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Fey 02: Das Schattenportal

Fey 02: Das Schattenportal

Titel: Fey 02: Das Schattenportal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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erzählen.« Sie warf den anderen, die sie neugierig betrachteten, einen flüchtigen Blick zu.
    Nicholas kannte den Zusammenhalt des Gesindes gut genug, um zu wissen, daß er, zumindest teilweise, auf Klatsch beruhte. Alles, was diesen Klatsch bereicherte, konnte der betreffenden Person und ihrem Ruf nützen oder schaden.
    »Ich würde mich nicht mit ihr allein unterhalten, Hoheit«, warf der Schlachter ein. »Sie ist bekannt dafür, daß sie sich mit gelüfteten Röcken unterhält.«
    Nicholas unterdrückte ein Lächeln. »Und welchen Schaden könnte mir das zufügen?«
    Der Schlachter legte den Kopf in den Nacken, als wäre ihm erst jetzt aufgegangen, was er da gesagt hatte. »Äh … wohl keiner, glaub’ ich, Hoheit. Aber es wär nicht gut für die Dame, Hoheit.«
    »Wenn sie ohnehin schon den Ruf weghat, werden ihr wohl auch einige Minuten allein mit mir nicht weiter schaden.« Nicholas erhob sich und reichte ihr die Hand, die sie zögernd ergriff. Ihre Finger waren derb und von der Arbeit aufgerauht. Er drückte sie kurz, blickte dabei jedoch in die Runde der Umstehenden. »Ihr anderen müßt noch einmal alles sorgfältig durchsuchen und dabei besonders auf Hinweise über den Verbleib des Haushofmeisters achten. Gleich morgen früh möchte ich mit den Leuten sprechen, die ihn zuletzt gesehen haben. Wenn er nicht gefunden wird, werden wir einen neuen Meister ernennen.«
    »Sehr wohl, Hoheit«, antwortete ihm ein nicht sehr harmonischer Chor.
    Er zog an der Hand des Mädchens und klemmte sie in seinen Ellbogen, als handele es sich um eine noble Dame. Seite an Seite verließen sie die Küche. Er nahm eine Fackel von der Wand im Flur und führte seine Begleiterin in den Großen Empfangssaal. Im zuckenden Fackelschein sahen die Waffen noch bedrohlicher aus. Er stellte die Fackel in den Fackelhalter über den prunkvollen Stühlen und bat sie, Platz zu nehmen. Dann setzte er sich neben sie.
    »Was weißt du noch?«
    »Bitte um Vergebung, Hoheit«, sagte sie und strich sich durchs Haar. Eine nervöse Geste, die er sehr attraktiv fand. »Ich möchte meine Anstellung nicht verlieren, aber was ich zu sagen habe, klingt ein bißchen verrückt.«
    »Du und der Haushofmeister, ihr wart ein Liebespaar, richtig?« fragte Nicholas. Er mußte die Frage einfach loswerden.
    Sie schüttelte den Kopf und schlug die Augen nieder. Wieder schoß ihr die Röte in die Wangen, kräftig und flammend. »Kein Liebespaar, Hoheit, obwohl … obwohl ich einige Nächte in seinem Gemach verbracht habe.«
    Nicholas zog die Stirn kraus. Er verstand nicht recht. Warum geht eine Frau mit einem Mann auf sein Zimmer, wenn die beiden nicht ineinander verliebt sind? »Das verstehe ich nicht.«
    Sie machte eine Geste, als könnte sie ihre Gefühle nicht mehr im Zaum halten. »Ich wollte nur meine Stellung nicht verlieren, Hoheit.«
    Nicholas sog hörbar die Luft ein. Daß derlei Dinge unter dem Dach seines Hauses vor sich gingen, hätte er sich niemals träumen lassen. »Hat er dir gedroht?«
    »Seit der Invasion nicht mehr«, sagte sie. Dann hob sie den Kopf, als hätte sie Angst davor, daß Nicholas sie für ihre Antwort bestrafte. »Seither ist er viel netter geworden.«
    »Netter?« Nicholas schwirrte der Kopf. »Hat er dich verletzt?«
    »Nein, Hoheit.« Tränen stiegen ihr in die Augen. Er nahm sie bei der Hand. Ihre Finger waren kalt. »Er machte mir nur klar, wenn ich … wenn ich nicht mache, was er will, dann würde er mich rausschmeißen. Und das wollte ich nicht. Meine Mutter braucht meine Zuwendungen für die anderen, ehrlich.«
    Er blinzelte. Und er hatte gedacht, er kenne die Welt der Bediensteten. Er hatte sich getäuscht. »Hast du keinen Vater?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Er starb, als meine Schwester noch ganz klein war. Wir haben einen kleinen Hof, und mein kleiner Bruder versucht ihn zu halten, aber er war erst sieben, als Vater starb, und meine Mama war krank. Deshalb bin ich an den Hof gekommen. Ich muß hierbleiben, Hoheit. Bitte.« Ihre Hand zitterte. Er nahm sie in die seine.
    »Du bleibst«, sagte er. »Das verspreche ich dir. Wenn dir jemand Kummer bereitet, sagst du es mir.«
    Sie blinzelte, und eine Träne rollte herab. Er wischte sie von ihrer Wange. »Vielen Dank, Hoheit«, flüsterte sie.
    Er saß ihr nahe genug, um ihren Atem im Gesicht zu spüren. Die Worte des Schlachters fielen ihm wieder ein, und einen Augenblick überlegte er, ob das alles nur eine Masche war, um ihn zu beeinflussen. Er drückte noch mal ihre Hand

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