Fey 03: Der Thron der Seherin
erwiderte Nicholas, obwohl er nicht sicher war, wie er das bewerkstelligen sollte.
»Es wäre sinnlos, Euch das Geheimnis des Weihwassers anzuvertrauen«, sagte Canter. »Ihr würdet es niemals gegen die Fey anwenden.«
»Genau«, bestätigte Nicholas. »Das verschafft ihnen noch mehr Sicherheit.«
»Aber die allein wird uns nicht beschützen«, rief Canter.
»Natürlich seid Ihr dadurch geschützt«, widersprach Nicholas. »Solange die Übereinkunft besteht, greifen die Fey nicht an. Sie werden mit uns zusammenarbeiten.« Er erhob sich. »Ich habe gesagt, ich werde alles tun, um meine Tochter und diese Insel zu retten. Das ist mein Ernst.«
»Glaubt Ihr das?« fragte Holbrook leise. »Glaubt Ihr das wirklich?«
Nicholas sah Holbrook prüfend an. »Warum stellt Ihr mir diese Frage, Mylord?«
»Weil es mir scheinen will, Sire, als zerstörten Eure Pläne das Königreich. Staat und Tabernakel zu trennen heißt, einen Keil durch die Insel zu treiben.«
»Ich finde es widersinnig«, antwortete Nicholas, »daß Ihr mir die Schuld an einer Spaltung gebt. Matthias hat meine Frau getötet. Matthias hat dieses Reich bereits gespalten. Wenn wir ihn nicht bestrafen, steht dadurch unser aller Leben auf dem Spiel. Die Fey und unsere eigenen Leute müssen glauben, daß wir einer Attacke auf das Königreich tatenlos zusehen. Und sie werden uns angreifen. Matthias hat Jewel getötet. Vor den versammelten Würdenträgern der Insel und vor den Augen ihres eigenen Volkes. Zeugen haben beobachtet, wie er diesen Mord plante. Wenn ich ihn jetzt nicht einer gerechten Strafe zuführe, dann verspiele ich die Macht, die mir der Thron verleiht.«
Die Ratsherren starrten ihn mit offenem Mund an. Er hatte so laut und bestimmt gesprochen wie selten zuvor.
»Wenn ich ihn nicht bestrafe«, fuhr Nicholas fort, »dann ist die Blaue Insel dem Untergang geweiht. Chaos wird herrschen, und die Fey werden letztendlich gewinnen.«
»Die Fey gewinnen durch Eure Pläne. Sie haben ja jetzt schon beinahe gewonnen«, sagte Canter. »Wenn Eure Gemahlin am Leben geblieben wäre, hätten wir alle verloren.«
»Das ist Hochverrat«, flüsterte Stowe ihm zu.
»Nein, laßt ihn reden«, entgegnete Nicholas. Er ging die Stufen hinunter und blieb dicht vor Canter stehen. »Wenn er es sagt, werden auch andere es sagen. Ich werde es Euch noch einmal erklären. Eurer Ansicht nach haben die Fey seit dem Zeitpunkt gewonnen, an dem sie unsere Insel betraten. Sie haben unsere uneinnehmbaren Schutzwälle überwunden und Angehörige eines Volkes niedergemetzelt, das noch niemals in einen Krieg mit einem anderen Land verwickelt war. Sie haben unser Land verändert, unsere Religion und schließlich auch uns selbst. Wir sind Narren, wenn wir das nicht zugeben.«
Canter kniff die Augen mißtrauisch zusammen und runzelte die Stirn.
»Es gelang uns, sie zu schlagen, aber wir brachten es nicht fertig, daß sie die Insel verließen. Sie können die Insel niemals verlassen. Und uns bleibt nichts anderes übrig, als auf die Ankunft des Schwarzen Königs zu warten. Vielleicht kommt er niemals. Vielleicht hält er die Blaue Insel für verloren. Vielleicht hat er seinen Sohn hergeschickt, um einen Rivalen auszuschalten. Vielleicht interessiert er sich nicht einmal für die Insel. Darauf hoffen wir jedenfalls.«
»Warum sollten wir uns dann mit ihnen verbünden?« fragte Canter.
»Weil wir nicht sicher sein können. Es mag zutreffen, daß dieser Schwarze König nicht kommt. Und auch sein Nachfolger nicht. Aber dessen Nachfolger wird kommen. Und was sollen wir dann mit den Fey anfangen? Sie verfügen über ungeahnte Zauberkräfte. Einige werden überleben. Und wenn schließlich der Schwarze König mit seinen Zauberern hier eintrifft, müssen wir alle sterben. Sie werden ein Mittel gegen das Weihwasser finden, und wir alle werden sterben.«
»Vielleicht leben wir nicht so lange«, sagte Canter.
»Aber vielleicht einige von uns«, sagte Miller.
»Einigen von uns«, schaltete sich jetzt Holbrook ein, »liegt vielleicht auch die Zukunft unserer Kinder und Kindeskinder am Herzen.«
»Wenn meine Verbindung mit Jewel nicht hintertrieben worden wäre, hätten wir diese Zukunft gesichert. Jewel und ich hätten dafür gesorgt, daß es allen auf der Insel wohlergeht, wie immer. Sie war sogar bereit, unsere religiösen Traditionen, die sie das Leben kosteten, zu unterstützen. Matthias hat alles verändert. Matthias und Menschen, die so denken wie Ihr, Lord Canter. Ich werde jedoch
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