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Fey 01: Die Felsenwächter

Fey 01: Die Felsenwächter

Titel: Fey 01: Die Felsenwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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ließ sie einen Moment lang über ihrem Rücken schweben; dann zog er sie wieder zurück.
    Wieder erklangen die monotonen Schläge. Sie hatten eine merkwürdige Mischung von Domestiken mitgenommen. Diejenigen, die das Holz in die richtige Form brachten, waren nicht in der Lage, es so zu beschwören, daß es zusammenhielt. Ganz altmodisch mußten sie Hammer und Holznägel benutzen.
    »Wenn ich nicht zurückkomme«, nuschelte Jewel, »was dann?«
    Die Frage überraschte ihn nicht. Er hatte sie erwartet, seit Jewel alt genug war, um zu kämpfen. Was ihn überraschte, war, wie lange sie gezögert hatte, sie zu stellen.
    »Dein Bruder Bridge wird Schwarzer König werden.«
    »Bridge«, stieß sie hervor. Sie wußten beide, daß Jewel die bessere Wahl war. Sie war Bridge in allen Disziplinen überlegen, angefangen vom Schwertkampf bis hin zu militärischer Strategie. »Warum hast du mir das nicht gesagt, bevor wir aufgebrochen sind?«
    »Weil ich glaubte, daß wir gewinnen würden«, antwortete Rugar schlicht.
    Jewel schloß die Augen und verbarg das Gesicht jetzt vollständig hinter ihren Knien. Diesmal legte Rugar ihr wirklich die Hand auf den Rücken und spürte sofort, wie angespannt sie war. Sie reagierte nicht auf die Berührung. Er hatte sie verraten, indem er sie wie ein Kind behandelte, und nun hatte er die Zukunft aufs Spiel gesetzt, auf die sie sich ihr Leben lang vorbereitet hatte.
    Das hatte er nicht gewollt.
    »Shima hat ihren eigenen Tod Gesehen. Andere sind zu dir gekommen und haben dich vor diesem Feldzug gewarnt. Dein eigener Vater hat versucht, dich davon abzuhalten, aber du bist trotzdem gegangen.« Obwohl ihre Worte zornig waren, klang ihre gedämpfte Stimme leise und ungläubig. »Hast du denn niemals selbst an dir gezweifelt?«
    »Nein«, sagte Rugar.
    Diesmal war er es, der den Blick abwandte. Ihren verlorenen, ernsten Gesichtsausdruck konnte er nicht ertragen. »Als ich ein Junge von dreizehn Jahren war, hatte ich meine erste Vision. Ich sah, wie ein schwarzes Pferd über ein Feld galoppierte. Ein Tierreiter verbarg sich unter einer Decke auf seinem Rücken. Zwei Armeen ritten zu beiden Seiten des Pferdes und sahen zu, wie das Pferd den Anführer der Oudoun erreichte. Der Tierreiter richtete sich auf, das Pferd scheute, und seine Hufe trafen den Anführer und töteten ihn. Ich erzählte meinem Vorgesetzten davon, aber er lachte mich aus. Also erzählte ich es meinem Vater, und als ein Tierreiter ihm genau diesen Plan vorlegte, stimmte er zu. So fiel die Entscheidung im Oudoun-Krieg. Mein Vater sagte, er habe noch nie gehört, daß ein so junger Mensch wie ich eine derartig detaillierte und klare Vision gehabt hätte. Das müsse bedeuten, daß ich einst über große Magie verfügen würde. Ich ging zur Schamanin. Ich unterhielt mich mit anderen Visionären. Sie ließen mich kleine Schattenländer errichten. Sie analysierten meine Visionen. Alle kamen zu demselben Ergebnis. Ich war ein bedeutender Visionär. Und als ich älter wurde, schienen meine Zauberkräfte noch zu wachsen. Ich sah keinen Anlaß, die Vision, in der ich dich erblickte, in Zweifel zu ziehen. Sie war zwar kürzer als gewohnt, aber klar und detailliert.«
    »Aber man sagt doch, daß ein Visionär die Pflicht hat, seine Visionen mit denen anderer zu vergleichen«, wandte Jewel ein.
    »Das stimmt«, bestätigte Rugar.
    »Warum hast du das nicht getan?«
    »Ich habe es getan«, widersprach er. »Denk nach, Jewel. Wir sind keine Unsterblichen. Fey können auf Feldzügen getötet werden. Auch wenn Shima ihren eigenen Tod Gesehen hat und andere eine Niederlage, mußte das noch nicht bedeuten, daß wir alle die Schlacht verlieren. Es bedeutete nur, daß wir für den Sieg einen Preis zu zahlen hätten. Und wenn ich geglaubt hätte, daß du oder die Familie oder das ganze Volk der Preis dafür wären, hätte ich dieses Wagnis niemals auf mich genommen.« Jetzt drehte er sich nach ihr um. Ihr Mund war leicht geöffnet, die Augen aufgerissen. Eine Unterhaltung wie diese hatten sie schon sehr lange nicht mehr geführt. Falls überhaupt. Nie zuvor war ihm Jewel erwachsen erschienen. Jetzt, wo sein Vater weit weg auf der anderen Seite des Meeres weilte und seine eigenen Berater ihm nicht mehr zuhören wollten, blieb ihm nur noch dieses schwarzäugige Mädchen.
    »Was wolltest du eigentlich erreichen?« fragte sie.
    »Hast du das schon vergessen?« Er starrte sie an, bis sie den Blick senkte.
    »Nein«, sagte sie schließlich. »Ich habe es nicht

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