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Fey 04: Die Nebelfestung

Fey 04: Die Nebelfestung

Titel: Fey 04: Die Nebelfestung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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und solide in seiner Hand, aber er konnte ihn nicht mehr sehen. Grelles Licht drang durch Spalten und Risse im grauen Nichts. Der Boden bebte. Überall kamen schreiende und weinende Leute aus den Häusern gerannt. Wind fuhr ihm durchs Haar, ein Wind, der stark und frisch roch. Aus dem Himmel brachen Teile heraus und fielen rings um ihn herab. Große Brocken des grauen Nichts landeten auf dem Boden und fielen dann hindurch.
    Die Hütte seines Großvaters krachte durch die Bodenlöcher und zerbarst, als sie weiter unten auf der Erde aufschlug. Der Torkreis rotierte wie wahnsinnig, während immer mehr Leute durch ihn hindurchsprangen und sich vom Erdring wegrollten. Große, hohe, spindeldürre Gebilde umringten den Erdring. Sie waren leuchtend grün. Burden hatte ihm einmal erzählt, das seien Bäume. Ein so helles Grün hatte Gabe bisher nur in seinen Träumen gesehen, in der Welt, in der seine Schwester lebte.
    Noch eine Hütte fiel in sich zusammen, dann noch eine und noch eine. Das Domizil bebte. Seine Mutter befand sich darin. Sie war nicht in der Lage zu fliegen. Sein Vater stob an ihm vorbei und rief ihm zu, er solle schnell wegrennen. Die Leute stießen einander über den Haufen, um rasch zum Torkreis zu gelangen. Jetzt kamen auch die Domestiken herausgeeilt. Niemand stand seiner Mutter mehr bei.
    Gabe rannte auf das Domizil zu, wobei er mit seinem leichten Gewicht Löcher in den Boden stanzte. Seine Füße verfingen sich in den Löchern, doch seine Geschwindigkeit hinderte ihn daran, gänzlich hindurchzubrechen. Er erreichte das Domizil …
    … und bemerkte, daß er bereits am Pfeiler lehnte, dessen Splitter sich in seine Handflächen bohrten. Sein Mund stand offen und war ganz trocken, sein Kinn war von heruntergelaufenem Speichel verschmiert. Er setzte sich auf und wischte sich das Gesicht mit dem Ärmel ab.
    Das graue Nichts umgab ihn, wie es ihn schon immer umgeben hatte. Der Nebel um seine Füße war dichter geworden. Dem Domizil war nichts geschehen. Es schrie auch niemand. Trotzdem klopfte sein Herz noch wie wild. Er kam sich vor wie einem Alptraum entronnen.
    Dann sah er sich nach Traumreitern um, konnte jedoch keinen einzigen erblicken, auch sein Großvater war nirgendwo zu sehen. Gabe war allein. Er war schon viel zu lange allein.
    Er holte tief und zitternd Atem. Alles lief schief. Es würde noch schlimmer werden. Er mußte jemandem mitteilen, daß er eine Vision gehabt hatte. Alles hier würde auseinanderbrechen. Die Leute würden sich in panischer Flucht gegenseitig verletzen.
    Niemand würde seine Mutter retten.
    Er mußte es jemandem mitteilen, aber er wußte nicht, wem.
    Sein Großvater wußte bestimmt, was zu tun sei, aber sein Großvater hatte anderen Leuten weh getan. Gabe durfte seine Mutter nicht sehen, und sein Vater war noch nicht zurückgekommen.
    Er war allein.
    Ganz allein.

 
30
     
     
    Adrian kauerte am Flußufer. Die Hosen, die Fledderer für ihn gestohlen hatte, waren zu eng und kniffen an allen falschen Stellen. Aber Adrian mußte gestohlene Kleider tragen. Seine eigenen waren zu gefährlich.
    Coulter hockte neben ihm. Die neuen Kleider des Jungen waren zu groß, aber es schien ihm nichts auszumachen. Während der letzten drei Tage hatte er sich von seiner Furcht vor den neuen Eindrücken gelöst und erfreute sich jetzt überschwenglich an jeder Kleinigkeit. Fledderer hatte gemeint, auch das sei normal. Sobald sich die Sinne an den Überfluß gewöhnt haben, fange der Körper zu feiern an. Coulter konnte stundenlang ein Blatt oder einen Grashalm betrachten. Wiederholt hatte ihm Adrian erklären müssen, daß manche dieser Pflanzen giftig seien, denn Coulter wollte am liebsten alles probieren und schmecken. Es war fast so, als durchliefe er ein Stadium seiner frühen Kindheit noch einmal.
    Fledderer hielt ihre alten Kleider an die Brust gedrückt. An dieser Stelle stieg das Flußufer ein wenig an und machte einen Bogen zum Land hin. Der Streifen war auf jeder Seite von Bäumen und von oben durch mächtige Äste und Zweige geschützt. Hier konnten die drei nur vom Fluß her gesehen werden.
    Fledderer hatte Adrian dahingehend beruhigt, daß niemand sie auf dem Fluß suchen würde.
    Der Ausflug mißfiel Adrian ganz und gar, doch es war der erste Schritt ihres Plans, die Fey an der Nase herumzuführen. Nachdem sie sich von ihren Kleidern getrennt hatten, wollten sie auf der Straße weitergehen. Fledderer hatte erklärt, daß die Fey nach zwei Leuten suchten, nicht nach drei.

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