Fey 03: Der Thron der Seherin
mit unsicherer Stimme.
»Wir sind gerade im Begriff, es zu tun«, erwiderte Nicholas.
Es herrschte vollkommene Stille. Nur Lord Enford beobachtete Nicholas aufmerksam. Lord Stowe musterte seine Hände. Schweiß tropfte von Lord Egans Gesicht.
Sie hielten ihn für verrückt. Es war deutlich zu sehen, daß er ihrer Meinung nach von den Ereignissen der letzten Tage in den Wahnsinn getrieben worden war. Er öffnete den Mund, um sich zu verteidigen …
… und hielt inne. Welchen Kurs du auch einschlagen magst, steuere unbeirrt und unnachgiebig, hatte sein Großvater gesagt. Du mußt Stärke beweisen, das waren Jewels Worte gewesen. Stärke flößt den Menschen Respekt ein, Nicky.
So, wie ihn ihre Stärke mit Respekt erfüllt hatte.
»Wenn Ihr das tut, spaltet Ihr unser Land«, sagte Holbrook.
»Das werde ich nicht tun«, entgegnete Nicholas. Er zwang sich, mit einer Festigkeit und einem Vertrauen zu sprechen, das er nicht wirklich verspürte. »Ich werde die Leitung des Tabernakels übernehmen. Ich werde ihn so lange führen, bis sich ein anderer dafür findet oder meine Kinder groß genug sind.«
»Das Mädchen?« fragte Miller. Er schwankte, während er sprach.
»Das Mädchen«, erwiderte Nicholas, »wird seinen Bruder als Regenten vertreten, sobald es alt genug ist.«
»Plant Ihr, noch weitere Kinder zu haben, Hoheit?« fragte Lord Stowe.
»Das ist nicht auszuschließen«, antwortete Nicholas. »Aber es ist jetzt noch zu früh, um an eine erneute Heirat zu denken.«
Allein der Gedanke war unerträglich. Lautlos entschuldigte er sich bei Jewel, obwohl gerade sie ihn am besten verstanden hätte.
»Ihr könnt doch nicht zulassen, daß eine Frau unser Land regiert«, sagte Canter.
»Ihr selbst sagtet, mein Sohn sei nicht in der Lage dazu«, konterte Nicholas. »Ein Punkt, über den man noch sprechen könnte. Meine Tochter wird dazu in der Lage sein. Wenn mir etwas zustoßen sollte, wird sie die Regentschaft übernehmen.«
»Und wenn Euch etwas zustoßen sollte, bevor sie dieses Alter erreicht?« fragte Egan.
»Wir müssen eben dafür sorgen, daß dieser Fall nicht eintritt, nicht wahr, Mylord?« erwiderte Nicholas.
Ein leichtes Stirnrunzeln vertiefte die vielen Falten in Holbrooks Gesicht. »Ich verstehe immer noch nicht, wie Ihr Matthias entmachten wollt.«
Nicholas lehnte sich zurück. Der hölzerne Lehne des Thrones gab ihm den Rückhalt, dessen er jetzt bedurfte. »Ich werde Matthias benutzen, um unsere Probleme zu lösen.«
»Und die Fey?« fragte Stowe. »Was habt Ihr mit ihnen vor?«
»Sie haben die gleichen Probleme wie wir.«
Miller wollte etwas sagen, aber Egan gebot ihm zu schweigen.
Nicholas bedankte sich mit einem Kopfnicken. »Meine Frau wußte nichts von dem Komplott gegen meinen Vater. Sie suchte ihren Freund Burden auf, den Gründer der Siedlung, und fragte ihn, ob er jemanden ausgesandt habe. Burden wußte ebenfalls nichts davon und war überrascht, daß ein Fey mit diesem Verbrechen in Zusammenhang gebracht wurde.«
»Wie konnte Eure Frau davon wissen?« fragte Fesler. »Stowe ist erst gestern zurückgekehrt.«
»Sie hat Matthias zugehört, genau wie wir. Aber im Unterschied zu uns war sie seiner Meinung. Der Mörder mußte ein Fey sein. Das Verbrechen war so schlau kalkuliert und berechnend ausgeführt, daß ein Inselbewohner nicht dafür in Frage kommt. Sie ging zu Burden, und in der Nacht, bevor sie starb, hat sie mir davon berichtet.«
»Wissen wir, wer dieses Verbrechen begangen hat?« fragte Egan.
»Nein«, erwiderte Nicholas. »Aber ich glaube, Jewel wußte es. Sie wollte es mir erst sagen, wenn sie sich völlig sicher war.«
»Wie wissen bereits, daß die Fey Euren Vater ermordet haben«, sagte Fesler. »Ich verstehe nicht, wozu das führen soll.«
Nicholas neigte den Kopf und sah auf Fesler hinab. Sogar sein Kinn war geschwollen. Seine Hände, die auf dem Stock lagen, zitterten. Er sah völlig erschöpft aus. Er sprach, ohne Partei zu ergreifen; er wollte einfach nur die Ereignisse verstehen.
Wie jeder von ihnen hier.
»Es waren nicht die Fey, die meinen Vater ermordeten«, antwortete Nicholas. »Ein einzelner Fey hat diese Tat im Alleingang begangen. Soviel habe ich während der Krönung begriffen. Hätten sich die Fey geschlossen gegen die Heirat und die Allianz gestellt, dann hätten sie nicht so verzweifelt versucht, Jewels und Ariannas Leben zu retten.«
»Ihr glaubt also, daß jemand diese Tat ohne Erlaubnis des Anführers begangen hat und dadurch genau
Weitere Kostenlose Bücher