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Fey 01: Die Felsenwächter

Fey 01: Die Felsenwächter

Titel: Fey 01: Die Felsenwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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es schon schaffen.« Er wandte ihr den Rücken zu, ohne ihre Umwandlung zu beobachten. Dieser Prozeß beunruhigte ihn immer. Statt dessen marschierte er in Richtung der Toten, schritt über Leichen und stöhnte, als Hände über ihn strichen, Stimmen ihn um Gnade anflehten, Fey sich im Todeskampf wanden. Das Hufgetrappel wurde immer lauter, und er fragte sich, ob die Soldaten ihn von der Brücke aus sehen konnten.
    Eisenfaust kniete inmitten der Sterbenden. Er hatte die Knie bis an die Brust hochgezogen und mit den Armen umschlungen, als könnte er auf diese Weise sein Herz vor dem Anblick all seiner toten Kameraden schützen. Als er Rugar erblickte, sah er mit verschleierten Augen zu ihm auf.
    Das Donnern der Hufe war jetzt noch näher gekommen und deutlich auf der hölzernen Brücke zu hören. Rugar kauerte sich neben seinem Leibwächter nieder. Er spürte das Entsetzen des Mannes. Sie konnten sich nirgendwo verstecken.
    Außer an genau dieser Stelle.
    »Stell dich tot«, befahl Rugar.
    Eisenfaust sah seinen Anführer so verständnislos an, als wäre dieser plötzlich übergeschnappt. Rugar legte den Arm um seine Schulter und drückte ihn auf den Boden. Dann warf er sich neben ihn, das Gesicht dem schlammigen Boden zugewandt. Der Schlamm war hier dick und zäh. Er schob seine Hände bis zu den Gelenken hinein und hoffte, daß es so aussah, als hätten sie sich aufgelöst.
    Der Leichengestank trieb ihm die Tränen in die Augen. Er betete, daß er recht hatte und die körperliche Entstellung nicht ansteckend war, denn sonst hatten er und Eisenfaust sich spätestens jetzt infiziert.
    Er spürte das Dröhnen der Hufe mehr, als daß er es hörte. Die Pferde ritten offenbar in nächster Nähe vorbei. Rugar hoffte inständig, daß sich Solanda gut versteckt hatte.
    Sein Herz klopfte im gleichen Rhythmus wie die Hufe der Pferde. Er schloß die Augen in der Erwartung, daß jener Tod vorüberzog, den er in seiner Vision gesehen hatte.

 
20
     
     
    Eleanora blieb an der Weggabelung stehen. Sie befand sich mitten im Wald, wo die Bäume besonders hoch und mächtig aufragten. Kein Sonnenlicht drang durch die Zweige, aber sogar hier fielen noch letzte Regentropfen auf den Boden. An der Gabelung stand eine große, knorrige Eiche. Eleanora benutzte ihre krummen Wurzeln als Sitzgelegenheit, ohne darauf zu achten, daß das feuchte Holz den letzten, noch trockenen Teil ihres Rocks durchnäßte. Ihr Magen knurrte, und es war ihr vor Erschöpfung schwindlig. Der Kleine war schwer. Sie bettete ihn in seine Decken und wiegte ihn auf dem Schoß.
    Er hatte die kleine Stirn in Falten gelegt und starrte sie mit hellblauen Augen an, als hätte er tausend Fragen und wüßte nicht, wie er sie stellen sollte. Seit Eleanora das Haus verlassen hatte, war er fast die ganze Zeit über still gewesen. Sie hatte schon Angst, daß sie ihn verletzt haben könnte, aber es schien ihm gutzugehen.
    Er war erst ein paar Monate alt. Sie hatte nichts, was sie ihm geben, nichts, womit sie ihn füttern konnte. Helters Haus lag weiter entfernt, als sie gedacht hatte, aber vielleicht erschien es ihr auch nur so, weil sie sowohl in Panik als auch zu Tode erschöpft war. Die Gabelung lag ungefähr auf der Hälfte des Weges. Sie war so müde, daß sie sich nicht sicher war, ob sie es noch weiter schaffte.
    Sie lehnte den Kopf an den Stamm und spürte, wie die Nässe durch ihr Haar drang. Vielleicht brauchte sie ja nur einen Augenblick Ruhe, um sich zu erholen. Sie hatte keine Geräusche auf dem Weg hinter sich gehört, keinerlei Anzeichen dafür, daß diese schrecklichen Eindringlinge ihr folgten. Ohne das Baby auf ihrem Schoß hätte sie vielleicht selbst nicht mehr an ihre Geschichte geglaubt.
    Vielleicht ging es ihr besser, wenn sie etwas aß. Sie nahm das Brot aus der Tasche, riß ein großes Stück davon ab und stopfte es dann so schnell in sich hinein, daß sie kaum die weiche Frische schmeckte. Von dem unerwarteten Leckerbissen lief ihr das Wasser im Mund zusammen, und sie mußte an sich halten, um nicht das ganze Brot auf einmal zu verschlingen. Das wäre Verschwendung gewesen. Ihr Magen war nicht mehr in der Lage, so viel Nahrung auf einmal aufzunehmen.
    Sie schob den restlichen Laib in ihre Tasche und wiegte das Baby abermals. Obwohl es nötig gewesen wäre, konnte sie seine Windeln nicht wechseln, und sie hatte auch keine Milch. Der kleine Junge konnte noch keine feste Nahrung zu sich nehmen, und sie wollte nicht riskieren, daß er an dem Brot erstickte.

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