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Fey 04: Die Nebelfestung

Fey 04: Die Nebelfestung

Titel: Fey 04: Die Nebelfestung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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gehört. Der König glaubte, der Rocaan habe seine Frau umgebracht, und einige andere waren der gleichen Meinung. Von den Köchen glaubten sogar einige, der Rocaan wolle auch noch den König ermorden und dann seinen Platz einnehmen.
    Aber würde der Rocaan dazu einen Aud einsetzen?
    Das kam ihr nicht sehr klug vor. Erst an diesem Nachmittag hatte sie gehört, man habe den Rocaan gezwungen, Jahn zu verlassen. Sie hatte aber auch gehört, er habe im Verlies einen Fey getötet, und wußte nicht, was sie nun glauben sollte.
    Und jetzt stand ein Aud direkt vor dem Eingang zur Krönungshalle.
    Ein Aud, der zu groß für einen Aud war. So groß wie der Rocaan.
    Sie schluckte und wich langsam zurück. Wollte er sich etwa verkleidet einschleichen? Eine Audienz beim König erbitten? Ihn töten? Was auch immer hier geschah, sie mußte jemanden darüber informieren. Ein Aud hatte normalerweise nichts im Palast zu suchen, zumindest nicht ohne Begleitung einiger anderer Auds, eines Daniten oder eines anderen höheren Würdenträgers.
    Dann zurrte der Aud seine Kutte zurecht, zog sie sogar noch weiter hinunter, und die Kapuze tiefer ins Gesicht. Seine Hand blieb dabei im Dunkeln verborgen.
    Ein Schrecken durchfuhr sie, ein heftiger, spitzer, durchdringender Schrecken. Sie blickte nach hinten. Fußspuren. Ihre eigenen Fußstapfen, die in den Korridor hinein und wieder hinaus führten. Er würde sofort bemerken, daß er gesehen worden war. Er würde wissen, daß sie ihn gesehen hatte.
    Jetzt blieb ihr nur noch eine Wahl.
    Sie eilte zu der Stelle zurück, von der aus sie ihn entdeckt hatte. Dort ließ sie sich auf alle viere nieder und fing zu schrubben an. Es war zwar nicht sehr logisch, ausgerechnet dort anzufangen, aber auf diese Weise ließen sich die doppelten und dreifachen Fußspuren wieder entfernen. Sie achtete darauf, die Eimer in seine Richtung zu stellen, damit sie jedesmal, wenn sie den Lappen auswrang, einen Blick auf ihn werfen konnte.
    Er hatte sie noch nicht entdeckt. Er spähte in den anderen Korridor, als sei er nicht sicher, welche Richtung er einschlagen wollte.
    Sie schrubbte so fest, daß ihr der Arm weh tat. Sie hinterließ kleine Streifen auf dem Fußboden, die sie später noch mal sauberwischen mußte. Sie kniete auf einem Marmorfußboden und reinigte ihn völlig falsch, doch sie hoffte, daß ihm das nicht auffiel.
    Jetzt kam er auf sie zu. Seine Schritte klangen fest und entschlossen auf dem Marmor, was sie irritierte. Auds gingen sonst immer geräuschlos.
    Als er näher kam, rückte sie die Eimer zur Seite. »Vergebt mir, Frommer Herr«, sagte sie. Zum Glück fing ihre Stimme nicht zu zittern an. »Ich habe Euch nicht gesehen.«
    Er nickte kurz im Vorübergehen, das Gesicht im Schatten seiner Kapuze verborgen. Anscheinend schenkte er ihr kaum Beachtung. Statt dessen blickte er sich um, als suchte er jemanden.
    Oder etwas.
    Als er die Gabelung des Korridors erreicht hatte, ließ er den Weg zur Küche links liegen und ging statt dessen eilig auf die Treppe zu.
    Die Treppe zum Flügel der Königlichen Familie.
    Sie warf ihren Lappen in den Wassereimer. Ein Spritzer traf sie im Gesicht. Sie mußte zum König, egal, was der Haushofmeister dazu sagte. Sie mußte. Er mußte davon in Kenntnis gesetzt werden.
    Der Aud trug Stiefel, und die Hand, die sie auf der Kutte gesehen hatte, war nicht verdeckt gewesen.
    Sie war dunkelhäutig gewesen.
    Und lang.
    Und schlank.
    Wie die Hand eines Fey.

 
33
     
     
    Sebastian schrie.
    Solanda wirbelte herum. Das Kindermädchen hockte bereits vor ihm und hielt ihn an der Schulter. Er hatte die Hände vor den Mund geschlagen, die Augen weit aufgerissen, und warf den Kopf vor und zurück.
    Dann gab er wieder dieses Geräusch von sich. Es war eigentlich kein Schrei. Es hörte sich eher an, als würde man unablässig zwei Steine aneinanderreihen. Er zog sich in die Ecke zurück und blickte auf die Tür, als hätte er Angst, sie könne ihm etwas antun.
    Solanda ging zu ihm. Er sah sie nicht einmal an. Seine Augen waren so leer wie immer. Die fremde Person beobachtete sie nicht, auch handelte es sich nicht um den verblüffenden Ausbruch von Intelligenz, den sie manchmal bei ihm feststellte.
    Er war nichts als der Klumpen, der Golem, das aus Stein gefertigte Geschöpf, und es schrie.
    Der Gedanke jagte ihr Wogen des Schreckens vom Magen bis zum Herzen hinauf.
    Arianna fing mit tiefen, abgehackten Schluchzern zu weinen an. Solanda wußte nicht, ob sie wegen des Klumpens oder aus einem

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