Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fey 01: Die Felsenwächter

Fey 01: Die Felsenwächter

Titel: Fey 01: Die Felsenwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
Vom Netzwerk:
Die meisten waren vom intensiven Gebrauch mit Kerben und Kratzern bedeckt. Einige waren so kurz wie der Dolch, den der Fechtmeister zuweilen trug, und Nicholas’ Großvater hatte seinem Enkel einmal erklärt, daß mit diesen Schwertern vor hundert Jahren Duelle ausgetragen worden waren.
    Das Lieblingsschwert von Nicholas war jenes, das sein Ururgroßvater während des Bauernaufstandes getragen hatte. Die Schwertspitze war noch immer vom Blut schwarz gefärbt. Die Legende sagte, daß sein Großvater, bevor er auf dem Schlachtfeld das Bewußtsein verlor, mit diesem Schwert den Mann durchbohrt hatte, der ihn zum Krüppel gemacht hatte. Manchmal hatte Nicholas das Gefühl, die Seele seines Ururgroßvaters sei auf ihn übergegangen. Niemand in seiner Familie hatte soviel Spaß am Kämpfen wie er. Als sein Sohn den Schwertkampf erlernen wollte, hatte Nicholas’ Vater zunächst widersprochen und erst eingelenkt, als er erkannt hatte, daß Nicholas, wenn er seinen Willen nicht bekam, auch nichts anderes lernen würde.
    Die Sonne blinzelte gedämpft durch das fleckige Glas. Heute wirkte der Festsaal nicht so wie sonst auf Nicholas, denn draußen erwartete ihn ein wunderbarer Tag.
    Nicholas hastete an der Speisekammer vorbei, hörte, wie die Männer beim Buttern fluchten und Diener im Anrichteraum scherzten. Er blieb vor der Küche stehen, und die Hitze, die aus den großen Kaminen und Herden strömte, trieb ihm sofort den Schweiß ins Gesicht. Kurz nach Nicholas’ Geburt hatte sein Vater die Küche nach den Anweisungen des Küchenmeisters umgestaltet. Man hatte eine hohe Decke und Luftabzüge im Dach einbauen lassen, und trotzdem war die Hitze immer noch überwältigend.
    Die Bäcker buken Brot in den Ziegelsteinöfen, es roch nach Rauch und Hefe. Der Küchenmeister schalt gerade einen Helfer wegen der mangelhaften Qualität der Eier, die er für das Frühstück des Königs ausgewählt hatte, während der Kellermeister die Milch inspizierte, die die Milchmänner gebracht hatten. Im Lärm der Flammen und der lautstarken Unterhaltungen bemerkte niemand den Prinzen.
    Lächelnd blieb er stehen. Dieses tägliche Schauspiel hatte ihm gefehlt. Es gehörte zu den Aufgaben der Diener, dafür zu sorgen, daß nichts davon bis in die oberen Stockwerke des Palastes drang, aber das bedeutete auch, daß Nicholas’ Leben zu ruhig verlief. Er war zu jung für so viel Ruhe, zu jung, um die Verse der Geschriebenen und Ungeschriebenen Worte zu rezitieren, mit denen ihn die beleibten Auds überhäuften, und zu jung, um sich hinzusetzen wie sein Vater und sich die Klagen anzuhören, die ein Landstrich nach dem anderen wegen der schlechten Ernte des letzten Jahres oder der Qualität der Wolle in diesem Jahr erhob.
    Er schlich in die Küche, stahl sich am Käsemacher vorbei und blieb am Ofen stehen, um nach dem darauf liegenden dampfenden Brot zu greifen. Der Bäckermeister schlug so fest nach seiner Hand, daß Nicholas sie hastig wegzog.
    »Möchtest wohl deine Finger loswerden, was, mein Junge?« herrschte ihn der Bäcker an, noch bevor er erkannte, wer vor ihm stand. Er trat zurück, biß sich auf die Unterlippe und verneigte sich. Schweiß tropfte von seiner Nase. »Bitte um Vergebung, Hoheit, hab’ nicht gedacht, daß Ihr es seid.«
    Nicholas lachte. »Heute morgen bin ich nur ein einfacher Landmann, der ein einfaches Frühstück haben will.«
    »O nein«, erwiderte der Bäcker. »Wenn Ihr nur ein einfacher Landmann wärt, hätt’ ich Euch auf der Stelle niedergeschlagen. Geht mit den anderen in die Anrichte, ich bring’ Euch sofort Euer Frühstück.«
    »Ist recht«, sagte Nicholas. Die Unterhaltungen waren verstummt. Der Küchenmeister hatte die Arme über der Brust verschränkt, als mißbillige auch er Nicholas’ Anwesenheit. »Bitte nur eine Kleinigkeit. An einem Morgen wie diesem will ich nicht zuviel essen.«
    Er eilte aus der Küche in die Anrichte. Hier roch es nach Brot, und es war viel kühler als in der Küche. Frischgebackene Brotlaibe zierten bereits die Bretter an den Wänden, und das Besteck des Königs hing in eigenen Haltern an der Wand. Etwa ein Dutzend Diener saßen rund um einen grob zusammengezimmerten, mit Krümeln übersäten Tisch. Alle hatten angeschlagene Tassen mit Wasser vor sich. Sie lachten vergnügt, hielten jedoch jäh inne, als Nicholas eintrat. Sein Kammerdiener saß ebenfalls am Tisch. Mit rotem Gesicht und Furcht in den Augen trat er auf Nicholas zu.
    »Ich wußte nicht, daß Ihr schon auf seid,

Weitere Kostenlose Bücher