Fever Pitch
auch nicht daran, daß wir das sechste Jahr in Folge keine Trophäe gewinnen würden. Es lag an mehr als an all diesen Dingen, obwohl sie alleingenommen trostlos genug waren.
Es lag zum Teil an meiner eigenen, verborgenen Depression, die sich dauernd überlegte, wie sie ausbrechen konnte, und der gefiel, was sie an diesem Abend in Highbury sah; aber noch mehr lag es daran, daß ich mir wie üblich Arsenal ansah, damit es mir zeigte, daß die Dinge nicht für alle Zeiten schlecht bleiben konnten, daß es möglich war, Gewohnheiten zu ändern, daß Niederlagenserien ein Ende hatten. Wie auch immer, Arsenal hatte andere Vorstellungen: Das Team schien mir zeigen zu wollen, daß Tiefs tatsächlich dauerhaft sein konnten, daß manche Menschen, so wie manche Clubs, einfach nie Wege aus den Räumen finden konnten, in die sie sich selbst eingesperrt hatten. Es schien mir an jenem Abend und für die nächsten paar Tage, daß wir beide zu oft eine falsche Entscheidung getroffen und den Dingen viel zu lange ihren Lauf gelassen hatten, als das sich je etwas zum Besseren wenden konnte. Da war es wieder, dieses Gefühl, und diesmal viel tiefer und viel beängstigender, dieses Gefühl, daß ich für alle Zeiten an den Club und folglich an dieses armselige Ersatzleben gekettet war.
Ich war durch die Niederlage niedergeschmettert und erschöpft (1:2, und für die Eins wurde in der letzten Minute gesorgt, als feststand, daß wir die Partie verlieren): Am nächsten Morgen rief mich eine Freundin bei der Arbeit an und fragte, als sie die Niedergeschlagenheit in meiner Stimme hörte, was nicht stimme. »Hast du’s noch nicht gehört?« fragte ich sie mitleiderregend. Sie klang besorgt und dann, als ich ihr erzählte, was passiert war, konnte ich – nur für eine Sekunde – Erleichterung hören (es war also wenigstens nichts von dem, was sie im ersten Moment für mich befürchtet hatte), ehe sie sich daran erinnerte, mit wem sie sprach, und an die Stelle der Erleichterung trat all das Mitgefühl, das sie aufbringen konnte. Ich wußte, daß sie diese Art von Schmerz nicht wirklich verstand, und ich hätte nicht den Mut gehabt, es ihr zu erklären; denn diese Vorstellung, daß da diese Sackgasse war, dieser völlige Stillstand, und daß, solange Arsenal seine Probleme nicht gelöst hatte, ich auch nicht … diese Vorstellung war dumm und tadelnswert (sie gab dem Abstieg eine ganz neue Bedeutung), und, was noch schlimmer war, ich wußte jetzt, daß ich wirklich an sie glaubte.
Der Weg aus der Sackgasse
Arsenal gegen Watford – 31.3.86
Ich vermutete, es waren nicht nur die paar Partien nach dem Spiel gegen Villa, die den Vorstand begreifen ließen, daß etwas passieren mußte – obgleich sie schlimm genug waren: Die besonders klägliche 0:3-Niederlage gegen Luton im FA Cup wird als das Spiel genannt (zum Beispiel im Video HISTORY OF ARSENAL 1886-1986), das Trainer Don Howes Rücktritt bewirkte, aber jeder weiß, daß das nicht stimmt. Tatsächlich trat Howe nach einem 3:0-Sieg über Coventry zurück, weil er mitbekam, daß hinter seinem Rücken Präsident Peter Hill-Wood an Terry Venebales herangetreten war. Zwischen dem Spiel gegen Villa und seinem Rücktritt hatten wir auf der Nordtribüne einige »Howe-raus« -Gesänge zu hören gekriegt; als er dann wirklich ging, fiel das trainerlose Team auseinander, und die Gesänge richteten sich von da an gegen den Präsidenten, obwohl ich nicht mit einstimmen konnte. Ich wußte, daß sich der Vorstand auf ziemlich verstohlene Weise um die Dinge kümmerte, aber es mußte etwas getan werden. Diese Arsenalmannschaft – voll von Cliquen und überbezahlten Stars, die ihre besten Jahre hinter sich hatten – würde niemals schlecht genug sein, um abzusteigen, aber auch niemals gut genug, um irgendwas zu gewinnen, und die Stagnation erweckte den Wunsch, vor Frustration laut aufzuschreien.
Die Freundin, die am Morgen nach dem Villaspiel vergebens versucht hatte, aus mir schlau zu werden, kam mit mir zur Partie gegen Watford, das erste Mal, daß sie Fußball live erlebte. In gewisser Weise war es eine lächerliche Einführung. Es waren weniger als zwanzigtausend Leute im Stadion, und die meisten von ihnen waren einfach deshalb gekommen, um ihrer Mißbilligung all dessen, was abgelaufen war, Ausdruck zu verleihen. (Ich gehörte zur anderen Kategorie: jene, die da waren, weil sie immer da waren.)
Nachdem die Spieler ungefähr eine Stunde lang herumge
stümpert hatten und mit zwei Toren
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