Fey 04: Die Nebelfestung
Gefangenen.«
»Jawohl.«
»Ich habe Euch ja gesagt, er hat Jewel ermordet.«
»Ich weiß, Hoheit«, sagte Stowe. »Tut mir leid.«
»Mir auch«, erwiderte Nicholas. Er sah seine Frau an. Die Porträtmaler hatten ihre Züge erfaßt, aber nicht ihre Lebendigkeit. Das Gemälde hatte eine flache, unlebendige Qualität. Er vermißte sie. Er vermißte sie mit jedem Augenblick, mit jedem Gedanken, mit jedem Blick auf ihre Kinder. Sie hätte gewußt, was es mit Sebastians eigenartigem Verhalten auf sich hatte, und sie hätte gewußt, wie man sich am besten um Arianna kümmerte, ohne sie der Obhut Fremder zu überlassen.
Unser Junge. Bald schon würde Arianna ihr Mädchen sein.
Aber nicht, solange er es verhindern konnte.
»Hoheit?«
Nicholas nickte und wandte sich Stowe zu. »Die Wache soll ihn suchen. Jetzt gehört er uns.«
»So einfach ist das nicht, Hoheit.« Stowe sprach bedächtig, als hätte er die Worte auswendig gelernt. Er hatte genug Zeit gehabt, darüber nachzudenken, zumal er wußte, wie Nicholas auf die Neuigkeiten reagieren würde.
Allzu schwer war es nicht zu erraten gewesen.
»Ich finde, es liegt alles auf der Hand«, meinte Nicholas. »Er ist nicht mehr Rocaan, und er hat noch einen Mord begangen. Dafür muß er wie jeder andere Bürger bestraft werden.«
»Hoheit«, sagte Lord Stowe, »Ihr dürft jetzt nicht rachsüchtig erscheinen.«
»Darf ich nicht?« Nicholas hob die Augenbrauen. »Wem gegenüber denn nicht? Den Inselbewohnern? Das wäre wirklich ein Problem, was? Was aber ist mit den Fey? Sie erwarten Rache. Wenn ich sie nicht ausübe, stehe ich als Schwächling da.«
»Ihr müßt keine Rache verüben«, sagte Stowe. »Matthias hat Euch diese Entscheidung leichtgemacht. Er ist weg. Mehr müßt Ihr nicht wissen.«
Nicholas schüttelte den Kopf. Es war keineswegs alles, was er wissen mußte. Er mußte wissen, daß Jewels Mörder seiner gerechten Strafe zugeführt wurde. Er mußte wissen, daß Matthias kein gesundes und erfülltes Leben vergönnt war.
»Ihr müßt ihn ziehen lassen«, sagte Stowe. »Als König.«
Über diesen Rat wollte Nicholas nachdenken. Er legte die Hände auf den Rücken, damit Stowe nicht sah, wie sie zitterten. »Wer ist der neue Rocaan?«
»Genau das ist das Problem«, sagte Stowe. »Es gibt keinen.«
Nicholas unterdrückte einen Seufzer. »Dann soll ich also ihr Oberhaupt sein?«
Stowe schüttelte den Kopf. »Der Rat tagt gerade. Die Ältesten werden einen neuen Rocaan wählen.«
»Und was ist mit dem Weihwasser?« fragte Nicholas. Er war diesbezüglich unentschlossen. Einerseits war er besorgt, daß niemand es mehr herstellen konnte, andererseits fühlte er sich erleichtert. Seine Kinder würden nicht den gleichen Tod wie ihre Mutter erleiden müssen.
»Matthias hat einen Daniten in die Geheimnisse eingeweiht.«
Nicholas’ Lippen verzogen sich zu einem schiefen Lächeln. Trotz seines Mangels an Ehrgeiz schien Matthias genug davon besessen zu haben. »Einem Daniten.« Nicholas lachte trocken auf. »Wenigstens hat er sie überhaupt weitergegeben.«
»Wenigstens«, ergänzte Lord Stowe, »hat er in dieser Hinsicht auf Euch gehört.«
»Vielleicht sogar noch mehr. Er wußte, daß ich ihm den Mord an Jewel nicht durchgehen lassen würde. Der zweite Mord ist der Tropfen, der das Faß zum Überlaufen bringt.«
»Sire, noch eine Sache.«
Nicholas haßte diesen Ton. Er wußte, daß ›noch eine Sache‹ schlechte Nachrichten verhieß. »Was denn?«
»Der tote Fey ist Burden.«
Jewels Freund. Derjenige, der für die Siedlung verantwortlich gewesen war. Derjenige, der Jewel kurz nach ihrem Tode geküßt hatte. Burden. Der am Tag, als sie ihren Waffenstillstand mit den Inselbewohnern verkündet hatte, wie ein Geliebter neben ihr gesessen und über sie gewacht hatte.
Hatte Matthias etwas gewußt, was Nicholas nicht wußte?
»Dann hat Burden also das Attentat auf Matthias angeführt?«
Stowe nickte.
»Das habt Ihr mir nicht berichtet«, sagte Nicholas.
»Ein Page kann nur einen gewissen Umfang übermitteln. Ich sah keinen Sinn darin, daß Ihr sofort ins Verlies aufbrecht, um mehr über den Zwischenfall herauszufinden.«
»Es war mir egal, ob sie Matthias töteten oder nicht. Ich dachte mir, wenn sie es schaffen, soll es mir recht sein. Ich wollte nichts von ihren Plänen wissen, sonst hätten sich meine königlichen Beweggründe nur wieder mit denen des Ehemannes streiten müssen. Das wollte ich vermeiden.«
»Jetzt müßt Ihr Euch darüber keine Sorgen
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