Fey 03: Der Thron der Seherin
Sterben …« Sein Stimme brach. »Ich vermute, daß wir jetzt an diesem Punkt angelangt sind.«
»Eines verstehe ich nicht«, brummte Stowe. »Wenn der Rocaan die Heirat so sehr mißbilligte, warum hat er dann nicht von Anfang an versucht, sie zu verhindern?«
»Er hat es versucht«, sagte Nicholas. »Er hätte sich beinahe geweigert, uns zu trauen. Mein Vater hat ihn schließlich überredet. Ich glaube, durch Sebastians Zustand und den Tod meines Vaters ist der Rocaan schließlich zu der Überzeugung gekommen, daß Jewel nicht hierher gehört. Seiner Ansicht nach wurde mein Vater von den Fey getötet, aber er hatte keine Beweise dafür.«
»Er wird sie jetzt bekommen«, antwortete Stowe.
Im Kamin knackte ein Holzscheit. Sebastian schnaufte tief. Die Katze miaute leise. Die Kinderfrau beobachtete alles aufmerksam.
Nicholas seufzte und lehnte den Kopf an den Fensterrahmen. Noch eine Last mehr, die auf seine Schultern gewälzt wurde. Aber Nicholas war stark. In mancher Hinsicht sogar stärker als sein Vater. Er hatte im Krieg gekämpft, und er hatte seinen Willen durchgesetzt und die Tochter seiner Feinde geheiratet, um einen Waffenstillstand zu erwirken.
Er mußte auch jetzt stark sein, sonst würde sein Land auseinanderfallen, dessen war er sich sicher. Im Unterschied zu seinem Vater hatte Nicholas keinen Nachfolger.
Schließlich sagte er: »Jewel fürchtete, daß ein Fey meinen Vater umgebracht haben könnte. Sie ist zur Siedlung gegangen, um herauszufinden, ob die Leute dort etwas davon wüßten.« Er senkte den Kopf und legte die Lippen an das Ohr seiner Tochter. »Warum ist sie jetzt nicht hier?« murmelte er.
Die Katze seufzte tief und legte sich über seine Füße.
Dann öffnete Nicholas die Augen, küßte seine Tochter auf die Stirn und trug sie zu ihrer Wiege. Behutsam legte er sie hinein und deckte sie mit einer weichen weißen Decke zu. Die Katze machte einen Satz auf den Tisch, der zum Wickeln neben der Wiege stand, und rollte sich auf einer sauberen Stoffwindel zusammen.
»Was für einen Beweis habt Ihr?« fragte Nicholas.
»Einen Zeugen. Einen Mann, der vor Ort einen Fey mit Pfeil und Bogen gesehen hat.«
Nicholas schüttelte ungläubig den Kopf. »Was haben sie sich nur dabei gedacht?«
»Nun, offenbar war jemand im Lager der Fey genauso unzufrieden über die Entwicklung der Dinge wie der Rocaan.«
Nicholas schnaubte verächtlich. »Müßte es Matthias nicht einen schweren Schlag versetzen, wenn er erführe, daß er sich genauso verhalten hat wie die von ihm so gehaßten Fey?«
»Die Sache ist ernst, Hoheit«, sagte Lord Stowe.
»Ich weiß«, sagte Nicholas. »Jemand hat meinen Vater getötet, und der Rocaan hat Jewel umgebracht. Sie fand, daß der Rocaan mit seinem Verdacht recht hatte. Ihrer Meinung nach hatte ein Fey durch den Mord versucht, sie in die unmittelbare Nähe des Throns zu rücken.«
»Hätte sie das zugelassen?«
Nicholas schüttelte den Kopf. »Sie wollte, daß wir zusammenbleiben. Das war ihrer Meinung nach das beste für die Insel und die Fey. Und sie hatte so viele Pläne für dieses Kleine hier.«
Stowe sah auf das Neugeborene hinab. »Unten im Palast wird gemunkelt, sie sei ein Ungeheuer.«
»Jewel?« fragte Nicholas.
Stowe schüttelte den Kopf. »Das Kind. Ihr solltet es so schnell wie möglich der Öffentlichkeit zeigen. Laßt alle wissen, daß es anders ist als sein Bruder.«
Sebastian war inzwischen in Schlaf gesunken und hielt dabei die Hand gegen den Mund gepreßt. Die Kinderfrau wiegte ihn behutsam und blickte angestrengt zum Fenster hinaus, wobei sie so tat, als ignorierte sie die Unterhaltung.
»Ein Ungeheuer.« Nicholas gab ein Geräusch von sich, in dem sich Lachen und Schluchzen mischten. »Das ist meine eigene Schuld. Ich habe das Küchenpersonal im falschen Moment aus der Küche geschickt. Ariannas Geburt war schwierig. Wenn die Fey nicht so schnell gehandelt hätten, wäre sie jetzt gar nicht hier. Jewel lag im Sterben. Sie holten das Kind, solange noch Zeit dafür war. Sie haben ihr Leben gerettet, aber für Jewel konnten sie nichts mehr tun. Und wie soll ich mich jetzt verhalten? Mich an ihnen rächen? Auch für die Fey ist Jewels Tod ein bitterer Verlust.«
»Habt Ihr vor, Euch am Rocaan zu rächen?« fragte Stowe.
»Er hat meine Frau umgebracht.« Nicholas’ Stimme klang hart und erbarmungslos. Plötzlich wußte Stowe, welcher Ausdruck in Nicholas’ Augen lag. Sie waren nicht leer. Sie waren voller Wut.
Und Haß.
Das eisige Gefühl,
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