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Fey 03: Der Thron der Seherin

Fey 03: Der Thron der Seherin

Titel: Fey 03: Der Thron der Seherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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durchschreiten. Er war so schmal wie ein Wandschrank, und die vier Stühle, die aufgereiht an der Wand standen, machten den Eindruck von altem, selten benutztem Mobiliar. Er fühlte sich beinahe wie ein Gefangener, obwohl er genau wußte, daß sie keinen Grund hatten, ihn zu verdächtigen.
    Soweit es die Inselbewohner betraf, war er nur ein Stallbursche, kein Fey. Hätten sie gewußt, um welche Art von Fey es sich bei ihm handelte, hätten sie niemals versprochen, ihren König zu ihm in diesen kleinen Raum zu bringen. Er und der König würden gezwungen sein, nebeneinander zu stehen. Tel könnte ein Messer zücken, einen Satz durch den Raum machen und sich in den König verwandeln, bevor noch irgend jemand begriffen hatte, was geschehen war.
    Aber das wollte Tel nicht.
    Er wollte seine Stellung als Stallbursche nie mehr aufgeben.
    Aber er war Jewel etwas schuldig.
    Und er wollte etwas gegen Matthias unternehmen. Sollte Tel die Möglichkeit dazu haben, würde er nicht zögern, einen vernichtenden Schlag gegen den Tabernakel zu führen. Und seit er von Jewels Tod gehört hatte, wußte er, daß er diese Möglichkeit hatte.
    Die Tür öffnete sich. Tel erstarrte, unsicher, welche Art von Begrüßung ihn erwartete. Er hatte an diesem Morgen schon so viele verschiedene Reaktionen erlebt, die von Wut über ungläubiges Staunen bis hin zu kaum verhohlener Freude reichten. Er war sich nicht sicher, was ihm jetzt bevorstand.
    Lord Enford trat ein. Er war kleiner als die meisten Fey, aber für einen Inselbewohner ziemlich hochgewachsen und so schlank, daß man ihn beinahe mager hätte nennen können. Seine Haut sah ungesund und wächsern aus, der Haaransatz war bereits schütter und das Haar selbst zu einem dünnen Pferdeschwanz zusammengefaßt, der über seinen Rücken hing. So reich und vom Schicksal begünstigt manche Leute auch sein mochten, einige von ihnen sahen trotzdem aus, als müßten sie gleich am nächsten Tag sterben. Lord Enford war einer von ihnen.
    »Der König erwartet dich«, sagte er zu Tel.
    Mit einem Mal spürte er ein Würgen in der Kehle. Enford war allein gekommen. Das bedeutete weitere Wege durch die Korridore, weitere Gelegenheiten, einen Strenggläubigen zu treffen, weitere Möglichkeiten, mit dem Gift in Berührung zu kommen.
    »Folge mir.«
    Tel nickte. Mit wehendem Gewand trat Enford aus der Tür und bog in den Korridor ein. Tel mußte sich beeilen, um mit ihm Schritt zu halten. Enford bewegte sich fast lautlos, aber das Tappen von Tels Stiefeln war auf dem glattpolierten Boden nicht zu überhören. Er schluckte krampfhaft. So weit war er immerhin gekommen. Bald würde er vor dem König stehen.
    Gleich früh am Morgen war Tel mit der Gewißheit erwacht, daß er über die Umstände von Jewels Tod reden mußte. Er war zu Tapio, dem Ersten Stallburschen, gegangen, der ihn förmlich angefleht hatte, sich nicht einzumischen. Als Tel jedoch darauf bestand, sich einzumischen, hatte Tapio ihn zum Hausmeister geführt, dieser hatte ihn weiter an den Zweiten Assistenten der Ratsherren verwiesen, der ihn wiederum zu einem anderen Assistenten geschickt hatte, welcher ihn schließlich zu Lord Enford gebracht hatte. Schweigend hatte sich Lord Enford Tels Erzählung angehört und dann ohne ein Wort den kleinen Raum verlassen; jetzt war er mit der Nachricht zurückgekommen, daß der König Tel zu sehen wünsche.
    Vor den breiten Doppeltüren standen Wachen. Tels Hände verkrampften sich. Er hatte gehört, daß jeder, der in die Nähe des Königs kam, vorher mit Hilfe des Giftes überprüft wurde. Falls sie das bei ihm versuchen sollten, würde er davonrennen. Davonrennen und für immer sein gemütliches Zuhause verlieren.
    Aber die Posten nickten Enford zu, zwei von ihnen drückten die Klinken herunter und öffneten die Türen zu einem der größten Räume, den Tel jemals gesehen hatte. Die Wände waren mit alten Speeren dekoriert, denen die Spuren des häufigen Gebrauchs deutlich anzusehen waren. Am Ende des Raumes stand auf einem erhöhten Podest der Thron. Dahinter befand sich ein Wappen. Tel hatte es noch nie zuvor gesehen.
    Zwei Schwerter, die sich über einem Herz kreuzten.
    Merkwürdig. Hätte Rugar von der Existenz einer militärischen Tradition in der Geschichte der Inselbevölkerung gewußt, hätte er dieses Volk dann auch angegriffen?
    Wahrscheinlich.
    Rugar hatte sich immer für unbesiegbar gehalten. Bevor er auf der Blauen Insel eintraf, war er das auch gewesen.
    In der Ecke, unweit der links und

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