Fey 02: Das Schattenportal
und einem Teil von ihm gefiel diese Vorstellung überhaupt nicht.
»Ich denke schon seit Tagen darüber nach.« Alexander ging um seinen Stuhl herum und setzte sich. Es war heiß und stickig im Zimmer. »Momentan hält unser Volk das eure in Schach, doch es scheint uns nicht zu gelingen, daraus einen Vorteil zu schlagen. Du hast mir gesagt, daß die Fey weder verhandeln noch auf irgendwelche Bedingungen eingehen, was mir keine andere Wahl läßt, als darauf zu bestehen, daß sie die Blaue Insel verlassen. Wenn ich ihnen freien Abzug gewähre, kehren sie nach Hause zurück, holen sich Verstärkung und kommen vielleicht sogar hinter das Geheimnis des Weihwassers. Vielleicht auch nicht, aber das spielt wahrscheinlich keine Rolle, denn sie werden mit einer so gewaltigen Streitmacht zurückkehren, daß wir den Cardidas mit Weihwasser auffüllen müßten, um sie zurückzuschlagen.«
»Allmählich fangt Ihr an zu begreifen«, sagte Fledderer.
»Ich möchte sie aber nicht hier haben«, fuhr Alexander fort. »Ich möchte, daß du mir sagst, wie wir einen Vorteil über sie erringen können.«
»Um die Fey jetzt noch loszuwerden, müßtet Ihr uns alle abschlachten«, erwiderte Fledderer. »Selbst wenn Ihr eine Schlacht gewinnt, selbst wenn Ihr uns aufreiben würdet, so könntet Ihr doch nicht verhindern, daß ein oder zwei Schiffe nach Nye entkommen. Eine derartige Niederlage würde wahrscheinlich den Schwarzen König selbst auf den Plan rufen. Die Fey können sich einen solchen Verlust nicht leisten. Dann wüßten auch andere Völker, daß wir nicht unbesiegbar sind.«
Alexander stand auf. »Ich möchte die Fey nicht bis zum Ende meiner Tage auf der Blauen Insel sitzen haben.«
»Es bleibt Euch keine andere Wahl«, sagte Fledderer. »Von dem Augenblick an, an dem unsere Schiffe die Felsenwächter passierten, blieb Eurem Volk nichts anderes mehr übrig, als mit den Fey zusammenzuleben. Die Frage ist nur: Wie wollt Ihr das anfangen?«
Alexander seufzte. Vor dieser Antwort fürchtete er sich schon lange. Er hatte gehofft, Fledderer würde etwas anderes sagen; daß die Fey weiterzögen, die Blaue Insel in Ruhe ließen, sobald sie eingesehen hätten, daß sie hier nicht weiterkamen. Aber Alexander wußte es besser. Die Fey waren hier, und er mußte eine Lösung finden, sie loszuwerden, ohne noch mehr von ihnen auf die Insel zu holen.
Er lehnte sich an den kleinen Tisch, legte die Hand neben den Krug. Nicht, weil er Fledderer mißtraute, sondern weil er für seine nächste Fragenfolge eine gewisse Selbstsicherheit aufbauen wollte. »Wenn wir die Fey besiegen, wenn wir sie restlos vernichten … Wird dann der Schwarze König kommen, um sich zu rächen?«
Fledderer zuckte die Achseln. »Eigentlich müßte er schon längst hiersein. Niemand weiß, warum er noch auf sich warten läßt. Es gibt Gerüchte, denen zufolge seine Schiffe die Felsenwächter nicht passieren können.«
Alexander war nichts von fremden Schiffen jenseits der Wächter bekannt, aber er hatte Beobachter in die Schneeberge entsandt. »Glaubst du, daß er kommen wird?«
Fledderer schüttelte den Kopf. »Er hat die Schiffe nicht einmal verabschiedet. Ich glaube, er will seinen Sohn loswerden.«
Fledderers Antwort erschreckte Alexander dermaßen, daß er beinahe den Krug umgeworfen hätte. Fledderer wich zurück. »Seinen Sohn? Er würde seinen Sohn töten?«
»Er hat vier Enkelkinder. Er ist nicht auf Rugar angewiesen.«
Alexander blickte auf. »Kann ein Mann so unbarmherzig gegenüber seiner eigenen Familie sein?«
»Die Schwarzen Könige sind so. Die Schwarzen Königinnen sogar noch mehr. Eine von ihnen hat fünf ihrer ältesten Kinder töten lassen, damit keines davon die Thronfolge des jüngsten in Frage stellen konnte.«
Alexander lief es eiskalt den Rücken herunter. Er konnte sich keinen Grund vorstellen, Nicholas umzubringen. Er verstand diese Fey einfach nicht. Vielleicht hatte der Rocaan recht. Vielleicht hatten sie wirklich kein Fünkchen Anstand in sich.
Trotzdem mußte sich Alexander auf Fledderers Einschätzungen verlassen. Er mußte seine Pläne auf der Theorie aufbauen, daß der Schwarze König nicht auf die Insel kam. Das war die einzige Chance für sein kleines Reich.
In der Hoffnung, er würde die nächste Frage wahrheitsgemäß beantworten, fixierte Alexander Fledderer genau. »Was würde also bei Rugars Tod geschehen?«
Fledderer starrte ihn an. Die Frage überraschte ihn. Offensichtlich dachten Rotkappen daran, Hüter des Zaubers
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