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Fey 02: Das Schattenportal

Fey 02: Das Schattenportal

Titel: Fey 02: Das Schattenportal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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ein kehliges, beinahe schnurrendes Lachen. »Glaubst du, ich will ihm etwas tun? Ich bin kein Fußsoldat. Meine Magie ist nicht so brutal. Nein, dieses Kind ist nur wertvoll, wenn es am Leben bleibt.«
    Eleanoras Herz pochte laut. »Dieses Kind ist wertvoll, weil es ein Individuum ist. Und weil es meins ist.«
    Eine große Träne rollte über Coulters Wange. Er schniefte und klammerte sich am Gitter fest. So hatte ihn Eleanora noch nie erlebt. Es war, als rufe ihr Zorn etwas in ihm hervor – vielleicht eine Erinnerung? An der Frau konnte es nicht liegen, denn mit ihr hatte er zuvor herzhaft gelacht.
    »Ich weiß, daß er dir gehört«, sagte die Frau mit gleichbleibender Stimme. »Aber ich möchte, daß du ihn mir gibst.«
    »Was?« Eleanora mußte förmlich nach Luft schnappen.
    »Du sollst ihn mir geben«, sagte die Frau. »Ich werde ihn mit der gleichen Liebe und Zuwendung aufziehen wie du. Ich bringe ihm bei, was er wissen muß, zeige ihm Dinge, die er von dir niemals lernen würde. Du bist eine alte Frau. Wahrscheinlich stirbst du, bevor er selbst für sich sorgen kann. Was soll dann aus ihm werden? Glaubst du, deine Nachbarin ist eine so gute Rocaanistin, daß sie ein elternloses Kind aufnimmt?«
    Diese Frau hatte sie beobachtet. Sie hatte sie alle beobachtet.
    »Das ist mein Kind«, wiederholte Eleanora. »Es liebt mich. Es hat schon genug Erschütterungen in seinem Leben gehabt. Es erträgt nicht noch mehr davon.«
    Wieder rann eine Träne über Coulters Wange. Er packte die Stäbe, als hielten nur sie ihn noch zurück.
    »Dieses Kind braucht mehr als Liebe«, sagte die Frau. »Es muß über seine Fähigkeiten und die Möglichkeiten seiner Macht aufgeklärt werden.«
    »Welche Fähigkeiten?« wollte Eleanora wissen. Vielleicht fand sie einen Ausweg aus dieser Situation, wenn sie die Frau nur lange genug ausfragte. Vielleicht hörte jemand draußen die Stimmen aus ihrer Hütte und holte Hilfe. Vielleicht erwischte sie die Frau in einem arglosen Moment und konnte sie von Coulter wegreißen.
    »Er verfügt über eigene Magie. Sie hat mich zu ihm geführt, und ich spüre sie auch jetzt, in diesem Moment. Die meisten von euch haben diese Magie nicht, geschweige denn eine Ahnung davon, sie auszubilden.«
    »Aber er ist noch ein Baby«, sagte Eleanora. »Alle Babys verfügen über Magie.«
    »Nicht so wie dieses hier«, erwiderte die Frau.
    Coulter stieß einen zitternden Seufzer aus und verschluckte sich, wie er es immer vor einem seiner besonders lauten Schreie tat. Los, Baby, schrei alles heraus, dachte Eleanora und wünschte, er könnte sie verstehen. Schrei so laut, daß Hilfe herbeieilt!
    »Ich möchte, daß du ihn mir gibst«, sagte die Frau wieder.
    »Unmöglich«, antwortete Eleanora. »Ich habe gesehen, wie ihr seine Eltern umgebracht habt. Woher soll ich wissen, daß ihr ihn nicht auch töten wollt?«
    »Ich gebe dir mein Wort«, sagte die Frau. »Ich werde ihm nicht ein Haar auf seinem schönen Köpfchen krümmen.«
    »Dein Wort? Dein Wort?« Eleanoras Stimme wurde lauter. »Wie könnte ich mich jemals darauf verlassen? Dein Volk hat das unsere überfallen, meine Freunde getötet und unsere Häuser zerstört! Warum sollte ich glauben, daß du meinem Kind nichts antust?«
    Coulter schrie los, und beide Frauen zuckten zusammen. Dann fing er an, tiefe und klagende Schluchzer auszustoßen, die von tief innen aus ihm herauszukommen schienen.
    Eleanora lief zu ihm, hob ihn hoch und drückte ihn an die Brust, so wie sie es schon immer getan hatte, seit sie ihn vor den Fey versteckt hielt. Er klammerte sich mit all seiner Kraft an ihr fest, schlang die Beinchen um ihren Körper und die Arme um ihren Hals. Seine Tränen tränkten ihr Nachthemd.
    Sie legte schützend eine Hand auf sein Köpfchen und rannte aus dem Zimmer. Sie hörte nicht, ob die Frau sie verfolgte, hörte nur die eigenen Schritte im vorderen Zimmer. Als sie die Haustür aufriß, sauste die Katze aus dem Haus und flitzte die Treppe hinunter. Eleanora folgte ihr, Coulter sorgsam in den Armen balancierend.
    Die Katze stellte sich ihr in den Weg, so daß sie beinahe über sie gestolpert wäre und eine Hand ausstrecken mußte, um das Gleichgewicht zu behalten. Coulter hielt sie eng umschlungen. Er schrie nicht mehr, aber sein kleiner Körper zitterte. Das Mondlicht beschien die Katze in einem merkwürdigen Winkel, ließ sie größer erscheinen, als sie war. Eleanora fing sich wieder. Nein. Die Katze war tatsächlich größer. Sie verwandelte sich,

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