Fey 04: Die Nebelfestung
würden innerhalb der nächsten Tage zuschlagen. Laßt uns das verhindern. Anschließend könnt Ihr die Angelegenheit mit dem Rocaan in aller Ruhe bereinigen.«
»Ihr versteht mich nicht«, erwiderte Nicholas. »Ich will, daß er stirbt.«
Stowe holte Nicholas und Monte ein und wandte sich an Monte: »Laßt uns allein.«
»Ich dachte, wir wollten das gemeinsam besprechen.«
»Aha«, sagte Nicholas. »Ihr habt also alles bereits auf dem Ritt zurück ausgeheckt. Sehr nett.«
»Hoheit«, sagte Stowe. »Ich bitte Euch. Hört mich an. Unter vier Augen.«
Nicholas seufzte. Ohne eine ordentliche Diskussion würde er die beiden nicht loswerden. »Na schön. Laßt uns allein, Monte.«
Monte nickte, verneigte sich und eilte wieder die Treppen in die Küche zurück. Nicholas stieß die Hände in die Taschen seiner Kniehosen.
»Beeilt Euch«, sagte er zu Stowe. »Ihr habt es ohnehin schon sehr weit getrieben.«
Stowe verschränkte die Arme. Offensichtlich war er fest entschlossen, sich nicht einschüchtern zu lassen. »Es ist höchste Zeit, daß Ihr mich anhört, Hoheit, nicht als König, sondern als junger Mann. Ihr habt in dieser Woche alles, was Euch etwas bedeutet, verloren, und deshalb seid Ihr noch nicht in der Lage, klar zu denken. Wenn Ihr zulaßt, daß die Fey den Rocaan töten, wird das das letzte Attentat sein. Wir werden in den Krieg ziehen. Und wenn der Rocaan tot ist, haben wir keine Chance, zu gewinnen. Nicht die geringste.«
»Die Fey greifen nicht ihr eigenes Blut an«, sagte Nicholas.
»Dann sind Eure Kinder in Sicherheit. Schön und gut, aber was ist mit all den anderen Kindern? Was ist mit dem Volk, das zu beschützen Ihr Euch verpflichtet habt?«
»Ich habe mich dazu in einer Zeremonie verpflichtet, die von einem falschen Rocaan geleitet wurde.«
»Ihr habt Euch vor Gott verpflichtet«, widersprach Stowe.
Nicholas ballte die Fäuste. Er hatte keine Lust, sich so etwas anzuhören. »So hättet Ihr niemals mit meinem Vater zu sprechen gewagt.«
»Euer Vater hat auch nie seine Pflichten vergessen.«
»O doch«, sagte Nicholas. »Am Tag der Invasion versteckte er sich in seinem Kriegszimmer.«
»Aber nur, weil das Schicksal der Blauen Insel im Fall seines Todes ohnehin besiegelt gewesen wäre. Ihr wart noch zu jung, um seine Nachfolge anzutreten. Die Fey hätten gewonnen, so oder so.« Stowe sprach mit so viel Nachdruck, daß er am ganzen Körper bebte. Er hatte allem Anschein nach ebenfalls nicht geschlafen, und er war einer der von seinem Vater am meisten geschätzten Ratgeber gewesen. Unter dem Gepolter und den großen Worten hatte Stowe Angst, große Angst. Nicholas hatte ihn nur einmal so entsetzt gesehen – am Tag, als die Fey kamen.
»Ich darf Matthias gegenüber nicht klein beigeben«, sagte Nicholas. »Ich darf einen Mord nicht ungestraft lassen. Solange er Rocaan ist, ist es mir unmöglich, mit den Fey zu einer Verständigung zu kommen, kann ich meine Kinder in keine Kirche bringen, und ich kann auch nicht das Staatsoberhaupt sein, das ich sein muß.«
Stowe atmete schwer aus und legte eine Hand aufs Gesicht. Er massierte sich die Schläfen, als leide er unter gräßlichen Kopfschmerzen.
»Wenn ich ihn gefangennehme, verrät er die Geheimnisse nicht«, sagte Nicholas. »Im Gegenteil, er wird sie gegen uns einsetzen wie eine Waffe. Wenn er aber genug Angst vor den Fey hat, gibt er die Geheimnisse möglicherweise an einen anderen weiter.«
»Er hat zuviel Angst vor seinen eigenen Ältesten«, sagte Stowe. »Und ich glaube, er kümmert sich nicht genug um den Tabernakel.«
Nicholas schüttelte den Kopf. »In diesem Punkt täuscht Ihr Euch, Mylord. Matthias hat den Tabernakel seit jeher geliebt. Er liebt seine Geschichte und seinen Einfluß. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem er Rocaan wurde, war er die Stimme der Vernunft in diesem Gebäude. Es war falsch, ihn zum Rocaan zu machen. Er verfügt nicht über die … ich weiß nicht … über die richtigen Fähigkeiten. Er ist kein politischer Mensch, und er weiß nicht, wie er seine Macht einsetzen soll, außerdem fürchtet er sich davor, daß jemand herausfindet, daß er eigentlich auf dem falschen Posten sitzt.« Die letzten Worte hatte Nicholas sehr leise gesprochen, eigentlich eher vor sich hin gemurmelt. Kein Wunder, daß Matthias so bedacht darauf war, möglichst alles für sich zu behalten. Es war die einzige Möglichkeit, sich zu schützen. Vielleicht hatte Stowe recht. Wenn Nicholas ihm Schutz gewährte, gab Matthias die Geheimnisse
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