Fey 02: Das Schattenportal
durchführte, würde er nicht mit den Flaschen in Berührung kommen – nur mit einer: derjenigen, die durch die Bankreihe gereicht wurde, in der er saß. Der Danite würde den Stöpsel herausziehen, und dann tauchte jeder Besucher des Gottesdienstes sein Tuch in das Wasser, um damit das Schwert abzuwischen. Wenn der Stöpsel erst einmal weg war, würde er die Bewegung nicht simulieren können.
Oder doch?
Niemand scherte sich um die Farbe oder die Beschaffenheit des Tuchs, das er verwendete. Diese strikte Reglementierung war vom Fünften Rocaan abgeschafft worden, als er erkannt hatte, daß seine Gemeindemitglieder in höchst unterschiedlichen wirtschaftlichen Verhältnissen lebten. Um sie nicht vom Gottesdienst ausschließen zu müssen, hatte er sich lieber dazu durchgerungen, die Regeln hinsichtlich der Symbole zu lockern.
Jede Stoffarbe war zugelassen. Und auf Schwarz zeigten sich keine Wasserflecken.
Tel atmete tief durch. Es war riskant – seine ganze Situation war riskant –, aber er konnte es zweimal am Tag darauf ankommen lassen. Andre hatte Zugang zu schwarzem Stoff, denn es unterlag seiner Verantwortung, dafür zu sorgen, daß die Auds und Daniten mit ordentlichen Gewändern ausgestattet waren. Die niedrigeren Ränge der Rocaanisten trugen keine Samtroben. Wenn er den Stoff nach der Zeremonie wegwarf, spielte es keine Rolle, ob das Wasser damit in Berührung gekommen war – solange er das Wasser nicht berührte.
Er lehnte den Kopf nach hinten und spürte, wie der Adrenalinstoß ein wenig nachließ. Noch einen Tag mußte er überstehen, nicht viel mehr. Er mußte Mittel und Wege finden, sich dem Rocaan allein zu nähern. Dann würde Tel in den Besitz des Geheimnisses kommen, nach dem alle Fey so verzweifelt suchten.
25
Alexander blieb vor Fledderers Unterkunft stehen. Es würde wahrscheinlich sein letztes Zusammentreffen mit dem kleinen Mann sein. Soweit er es beurteilen konnte, hatte er alles Wissenswerte aus ihm herausgeholt, und es sah ganz so aus, als habe der Fey die Wahrheit gesagt. Jetzt mußte Alexander entscheiden, was mit dem Gefangenen geschehen sollte.
Monte und seine Garde musterten ihn. Wahrscheinlich wunderten sie sich über sein Zögern.
Am Ende der vorigen Unterredung hatte Fledderer behauptet, er habe jetzt alles aufgezählt, wozu die Fey imstande seien. Alexander hatte einige dieser Dinge gesehen: die geschändeten Leichname und diesen schreckliche Doppelgänger-Trick. Lord Stowe hatte ihm mehr von der Katze erzählt, und aus den abgelegenen Bezirken waren Berichte über Wesen eingetroffen, die halb Mensch, halb Tier seien. Wenn er nur die Augen und Ohren aufmachte, sah Alexander Fledderers Informationen überall bestätigt.
Das Problem bestand darin, daß all diese Informationen ihm Angst einjagten. Die Dinge, deren die Fey fähig waren, jagten ihm einen Schauer nach dem anderen über den Rücken. Seit zwei Tagen litt er unter schrecklichen Alpträumen. Er verstand nicht einmal mehr, wie es seinem Volk gelungen war zu überleben. Doch Fledderer hatte ihm versichert, daß das Weihwasser eine sehr mächtige Waffe sei, mächtiger als alles andere, was sich den Fey seit der ersten Begegnung mit Schwertern widersetzt hatte.
Trotzdem reichte es nicht aus, und Alexander wußte es. Sobald die Fey einen Weg gefunden hatten, das Weihwasser zu umgehen – woran sie Fieberhaft arbeiteten –, waren sie in der Lage, jede Armee, die Alexander aufstellte, rasch und restlos zu vernichten. Daß die Insel so lange überlebt hatte, verdankten sie dem Glück allein.
Oder, wie der Rocaan sagen würde, Gottes Schutz.
Alexander öffnete die Tür.
Fledderer war in die ehemalige Unterkunft eines Wachsoldaten verlegt worden. Das Zimmer war klein, quadratisch und überfüllt. Alexanders Meinung nach bot es kaum mehr Platz als eine Gefängniszelle. Er besaß Schränke, die größer als dieses Zimmer waren, und er wußte, daß es unrealistisch wäre, unter diesen Umständen mehr zu erwarten.
Trotzdem war es ihm unangenehm, dem kleinen Mann so nahe zu sein.
Die Unterkünfte der Wachmannschaften waren mit diesen seltenen Glasfenstern versehen. Alexander hatte nicht nachgefragt, doch er ging davon aus, daß Monte die Fenster hatte einbauen lassen, bevor Fledderer hierher verlegt wurde, damit die Wachen die Gespräche zwischen Alexander und Fledderer beobachten und jederzeit eingreifen konnten, sollte der kleine Mann versuchen, dem König etwas anzutun.
Doch während der beiden Tage, an
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