Fey 02: Das Schattenportal
Tasse.
»Mit der Ausnahme eines ungebetenen Gastes.« Sie ging zu ihrem Stuhl zurück, zog die Tasse näher an sich und biß wieder vom Brot ab. Sie kaute langsam und schluckte erst hinunter, bevor sie weiterredete: »Willst du mich oder meinen Vater sprechen?«
»Dich«, sagte Caseo.
»Nun«, erwiderte sie, »ich kann dir schon mal sagen, daß mich das Gift wahrscheinlich töten wird und daß ich kein Interesse daran habe, an deinen Experimenten teilzunehmen. Also vielen Dank, daß du mich in die engere Wahl gezogen hast, und sei doch bitte so nett und mache die Tür hinter dir zu, wenn du gehst.«
»Wenn – und falls – du Schwarze Königin wirst«, sagte Caseo gedehnt, »so hoffe ich doch sehr, daß du deinen Untertanen gegenüber mehr Geduld aufbringst, als du mir gegenüber an den Tag legst.«
Jewel seufzte. »Noch bin ich nicht Schwarze Königin, und dich finde ich, gelinde gesagt, schwierig. Mich zu beleidigen ist nicht die geschickteste Methode, um mit mir ins Geschäft zu kommen.«
Er seufzte. Die erzwungene Höflichkeit machte ihm zu schaffen. »Die Gefangenen«, sagte er. »Ich brauche sie. Ich vermute, du bist mit ihnen fertig.«
Er wollte also offen mit ihr reden. Das war vielleicht das beste. »Ich habe nur gestern mit ihnen gesprochen.«
»Und einem dabei die Zunge von einem Heiler lähmen lassen. Gute Idee, aber einen Mann, der nicht sprechen kann, kann man nicht verhören.«
»Nein«, sagte sie und stellte sich so, daß sie seinem Blick begegnen konnte. »Aber man kann seine Gefährten so in Angst versetzen, daß sie sprechen.«
»Dann bist du also fertig mit ihnen.«
»Ich habe gerade erst angefangen.« Sie lehnte sich an den Tisch. »Aber wenn du mir sagst, wofür du sie brauchst, werde ich über deine Anfrage nachdenken.«
»Du weißt, wofür ich sie brauche. Ich muß mehr über dieses Gift herausfinden.«
Sie verschränkte die Arme. »Darüber habe ich sie bereits befragt. Sie wissen nichts.«
»Vielleicht hast du sie nicht richtig gefragt«, sagte er.
Sie starrte ihn an. Die Tatsache, daß er älter war als sie, hieß noch lange nicht, daß er so mit ihr reden durfte. »Ich muß mich nicht vor dir rechtfertigen, Caseo. Ich habe die Gefangenen befragt, und sie sagten, sie wüßten nichts davon, und ihre Antworten genügten mir. Jetzt müssen dir die meinen genügen.«
Jetzt verschränkte auch er die Arme. »Eigentlich hätte ich lieber mit deinem Vater gesprochen.«
Jewel zuckte die Schultern. »Dann suche ihn. Es wird dir nichts nützen. Die Gefangenen unterstehen meiner Verantwortung.«
Caseo neigte sich zu ihr herüber, setzte seine Körpergröße als Waffe ein. Sein Gesicht verharrte wenige Zentimeter vor ihrem. »Du hinderst uns an der Entdeckung des einzigen Mittels, das uns retten könnte.«
Sie rührte sich nicht. »Keinesfalls. Ich finde die Information auf meine eigene Weise heraus. Und wenn dir soviel daran gelegen ist, eine Antwort zu finden, dann solltest du in deiner Hütte bei der Arbeit sein.«
»Ich habe gearbeitet!« Seine Worte explodierten mit solcher Wucht vor ihr, daß sie den zwischen seinen Lippen ausgestoßenen Windstoß im Gesicht spürte. »Ich arbeite seit Monaten daran!«
»Und hast immer noch nichts herausgefunden?« fragte sie zartfühlend.
»Nichts, nichts, überhaupt nichts, bis auf das, was du ohnehin schon weißt: daß es mit normalem Wasser verdünnt werden kann, um die Wirkung zu verlangsamen oder zu reduzieren. Mehr haben wir nicht herausgefunden. Nichts. Seit all den Monaten intensiver Beschäftigung damit.« Er legte ihr die Hand auf die Schulter. »Du siehst also, daß wir den nächsten Schritt tun müssen. Wir brauchen die Gefangenen. Wir rechnen kaum noch damit, die Antworten selbst zu finden.«
Sie trat zur Seite, löste sich aus seinem Griff. »Das bezweifle ich, Caseo. Ich habe vollstes Vertrauen in deine Fähigkeiten. Du bist müde, mehr nicht.«
»Warum nur stellen mich alle in Frage?« Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf.
»Ich stelle dich nicht in Frage«, sagte Jewel langsam. »Ich habe nur gesagt, daß ich deinen Fähigkeiten vertraue.«
»Aber du willst nicht mit mir zusammenarbeiten.«
Sie hielt einen Seufzer zurück. Ihr Vater hatte Caseo zu Recht als launisch bezeichnet. »Na schön«, erwiderte sie in ihrer sanftesten, vernünftigsten Stimme. »Sag mir, wozu du die Gefangenen brauchst.«
»Experimente«, sagte er. »Zunächst muß ich wissen, ob ihnen das Wasser etwas anhaben kann. Dann muß ich
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