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Fey 02: Das Schattenportal

Fey 02: Das Schattenportal

Titel: Fey 02: Das Schattenportal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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Gesicht bekommen, da sie theoretisch in diesem Zeitraum zu Vertretern Gottes wurden.
    Doch nun hatte er die Aufmerksamkeit bereits auf sich gelenkt, und schließlich ging es um sein Leben. »Ich sehe von der Tür aus zu«, sagte er und ging auch schon los, wobei er sein Gewand so eng um sich schlang, daß es ihn beinahe am Gehen hinderte. An der Tür angekommen, schob er sie mit der Schulter auf.
    Bereits jetzt waren die Bankreihen mit Gläubigen gefüllt. Viele hielten den Kopf in Andacht geneigt, andere hoben betend die Arme. Einige blickten auf das Schwert, das von der Decke herabhing. Andre liebte das Mitternachtssakrament seiner Einfachheit wegen. Tel sagte eher seine kurze Dauer zu.
    Der Aud kauerte hinter dem Altar nieder. Er holte die Flaschen mit dem Weihwasser aus der Kiste, dann nahm er die Flaschen von dem Regal unter dem Tisch weg. Langsam ließ Tel die Tür zufallen.
    Die anderen Auds sahen ihn an, als wäre er verrückt geworden. Er lächelte ihnen zu und zuckte die Achseln. »Jedes Detail ist von größter Wichtigkeit.«
    Er wich von der Tür zurück und stand jetzt neben einem leeren Tresen, sorgfältig darauf bedacht, daß er nichts berührte. Jetzt konnte er sein Zittern nicht mehr beherrschen. Wenn sich die Wächter nun geirrt hatten? Wenn die Todesursache nichts mit dem Wasser selbst, sondern vielmehr mit den Ritualen zu tun hatte, die es schufen? Wenn er nun in diese Sakristei hinausging und der Inselgott ihn niederstreckte?
    Närrische Gedanken. Er zwang sich, tief durchzuatmen. Was für idiotische Gedanken. Wenn ihn der Inselgott niederstrecken wollte, hätte er das längst getan, als er jenes Gemeindemitglied nach der Morgenandacht getötet und kurz darauf Andre direkt im Tabernakel angefallen hatte. Wenn dieser Gott Andres Bitten nicht erhört hatte, als er mit Tel um sein Leben rang, dann mußte er taub sein.
    Er rieb sich mit der Hand über das Gesicht. Jetzt mußte er sich an alles erinnern, was er gelernt hatte. Wie Esx, der uralte Doppelgänger, der schon zu alt war, um seine Kunst noch selbst auszuführen, allen Jungen beigebracht hatte, sich alles Geschlechtlichen zu enthalten, mit Ausnahme in der Form der Wirtskörper, und sich als die einzigen körperlichen Vereinigungen diejenigen mit ihren Opfern vorzubehalten. In seinem Unterricht, der anfing, als Tels magische Fähigkeiten im Alter von zwölf Jahren offensichtlich wurden, hatte sie Esx gelehrt, daß, wenn die Götter wirklich so mächtig wären, wie das ihre Verehrer immer behaupteten, kein Fey mehr am Leben wäre. Sie wären sofort bei der Eroberung der Länder ihrer Anbeter von diesen allmächtigen Göttern vernichtet worden.
    Esx hatte vier große Kriegszüge mitgemacht und fünfundzwanzigmal den Wirtskörper gewechselt. Den letzten hatte er beibehalten, weil er sich so an ihn gewöhnt hatte. Auch er mußte bei seinen Einsätzen Augenblicke wie diesen hier durchgemacht haben. Schließlich hatte er diesen Merksatz über die Götter nicht ohne Grund weitergegeben.
    Der Aud stieß die Tür auf und kehrte, sich wieder an einer schweren Kiste abschleppend, in den Raum zurück. Sein schwarzes Gewand war feucht vor Schweiß, und er roch auch danach. Andre hätte ihm für seine Hilfe gedankt, doch Tel konnte sich nicht dazu überwinden. Statt dessen sagte er: »Vergiß nicht, diese Flaschen hier beiseite zu stellen, damit sie mit der neuen Lieferung gefüllt werden können.«
    »Sehr wohl, Hochgeehrter Herr«, murmelte der Aud. Tel glaubte, seiner Stimme eine Spur Verdrossenheit entnehmen zu können.
    Dann kam ein anderer Aud mit einem großen silbernen Schwert auf ihn zu. Tel zwang sich zum Lächeln, obwohl sein Herz wie rasend klopfte. Das Schwert war antik und noch in keinem Kampf benutzt worden. Sein verzierter Griff war die Vorlage für all die kleinen Schwerter, die die Rocaanisten um den Hals tragen. Der Aud hielt ihm das Schwert mit dem Griff voraus entgegen.
    »Ist es vorbereitet?« fragte Tel, dessen Stimme dankbarerweise wieder ruhig klang.
    Der Aud errötete. Die Frage mußte ungewöhnlich gewesen sein. »Wie immer, Hochgeehrter Herr.«
    Tel umfaßte rasch den Griff. Wenn er schon sterben mußte, dann war es besser hier, im Hinterzimmer, in der Nähe des Weihwassers, als draußen in der Sakristei vor allen Gläubigen. Je weniger Zeugen, um so geringer die Möglichkeit, die Geschichte zu bestätigen.
    Doch als er das Schwert berührte, spürte er nichts außer der kühlen Glätte des Metalls. Tränen der Erleichterung

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