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Fey 03: Der Thron der Seherin

Fey 03: Der Thron der Seherin

Titel: Fey 03: Der Thron der Seherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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Wünsche zu erfüllen.
    Diese Fähigkeit hatte er jetzt dringend nötig.
    Im Schattenland gab es keine vertrauten Pfade, nur Gebäude, die jäh aus dem Grauschleier aufragten. Schon jetzt vermißte Burden den Schlamm und das modrige Holz, den Regen, die Überflutungen und den Küchengeruch aus den nahe gelegenen Häusern der Inselbewohner.
    Lange würde er es hier nicht aushalten.
    Er schritt auf die zweitgrößte Hütte zu. Zu Anfang hatten Jewel und ihr Vater ihre Hütte als Versammlungshaus gebaut und erst darin gewohnt, als das Domizil fertiggestellt worden war. Burden hatte das immer für ungerecht gehalten, aber Rugar war derjenige, der das Schattenland errichtet hatte. Es existierte nur durch ihn. Er war der Sohn des Schwarzen Königs, was ihm besondere Privilegien sicherte. Diese Privilegien betrafen teilweise das Leben aller Fey. Burden hatte gehofft, mit Jewels Hilfe etwas daran zu verändern. Mit ihrer Vermählung mit dem Inselprinzen hatte sie Burden im Stich gelassen. Sie hatte sie alle im Stich gelassen.
    Und dennoch hatte sie sich bei ihrem letzten Treffen angehört wie die frühere Jewel. Sie war durch ihre Erfahrungen klüger geworden, schien bereit, die Veränderungen herbeizuführen, die einen Ort wie das Schattenland in Zukunft überflüssig machten.
    Als er sich in dieser abscheulichen Küche, die er als junger Infanterist gleich als erstes vom Palast zu Gesicht bekommen hatte, über ihre Leiche gebeugt hatte, hatte er ihr ein letztes Versprechen gegeben: Ganz gleich, wie schwierig es auch sein mochte und wie lange es dauern würde, nichts würde ihn davon abhalten, ihren Tod zu rächen. Und wenn er es ganz allein tun mußte.
    Er hoffte, daß das nicht nötig sein würde.
    Auf den Stufen, die zu Rugars Hütte führten, lag getrockneter Schlamm. Es sah aus wie Fußspuren, als wäre jemand vor einiger Zeit mit schlammverkrusteten Stiefeln dort hinaufgestiegen. Burden setzte die Füße neben die Spuren und blieb schließlich auf der Schwelle stehen.
    In Friedenszeiten hatten trauernde Fey das Recht darauf, drei Tage lang allein zu bleiben, bevor sie den anderen gegenübertraten. Der Trauernde hatte dadurch die Möglichkeit, sich seinem Kummer zu überlassen, sich den Gefühlen, die das Ereignis in ihm auslöste, ganz hinzugeben. Es gestattete auch berühmten Kriegern, in der Zurückgezogenheit ihrer Räume zu weinen, ohne durch ihre Tränen das Bild von Stärke, das sie verkörperten, zu zerstören.
    Aber das war eine Sitte, die es nur in Friedenszeiten gab.
    Obwohl es im Moment nicht zu Schlachten kam, hielt Burden die derzeitige Situation nicht für Frieden. Er wollte Rugar nicht den Luxus gönnen, die Tochter zu betrauern, deren Tod er mitverschuldet hatte.
    Er schlug mit der Faust gegen die hölzerne Tür. Seine Schläge klangen schwer, wütend und stark. Sie hallten im ganzen Schattenland wider und wurden nach dem ersten Echo dumpfer, als hätte sich eine große Hand darübergelegt.
    Die Tür in der Hütte hinter Burden öffnete sich, aber Burden drehte sich nicht um. Er wußte, daß den anderen sein Besuch bei Rugar mißfiel. Es kümmerte ihn nicht.
    Wieder klopfte er, diesmal noch dringlicher.
    Endlich wurde die Tür geöffnet. Rugar sah völlig verändert aus.
    Seine Augen blickten Burden aus tiefen Höhlen mit einem gequälten Ausdruck an. Um seinen Mund hatten sich tiefe Falten eingegraben, sein Haar war strähnig und ungekämmt. Auf seinem Hemd waren noch die Reste vom Frühstück zu sehen, die Hosen waren nicht zugebunden. Er blinzelte Burden an, bis man sah, daß er ihn endlich erkannt hatte.
    »Was denn?« fragte er.
    »Laß mich rein«, sagte Burden.
    Rugar schüttelte den Kopf. »Ich habe drei Tage.«
    »Wenn du mich jetzt nicht reinläßt, müssen wir diese Unterhaltung vor aller Augen führen.«
    »In drei Tagen.«
    »Nein«, sagte Burden. »Jetzt sofort.«
    Er drängte sich an Rugar vorbei in die Hütte. Drinnen war es kalt und dunkel. Eine einzelne Kerze stand in ihrem Wachs auf dem Tisch, der Docht flackerte in der Dunkelheit. Es roch leicht nach Urin. Neben der Tür stand ein Nachttopf. Rugar hatte die Hütte nicht einmal verlassen, um seine Notdurft in den Gemeinschaftstoiletten zu verrichten.
    Sie war noch nicht einmal einen Tag tot. Es war erstaunlich, daß ein Mann sich so schnell gehenließ. Aber genau das war der Grund für die Zeit der Trauer.
    Burden brauchte sie nicht.
    »Ich habe drei Tage«, sagte Rugar. Er stand immer noch an der offenen Tür.
    »Du hast überhaupt

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