Fey 03: Der Thron der Seherin
durchzuführen.«
Rugar schien Adrians Sarkasmus nicht zu bemerken. Genau wie damals Jewel, akzeptierte er offenbar, daß es für Adrian angemessen, ja nötig war, sich auf diese Art auszudrücken. »Und worauf gründet sich deine Meinung?«
»Auf meine Situation«, sagte Adrian. »Hätte der Gute König Alexander uns verteidigt, wie es seine Pflicht gewesen wäre, wäre ich immer noch zu Hause bei meiner Familie.«
»Oder tot«, ergänzte Rugar.
»Herr?«
Rugar erhob sich so plötzlich, daß Adrian einen Schritt zurückwich. »Ich glaube, Alexander hat einfach seine Arbeit getan. Die Fey haben schon immer andere Länder erobert. Euer König hat uns daran gehindert, auch bei euch die Herrschaft zu übernehmen. Hätte er sich uns nicht in den Weg gestellt, wärst du jetzt mit Sicherheit tot.«
»Er hat sich euch nicht in den Weg gestellt. Das waren der Rocaan und sein zauberkräftiges Weihwasser.«
»Also glauben die Leute, daß ihre Religion sie gerettet und ihre Regierung sie im Stich gelassen hat.«
»Jawohl, Herr.«
»Und sie werden nicht trauern.«
»Nein, Herr.«
Rugar nickte. Er verschränkte die Hände hinter dem Rücken und ging vor der geschlossenen Tür auf und ab. »Was ist mit seinem Sohn?«
»Was soll mit ihm sein?«
»Wird das Volk ihn anerkennen?«
»Es gibt keine andere Möglichkeit, Herr. Er ist der nächste König.«
»Willst du damit sagen, daß sie Vorbehalte haben?«
»Ja, Herr.«
»Weil er Alexanders Sohn ist?«
»Weil er eine Fey geheiratet hat.« Adrian biß sich auf die Unterlippe. Rugars Tochter. »Herr.«
Rugar unterbrach seine Wanderung und blickte Adrian über die Schulter an. »Also wird die Regierung instabil sein.«
Ein Ast fiel knackend ins Feuer. Adrian zuckte zusammen. Er zwang sich, tief Luft zu holen, bevor er antwortete. »Nicht instabil. Unbeliebt. Das ist ein Unterschied.«
»Unbeliebte Regierungen fordern Putschversuche heraus«, sagte Rugar.
Adrian schüttelte den Kopf. »Nicht bei uns. Der König ist ein direkter Nachfahre des Roca. Seit hundert und aberhundert Jahren ist die direkte Erbfolge ungebrochen.«
»Und was ist mit eurem Bauernaufstand? Das war doch ein Putschversuch, oder etwa nicht?«
Adrian leckte sich die Lippen. Den Bauernaufstand hatte er noch nie richtig begriffen. »So wie ich es verstanden habe, hat eine Gruppe von Bauern aus den Sümpfen nicht die erwartete Hilfe vom König erhalten und die Sache selbst in die Hand genommen.«
»Du nennst es also einen Aufstand.«
»Es war kein Putschversuch.«
»Aber erfolgreich ist er nicht gewesen.« Rugar ließ sich anmutig gegen die Tür sinken. Verglichen mit den Fey, fühlte sich Adrian immer steif und unbeholfen. »Und wenn es einen neuen Aufstand gäbe? Was wäre, wenn er Erfolg hätte?«
Trotz der Hitze des Feuers fröstelte Adrian. Er spürte einen Kloß im Magen. »Was habt Ihr getan?« flüsterte er.
Rugar lächelte langsam. Das Lächeln machte seine Züge nicht weicher, er sah nur noch grimmiger aus. »Was geht das dich an? Du lebst im Schattenland.«
»Aber mein Sohn lebt draußen. Was habt Ihr getan?«
»Wie unhöflich für einen Diener, so mit seinem Herrn zu sprechen.«
Adrian holte tief Luft. Das war eine Warnung. Und Warnungen waren das einzige, wonach Adrian sich richten konnte. Er wußte nie, ob die Fey sich plötzlich gegen ihn wendeten, die Vereinbarung brechen, die er mit Jewel geschlossen hatte, oder seinen Sohn abschlachten würden. Trotzdem konnte Adrian sich nicht überwinden, sich bei Rugar zu entschuldigen. Alles, wozu er sich durchringen konnte, war zu schweigen.
Rugar stieß die Tür auf. »Besorg mir was zu essen. Ich nehme alles, was die Domestiken dahaben.«
Adrian schluckte. »Jawohl, Herr.«
Er durchquerte den Raum und ging so dicht an Rugar vorbei, daß er den schwachen, moschusartigen Schweißgeruch des Mannes wahrnahm. Adrian hielt die Lider gesenkt, nicht, weil er versuchte, ein guter Diener zu sein, sondern weil er den Haß in seinen Augen vor Rugar verbergen wollte.
Sobald Rugar Haß sah, würde er wissen, daß er gewonnen hatte.
Adrian nahm die Stiefel in eine Hand, so daß er die Tür öffnen und endlich der erstickenden Enge von Rugars Hütte entfliehen konnte.
»Du wolltest doch wissen, was ich getan habe«, sagte Rugar.
Adrian hielt mit dem Rücken zu Rugar inne, die Hand schon auf der Klinke. »Ich habe dem Chaos Tür und Tor geöffnet.«
Adrian fröstelte noch heftiger.
»Ich habe deinen Guten König Alexander ermordet.« Rugar
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