte, bestimmte er, dass fortan weibliche Rollen nur von Frauen gespielt werden dürfen.«
»Charles betrachtet Schauspielerinnen als harmlose Freuden.« Buckingham versetzte Barbara mit Absicht diesen Stich.
Sie versetzte ihm als Vergeltung einen Stoß mit dem Fächer. »Velvet, kennt Ihr schon meine liebe Freundin Lady Arlington? Ihr Gemahl, Henry Bennet, wurde eben zum Staatssekretär ernannt.«
Während die zwei Damen miteinander scherzten, lächelte Barbara Buckingham zu und schwenkte ihren Fächer in die Richtung eines livrierten Dieners. »Sei ein Schatz, George, und hol mir ein Glas von diesem neuen Champagnerwein. Er soll ein ausgezeichnetes Mittel sein, um einen Bauch zu beruhigen, der sich in delikaten Umständen befindet.« Sie lächelte Lady Arlington schelmisch zu, wohl wissend, dass diese die Neuigkeit am ganzen Hof verbreiten würde.
Velvet öffnete ihren Fächer und senkte den Blick. Wer mag der Vater des Kindes sein, das Barbara erwartet?
»Guten Abend, Lady Montgomery. Euer Kleid ist wunderschön.«
Velvet drehte sich um und sah Mary Butler. Sofort stellte sie Barbara die blutjunge Tochter des Duke of Ormonde vor. Als sie aus dem Augenwinkel wahrnahm, dass Lord Cav sich näherte, erstarrte sie.
Er ignorierte Velvet und verbeugte sich vor Mary Butler. »Darf ich Euch zum Tanz führen, Lady Mary?«
Sie errötete. »Es wäre mir ein Vergnügen, Lord Cavendish.«
»Euer Vetter sieht auffallend gut aus«, bemerkte Barbara gedehnt.
»Er ist liederlich!«, zischte Velvet.
»Wirklich? Glückliche Lady Mary.«
»Sie ist doch erst fünfzehn«, protestierte Velvet.
Barbara nippte an ihrem Champagner. »Glücklicher Lord Cav.«
Als der Tanz geendet hatte, näherte Velvet sich Will Cavendish und äußerte ihre Missbilligung. »Mary Butler ist ein unschuldiges Mädchen.«
»Andernfalls würde sie mich nicht interessieren«, erklärte er.
»Ich werde nicht zulassen, dass Ihr sie verderbt.«
»Meine Absichten sind ehrenwert. Sie ist die Tochter eines Herzogs.«
»Eine Ehe?« Velvet schnappte nach Luft. Die Vorstellung, wie jämmerlich das Leben der jungen Mary an der Seite dieses lüsternen Kerls verlaufen würde, war unerträglich.
Seine kalten blauen Augen glitzerten boshaft. »Ihr habt auch nach Rang und Vermögen geheiratet. Also missgönnt mir nichts, Ihr doppelgesichtiges kleines Luder.«
Velvet war empört ob seiner Anschuldigung. »Ich werde ein Wörtchen mit Marys Vater reden.«
»Wenn ich Euch mit dem Duke of Ormonde im Gespräch sehe, werde ich am ganzen Hof verbreiten, dass Ihr mein Bett geteilt habt. Sagt Ihr auch nur ein Wort gegen mich, sorge ich dafür, dass Ihr den Tag bereut«, drohte er.
Während sie ihm nachblickte, als er davonschlenderte, zitterte sie vor Wut und Empörung. Ihr erster Instinkt war es, sich an ihren Mann zu wenden. Greysteel würde sie gegen jedwede Bedrohung, von welcher Seite auch immer, in Schutz nehmen. Sinkenden Herzens wurde ihr klar, dass sie es ihm nicht sagen konnte. Er würde
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