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Fey 01: Die Felsenwächter

Fey 01: Die Felsenwächter

Titel: Fey 01: Die Felsenwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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kurzzeitig erfrischt. »Als ich mich an der Mündung versteckte, mußte ich alle meine Rationen verzehren. Sie haben das Schiff mit ihren kleinen Booten angegriffen, zusätzlich waren im Wald Bogenschützen versteckt. Wäre ich nicht unsichtbar geblieben, hätten sie mich gefunden.« Er rieb eine Wunde auf seinem Arm. »Sie wissen, daß wir immer wieder von neuem versuchen werden, hier herauszukommen. Mit Verlaub, Herr, sie haben es nicht nötig, in das Schattenland einzudringen. Sie brauchen nur an der Mündung des Cardidas auf uns zu warten.«
    Jewels und Rugars Blicke trafen sich über Hieres Kopf hinweg. Auch Jewel hatte die Wahrheit dieser Behauptung erfaßt. Rugar nickte.
    »Jewel, bring ihn zu den Heilern. Hiere, du bist der erste gewesen, der uns Nachricht bringt. Ich danke dir für deine Tapferkeit. Ich schicke einen Stoßtrupp aus, um zu helfen, die Uehe an Land zu bringen.«
    Hiere erhob sich mühsam. Jewel stützte ihn, indem sie sich seinen Arm über die Schulter legte. Sie führte ihn zur Tür und half ihm über die Schwelle. Rugar blickte ihnen nach. Seine Tochter war eine große, kräftige Frau, aber unter Hieres Gewicht ging sie gebeugt. Der Mann war erschöpfter, als er zugeben wollte.
    Oder mutloser.
    Rugar schloß die Tür und sank in den Stuhl, den Hiere soeben verlassen hatte. Das harte Holz war unbequem. Er hatte gehofft, daß wenigstens dieses Schiff es bis nach Nye schaffen und der Schwarze König ihnen endlich Verstärkung schicken würde. Aber auch dieser Versuch war mißlungen. Sie mußten selbst ein Mittel gegen das Gift finden, doch damit kamen sie kein Stück weiter.
    Er hatte noch nie so in der Klemme gesteckt. Er verfügte über keinerlei Reserven mehr: keine Truppenverstärkung, keine Hilfe von seinem Vater, kein Land. Nicht einmal alte Legenden oder Geschichtskenntnis konnten ihm jetzt weiterhelfen. Er mußte sich ganz allein auf eine Lösung besinnen.
    Rugar stützte den Kopf in die Hände. Er brauchte eine neue Strategie, und er hatte keine Ahnung, wie sie aussehen sollte.

 
38
     
     
    Nicholas hätte es nie für möglich gehalten, daß er einmal keine Lust mehr zum Fechttraining haben würde. Trotzdem empfand er es jetzt schon seit Monaten als bloße Zeitverschwendung. Er saß im Hof des Palastes, auf dessen ausgetrockneten Boden die Sonne brannte. Die unnatürlichen Regenfälle des vergangenen Jahres waren nur noch eine undeutliche Erinnerung. Es hatte Berichte über Regen in der Nähe der Felsenwächter gegeben, aber der Sturm hatte Jahn nie erreicht. Regen machte Nicholas jetzt immer ganz nervös; er erinnerte ihn an den Angriff der Fey, obwohl sich die erste Schlacht im schönsten Sonnenschein abgespielt hatte.
    Seine erste und einzige Schlacht. Obwohl die Kämpfe in und um Jahn weitergegangen waren, hatte Nicholas’ Vater ihm nicht erlaubt, den Palast zu verlassen. Er hatte gesagt, Nicholas’ Leben sei zu kostbar, um es so zu verschwenden. Außerdem war er überzeugt davon, daß die Fey jetzt wußten, wer Nicholas war. Sie würden versuchen, ihn zu töten, sobald sie Gelegenheit dazu hätten.
    Nicholas’ Schwert ruhte auf seinen Knien. Er war dabei gewesen, die Klinge zu polieren, während er auf den Beginn des Unterrichts wartete. Wahrscheinlich war er zu früh gekommen; Dunbar hatte ihn früher nie warten lassen. Anders als Stephan. Stephan hatte sich immer verspätet. Er hatte es für wichtig gefunden, daß auch ein Prinz die Erfahrung machte, warten zu müssen.
    Aber jetzt lehrte Stephan keinen Schwertkampf mehr. Er hatte keine Zeit mehr für Nicholas, sondern rannte dauernd hinter Nicholas’ Vater her, und in den Ratssitzungen hockte er neben ihm.
    Der Krieg hatte Stephan verändert. Sie alle hatten sich verändert. Jedesmal, wenn Nicholas zu Pferd die Mauern des Palastes verließ, hatte er das Gefühl, seinem Vater gegenüber ungehorsam zu sein.
    Ein Schatten fiel auf den Lehmboden. Nicholas blickte hoch. Stephan lächelte ihn an. »Bist du bereit für den Unterricht?«
    Nicholas’ Herz machte vor Freude einen Sprung, aber er ließ sich nichts anmerken. »Was ist mit Dunbar?«
    Stephan zuckte die Schultern. »Er erzählte mir, daß du überlegst, mit dem Schwertkampf aufzuhören. Ich glaube, das wäre der falsche Zeitpunkt, findest du nicht auch?« Er sprach etwas undeutlich. Die rote Narbe, die sich über seine rechte Wange zog, verzerrte seine Lippen und machte die rechte Hälfte seines Mundes fast unbeweglich. Er hatte die Wunde an jenem Tag empfangen, als

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