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Fey 02: Das Schattenportal

Fey 02: Das Schattenportal

Titel: Fey 02: Das Schattenportal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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jetzt hineinging, wahrscheinlich in wenigen Stunden zurück sein würde, wenn Tazy die offizielle Ablösung losschickte.
    »Wie lange hast du gearbeitet, Uences?« erkundigte sich Fledderer.
    »Seit der Dämmerung«, blaffte sie ihn an. »Und sie haben mir nur eine Fey-Lampe mitgegeben, noch dazu eine, in der die Seelen fast verloschen waren. Wie kommen sie dazu, gute Arbeit zu erwarten, wenn man fast nichts sehen kann? Von wegen Finger abschneiden – ich hätte im Dunkeln fast selbst zwei verloren.«
    »Tut mir leid«, sagte Fledderer, der wußte, daß es ihm in ein paar Stunden noch wesentlich mehr leid tun würde. »Aber ich bin gekommen, um Klaue abzulösen.«
    Klaue schlug ihm so heftig auf die Schulter, daß der Hieb im ganzen Wald zu hören war. »Guter Mann!« grinste er. »Ich muß endlich ein wenig schlafen. Außerdem kann ich ihr Geschnatter nicht mehr ertragen.« Er schob sein Messer in die Hülle, reichte sie Fledderer und warf seinen vollen Beutel auf den Stapel zu den anderen, wo ihn die Domestiken abholen würden. Dann nahm er Fledderer den halbvollen Beutel wieder ab und gab ihn mit theatralischen Gesten an Uences zurück. »Ich wünsche euch allen eine schöne Zeit«, sagte er und hastete auf den Torkreis zu.
    »Warum hast du das getan?« meckerte Uences mit vor Empörung roten Wangen und fing wieder an, an ihrem Knochen herumzuschaben. »Ich bin die Ältere!«
    »Er muß ab und zu ein bißchen schlafen.«
    Sie hob den Blick. »Ich will dir mal was sagen, kleiner Mann«, sagte sie und fuchtelte zur Unterstützung ihrer Worte mit der Messerspitze vor seinem Gesicht herum. Er wich vorsichtig einen Schritt zurück, doch sie folgte ihm. »Ich habe das höhere Dienstalter. Das ist nicht viel, aber immerhin. Rotkappen werden nirgendwo respektiert, kriegen nirgendwo Liebe oder Mitgefühl oder sonstwas, aber sie kriegen Dienstjahre, und mit den entsprechenden Dienstjahren dürfen wir tun und lassen, was wir wollen. Ich habe mir das verdient, und mehr wird mir niemals in meinem ganzen Leben zustehen. Wenn du erst einmal an meiner Stelle bist, kapierst du, daß Dienstjahre mehr zählen als aller Schlaf der Welt. Sie sind wichtiger als Essen. Wichtiger als alles andere.«
    »Schon gut, meine Gute.« Fledderer zog Klaues Messer heraus und schnappte sich einen Oberschenkel.
    »Und hör bloß auf mit deinem ›schon gut, meine Gute‹!« sagte Uences. »Du wirst das schon noch kapieren, wenn du so alt bist wie ich und nichts anderes vorzuweisen hast außer deinen Dienstjahren. Jahre voller stinkender Drecksarbeit, voller Spott und Respektlosigkeit. Du wirst es schon noch kapieren.«
    »Ganz bestimmt«, erwiderte Fledderer.
    Sie schob die Messerspitze an sein Brustbein. »Machst du dich etwa lustig über mich?«
    Er packte mit der freien Hand ihr Handgelenk. Das Messer konnte ihn jederzeit aufschlitzen. »Nein«, sagte er so gleichmütig wie möglich. »Würde mir nicht im Traum einfallen.«
    Jetzt nahm sie ihn offensichtlich ernst, denn sie zog das Messer zurück.
    »Tut mir leid«, sagte er leise, »daß ich Klaue habe gehen lassen.«
    Zum ersten Mal seit seiner Ankunft grinste sie. »Mach dir keine Gedanken darüber, mein Junge«, sagte sie. »Wenn ich wirklich hätte gehen wollen, wäre ich auch gegangen. Du weißt schon: die Dienstjahre. Du hast sogar noch weniger Kraft als ich.«
    Er wußte es. Er wußte es nur zu gut. Er seufzte und machte sich wieder an die Arbeit. Schon bald würde jemand kommen und ihn ablösen. Dann würde er hineingehen und Rugar töten, so wie er es versprochen hatte. Und das beste daran war, daß er Rugar vor Tausenden von Fey töten konnte, ohne daß sie ihn auch nur wahrnahmen. Sie würden lediglich merken, daß Rugar tot war. Vielleicht sahen ihn einige Rotkappen, doch die waren bestimmt nicht wütend auf ihn.
    Sie würden jubeln.

 
29
     
     
    Nicholas hatte in der Bibliothek des Westflügels ein Feuer angezündet. Er saß auf seinem Lieblingsplatz am Fenster, von dem aus er auf die Unterkünfte der Bediensteten hinuntersehen konnte, und genoß die Wärme an seiner rechten Seite. Da er sehr viel Zeit allein hier verbrachte, hatte er den Raum ein wenig wohnlicher hergerichtet und mit zusätzlichen Sitzkissen und ein paar Sesseln ausgestattet. Er hoffte, irgendwo einen Blick auf Charissa erhaschen zu können. Jede Nacht träumte er von ihr, leidenschaftliche Träume, in denen er sie in seinen Armen hielt. Doch mitten im Traum verwandelte sie sich immer wieder in die Fey-Frau,

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