Fey 04: Die Nebelfestung
wurde allmählich leiser.
»Jawohl, Sire.« Monte klang kummervoll, als könnte er allein durch seinen Tonfall die Unverschämtheit dieser Unterhaltung wettmachen. »Wir hielten es für richtig, mit Euch darüber zu reden, bevor die ganze Angelegenheit aus dem Ruder läuft.«
»Tatsächlich?« Nicholas hielt seine Stimme tonlos. Stowe war gefährlich nahe daran, seine Kompetenzen zu überschreiten. Nicholas ließ es nur zu, weil er sich so allein fühlte, weil er eine Anleitung brauchte, egal woher. »Ihr belauscht eine private Unterhaltung und fühlt Euch auch noch dazu berechtigt, Euch einzumischen?«
Als sie den Treppenabsatz erreicht hatten, verlangsamte Stowe seine Schritte. Nicholas nicht. Er schwenkte herum und stieg höher hinauf. »Es betrifft uns alle«, sagte Stowe.
»Alles, was ich tue, betrifft Euch«, sagte Nicholas. »Das liegt in der Natur unserer Beziehung.«
»Sehr wohl, Sire, aber hier geht es um etwas weitaus Gefährlicheres.«
Nicholas blieb eine Stufe weiter oben stehen, drehte sich um und blickte auf die beiden Männer herab. Stowes Gesicht war verhärmt und das von Monte angespannt vor Furcht. Sie fühlten sich ebenso unwohl in dieser Situation wie Nicholas.
Doch er wollte es ihnen nicht angenehmer machen.
»Sagt es mir jetzt«, sagte Nicholas, »dann denke ich darüber nach.«
Stowe nickte kurz. »Sire, wenn der Rocaan stirbt, ohne die Geheimnisse weitergegeben zu haben, könnten wir alle sterben.«
»Das bezweifle ich. Die Fey greifen bestimmt nicht sofort an.«
»Aber wenn es soweit ist, können wir auf kein Gegenmittel zurückgreifen«, sagte Stowe. »Wir werden verlieren. Und dann wird Rugar unser Anführer.«
»Rugar wird uns nicht anführen. Ich habe die Kinder.«
»Säuglinge«, sagte Stowe, »und, verzeiht mir, Sire, aber einer davon ist schwächlich. Wir können nicht warten, bis sie groß sind. Ohne Weihwasser halten wir uns keine zwei Tage.«
»Ihr habt alle Angst um eure Haut«, sagte Nicholas und machte sich wieder an den Aufstieg.
»Hoheit!« Montes Stimme klang schneidend zwischen den steinernen Wänden. »Ich bitte Euch!«
»Nein«, sagte Nicholas und stieg weiter die Treppe hoch. Im zweiten Stock war niemand zu sehen. Der Korridor lag in Dunkelheit gehüllt. »Ich glaube, Ihr habt mich nicht recht verstanden. Ich möchte, daß sie ihn umbringen. Wenn es mir möglich gewesen wäre, hätte ich ihn eigenhändig getötet.«
Er blieb auf dem obersten Treppenabsatz stehen und holte tief Luft. Er kam nicht gerne auf diesem Weg herauf, aber noch mehr verabscheute er den Weg durch den Großen Empfangssaal. Jewels Leichnam lag nicht mehr dort, doch jedesmal, wenn er die Augen schloß, sah er ihn vor sich. Die einzige Erinnerung, die er momentan an sie hatte, war die an ihren Tod.
Stowe blieb neben ihm stehen. »Das verstehen wir sehr wohl, Sir«, sagte er sanft. »Aber es deckt sich nicht mit den Staatsinteressen. Verzeiht mir, Sire, wenn ich außerhalb der Reihe das Wort ergreife, aber Ihr solltet an die Belange der Blauen Insel denken.«
»Ich denke an die Belange der Blauen Insel«, antwortete Nicholas. »Schließlich habe ich ihn heute nachmittag nicht umgebracht.«
»Dann erlaubt uns, ihn zu beschützen.« Der Satz platzte aus Monte, der hinter Nicholas stand, förmlich heraus.
Nicholas wandte sich um. »Den Mann beschützen, der Eure Königin ermordet hat?«
»Nehmt ihn fest, Sire, aber laßt ihn nicht sterben«, sagte Stowe.
»Ihn festnehmen? Und was dann? Das Volk würde sich in diesem Fall ebenso gegen mich wenden, als hätte ich ihn eigenhändig getötet!«
»Nicht, wenn Ihr versichert, die Vorfälle untersuchen zu lassen. Nicht, wenn Ihr ihn zwingt, einen geschäftsführenden Rocaan zu benennen.«
»So etwas ist noch nie geschehen!« sagte Nicholas.
»Bisher bestand dazu noch kein Anlaß«, erwiderte Stowe. »Jetzt schon. Die Worte sehen für einen solchen Fall nichts vor, ebensowenig die Kirchengeschichte. Aber es könnte für Euch der erste Schritt bei der Ablösung des Rocaan sein. Ihr könntet ihn sogar in diesem Sinne ankündigen.«
»Dann spielt Matthias mit uns wie mit einer Maus und rückt die Geheimnisse nie heraus. Wenn er weiß, daß die Geheimnisse sein Leben aufwiegen, wird er sie für sich behalten, bis er an Altersschwäche stirbt. Nein.« Nicholas ging den Korridor entlang. Seine Stiefel knallten auf den Steinboden.
Monte hastete hinter ihm her. »Ich bitte Euch, Sire, dann laßt ihn uns wenigstens beschützen. Ihr sagtet, die Fey
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