Fey 03: Der Thron der Seherin
sie schauspielerte. Irgend etwas an dieser ganzen Besprechung störte ihn. Vielleicht war Alexander vorsätzlich ermordet worden, und vielleicht hatte Jewel tatsächlich darüber Bescheid gewußt. Alexanders Tod bedeutete, daß sie und ihre mißgestalteten Kinder dem Thron näher gerückt waren. Was für eine bequeme Methode, an die Macht zu kommen. Ebenso mühelos wie wirkungsvoll.
Er mußte mit Nicholas darüber sprechen, sobald sie allein waren.
»Wir müssen den Tod des Königs noch heute bekanntgeben«, sagte Enford. »Es wissen ohnehin schon zu viele Leute davon. Alle Wachen, die ihn in die Sümpfe begleitet haben, und jetzt auch noch jeder in diesem Zimmer. Es ist kein Geheimnis mehr. Es ist besser, wenn wir den Informationsfluß kontrollieren.«
»Ich werde es offiziell bekanntgeben, sobald wir hier fertig sind«, erwiderte Nicholas. Jede Spur seiner vorigen Verwirrung war verschwunden. Er würde die Regierungsgeschäfte gut führen. Falls er je die Gelegenheit dazu bekam.
Falls die Frau ihn am Leben ließ.
Matthias leckte sich die trockenen, aufgesprungenen Lippen. »Wir müssen die Krönungsfeierlichkeiten so schnell wie möglich durchführen, damit jeder weiß, daß Ihr die Macht fest in Händen haltet. Ich würde vorschlagen, in zwei Tagen.«
»Das ist zu rasch«, wandte Holbrook ein. »Wenn er so schnell handelt, sieht es aus, als wäre er in den Mord an seinem Vater verwickelt.«
»Wir sind eine Nation im Belagerungszustand«, widersprach Matthias. »Wenn er nicht schnell genug handelt, werden unsere Feinde die Gelegenheit ergreifen.«
»Unsere Feinde«, murmelte Jewel und entwand Nicholas ihre Hand. Der ergriff sie von neuem und zog sie an sich, als hielte er sie zurück.
»Ich finde, Matthias hat recht«, sagte Nicholas. Jewel blickte ihn scharf an, als könne sie nicht glauben, was er sagte. Er lächelte sie kurz an, ein privates Lächeln, das nur ihnen beiden gehörte. »Ich muß mich berichtigen. Ich finde, er hat recht damit, daß wir rasch zeigen müssen, wer die Macht hat. Zwei Tage scheinen mir ein vernünftiger Zeitraum. Aber seine Beweggründe sind falsch. Ich bezweifle, daß die Fey diesen Vorfall ausnutzen werden, um die Regierung zu übernehmen oder die Feindseligkeiten von neuem aufleben zu lassen. Wir haben Jewel hier, viele Fey leben inzwischen unter uns, aber das Geheimnis des Weihwassers kennen sie noch nicht. Ihretwegen brauchen wir unsere Pläne nicht zu ändern.«
Jewel beobachtete ihn aufmerksam aus dunklen, glitzernden Augen. Matthias setzte sich auf. Er war sich nicht sicher, ob er Nicholas’ Worte als Unterstützung oder Beleidigung auffassen sollte.
»Ich glaube, unser Volk sollte wissen, daß die Regierung funktioniert wie immer. Die Leute müssen wissen, daß wir weiterhin für sie da sind, auch wenn sich das Leben in den letzten fünf Jahren verändert hat.« Nicholas hielt inne und holte Luft.
»Sie müssen wissen«, sagte Egan in die Pause hinein, »daß die Erbfolge eingehalten wird, auch wenn der König ermordet wurde.«
Matthias’ Blick streifte Nicholas’. Nicholas schloß den Mund, errötete und senkte den Blick. In einem waren sie sich einig. Sollte Nicholas sterben, konnte Sebastian seinen Platz nicht einnehmen. Nicholas würde andere Vorkehrungen treffen müssen, selbst wenn er damit gegen die Tradition verstieß. Tradition war immer gewesen, daß die Königinmutter so lange regierte, bis ihr Sohn alt genug war. Das konnte in Nicholas’ Fall nicht eintreten.
»Ihr müßt Euch mehr um Eure eigene Sicherheit kümmern«, mahnte Matthias.
»Mir geht’s bestens«, gab Nicholas zurück.
»Nein«, mischte sich Fesler ein. »Auch Euer Vater hielt sich für ausreichend geschützt, und Ihr braucht sogar noch mehr Schutz. Euer Sohn …« Er verschluckte den Rest des Satzes. Dann räusperte er sich, als hätte er absichtlich eine Pause gemacht. »Euer Sohn ist zu jung, um die Staatsgeschäfte zu übernehmen.«
»Selbst wenn er alt genug wäre«, meinte Holbrook, »würde der unmittelbar aufeinanderfolgende Verlust zweier Regenten ein solches Durcheinander verursachen, daß es dieses Königreich bis in die Grundfesten erschüttern würde.«
Nicholas fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Er wandte sich von ihnen allen ab. »Wir werden dafür sorgen, daß das nicht passiert.«
Matthias hielt den Blick auf Jewel gerichtet. Auch sie sah zu ihm hinüber, das Kinn vorgestreckt, als erwarte sie einen Kommentar über ihre bloße Anwesenheit. Matthias
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