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Fey 02: Das Schattenportal

Fey 02: Das Schattenportal

Titel: Fey 02: Das Schattenportal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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das ist, dann solltet Ihr sie Euch jetzt anhören«, erwiderte Matthias. »Damit Ihr es Euch mit Eurem Nachfolger noch einmal überlegt. Denn ich werde mir diese Fragen stellen, bis wir die richtige Antwort gefunden haben. Ja, Ihr habt recht. Wahrscheinlich haben die Soldaten des Feindes die Blaue Insel irgendwie verlassen. Irgendwie hat es das Volk des Roca geschafft. Aber wir wissen nicht, ob sie in ihren Geschichten lediglich einen Mann verherrlichen, der ihnen Mut machte, und nicht mehr. Wir wissen es nicht, Heiliger Herr.«
    Der Rocaan sah Matthias mit kleinen, glänzenden Knopfaugen an. »Wenn wir es wüßten«, sagte er dann leise, »wenn wir es wüßten, Matthias, dann gäbe es keinen Grund mehr für den Glauben. Wir müßten überhaupt nicht glauben. Wir würden wissen. Gott verlangt mehr von uns. Und ich glaube, Er verlangt auch mehr von mir. Ich weiß, Er wird sehr viel von Euch verlangen, falls Ihr Rocaan werdet. Aber ich glaube, Ihr seid unsere beste Wahl.«
    Matthias war sich nicht sicher, ob er nun dankbar sein sollte oder nicht. Die Vorstellung, Rocaan zu werden, hatte ihre Annehmlichkeiten, aber er wußte nicht, ob er wirklich der Beste war, um die anderen anzuführen. »Ich habe nie den nötigen Glauben gehabt«, sagte er leise. »Ich habe diesen Beruf ergriffen wie ein Mann, der in den Dienst der Garde tritt: weil meine Familie es so gewollt hat.«
    »Das weiß ich«, erwiderte der Rocaan. »Wir können uns die Art und Weise, auf die wir auserwählt werden, nicht aussuchen. Tatsache ist, daß Ihr jetzt hier seid.«
    Matthias fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Soll ich Euer dauerhafter Nachfolger werden? Oder nehme ich Euren Platz nur ein, solange Ihr am Blumenfluß weilt?«
    »Ihr seid meine Wahl, Matthias. Eine Zeitlang habe ich an Andre gedacht. Er hat sicherlich von allen Ältesten am meisten Glauben in sich, aber ihm fehlt Eure Kraft. Und ein Rocaan braucht Kraft und eine gewisse Liebe dem Wissen gegenüber. Ihr habt beides.«
    »Mir wäre es lieber, die Kirche würde von einem wahren Gläubigen geführt«, konterte Matthias.
    »Warum?« fragte der Rocaan. »Ihr glaubt doch selbst nicht. Warum spielt es dann für Euch eine so große Rolle?«
    Matthias konnte die Unruhe, die ihn erfüllte, nicht ausdrücken. Er erhob sich, strich sein Gewand glatt und ging zum Fenster hinüber. Der Luftzug war kalt geworden. Die Dämmerung hatte eingesetzt und tauchte den Hof dort unten in tiefe Schatten.
    »Ich hielt meinen Mangel an Glauben immer für mein eigenes Versagen«, sagte Matthias. »Dieses Gefühl wird dadurch verstärkt, wenn man einen tief gläubigen Rocaan vor sich hat und wenn man pausenlos von anderen Gläubigen umgeben ist. Aber wenn auch der Rocaan nicht glaubt, wird der Rocaanismus zu einer leeren Schale. Zu einer Institution ohne Herz, einem Hort der Heuchelei, der vorgibt, Trost zu spenden und Antworten zu geben, und in Wahrheit nichts davon zu leisten imstande ist.«
    »Es hat schon mehr als einen ungläubigen Rocaan gegeben.«
    Matthias nickte. »Richtig. Einer von ihnen fiel einem Attentat zum Opfer, und ein anderer hätte beinahe die gesamte Kirche zu Fall gebracht. Ich möchte keiner von ihnen sein, Heiliger Herr. Das kann ich nicht.«
    »Das werdet Ihr auch nicht«, sagte der Rocaan.
    »Doch. Wenn Ihr mich zum Rocaan macht, heißt das noch lange nicht, daß Ihr mich damit zum rechten Glauben führtet. Ich werde ein hohles, leeres Gefäß aus ihm machen, so wie es jene anderen Männer getan haben.«
    »Sie haben die Kirche nicht zerstört.«
    Matthias löste den Vorhang von seinem Haken und zog ihn wieder vor das Fenster. Ein vertrauter Ausblick: die Gebäude um den Hof, auf dem gerade den Arbeitern der Segen gespendet wurde. »Ihr habt mir gerade gesagt, daß es ihnen beinahe gelungen wäre«, sagte er. »Ihr sagtet, sie hätten im richtigen Augenblick versäumt zu handeln. Kein Rocaan ist dem Pfad gefolgt, den der Roca vorgab. Kein Rocaan. Wie sollte es einem Zweifler gelingen?«
    »Es muß Euch nicht gelingen«, sagte der Rocaan. »Ich werde das erledigen.«
    »Und wenn es schiefgeht …« Matthias rieb mit dem Daumen über den Rand des Vorhangs, unfähig, dem Rocaan ins Gesicht zu blicken. »Wenn es schiefgeht, bleibt mir nicht einmal die Hoffnung des Glaubens. Alles hier wird leer und tot sein.«
    »Es wird nicht schiefgehen«, sagte der Rocaan.

 
28
     
     
    Fledderer schob beim Gehen die Hände in die Taschen und fühlte sich befreiter, als es eigentlich der Fall

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