Fey 04: Die Nebelfestung
erwiderte Matthias.
Die Welt schien zu wanken. Auch Stowe schob sich jetzt näher an Burden heran. Die Muskeln an Matthias’ linkem Arm traten hervor, so verkrampft hielt er noch immer die Weihwasserflasche fest. Wenn er nicht aufpaßte, zerbrach er sie.
»Das stimmt. Ihr seid kein Fey«, sagte Burden. »Aber Ihr habt Zauberkräfte. Ihr seid aus dem Traum ausgebrochen.«
Matthias schüttelte den Kopf. Sein Gesicht war noch blasser als zuvor. Ein schlanker Danite stellte sich neben ihn und nahm ihn mit einer Vertraulichkeit beim Arm, die Stowe noch nirgendwo im Tabernakel gesehen hatte. »Besser, wir gehen jetzt«, sagte der Danite.
»Laß mich in Ruhe, Titus«, herrschte ihn Matthias an und riß sich los. »Ich verfüge über keinerlei Zauberkräfte. Wahrscheinlich war es nur ein schwacher Bann.«
»Nachtschatten ist … war … unser Bester«, sagte Burden. »Niemand konnte sich aus seinen Träumen lösen. Nicht einmal die Rotkappen. Keiner, mit Ausnahme von Fey, die selbst der Magie fähig sind.«
Matthias machte noch einen Schritt. Seine Augen wirkten glasig. Stowe ging auf ihn zu und drängte sich dabei gleichzeitig zwischen Burden und den Rocaan. Er wußte, daß er Burden wegschaffen lassen mußte, aber in diesem Augenblick konnte er es nicht tun. Dafür war er zu sehr auf den Ausgang dieses Disputs gespannt.
»Du lügst«, sagte Matthias.
»Warum sollte ich das tun?« Burdens Stimme klang ernst. »Dafür besteht kein Grund. Besonders jetzt nicht.«
»Du bildest dir ein, daß ich dich laufenlasse, wenn du mir einredest, wir seien verwandte Geister.«
»Damit rechne ich nicht«, erwiderte Burden. »Aber ich finde, Ihr solltet wissen, was Ihr seid.«
»Ich bin der Rocaan!« brüllte Matthias. Speichel flog aus seinem Mund, und er sah tatsächlich ein wenig wahnsinnig aus.
»Und derjenige, der herausfand, daß euer ›Weihwasser‹ wie ein Gift wirkt, oder irre ich mich?«
»Das stimmt.« Porcilunas Stimme kam aus dem Hintergrund. Stowe warf ihm einen raschen Blick zu. Er traute Porciluna nicht über den Weg. Der Mann gehorchte nur seinem Ehrgeiz.
»Und jetzt ist es ihm gelungen, einem unserer verhexten Attentäter zu entwischen.« Burden schüttelte den Kopf. »Ich habe nachgedacht, und es kommt mir merkwürdig vor, daß Ihr drei Attacken überlebt habt. Ich glaube, Ihr solltet Euch mit unserer Schamanin unterhalten.«
»Damit sie mich tötet?« fragte Matthias. »Ich bin kein Narr, Burden.«
»Nein«, antwortete Burden. »Ihr verfügt über eine mächtige Zauberkraft. Euer Glaube an den militärischen Nutzen dieses Giftes ist so stark, daß Ihr uns alle davon überzeugt habt.«
»Soll das heißen, das Weihwasser verliert seine Wirkung, sobald wir nicht mehr daran glauben?« fragte ein Wachsoldat. Stowe stieß ihn an, doch es war zu spät. Die Frage war heraus.
»Es wird auch weiterhin funktionieren. Ihr habt seine Eigenschaften verändert. Jetzt ist sein Zauber ein Teil der Mischung. Das Zeichen eines sehr mächtigen Magiers. Und Ihr habt den Angriff eines verhexten Attentäters überlebt.«
»Das war doch nur ein junger Bursche. Ein Junge von der Insel, der mich eigentlich gar nicht töten wollte«, sagte Matthias mit bebender Stimme.
»Ich selbst habe ihn mit dem Bann belegt«, sagte Burden. »Ich steckte hinter diesem Angriff. Nur wenige Fey hätten ihm entkommen können. Und niemand bricht den Zauber eines Traumreiters. Niemand.«
»Du lügst!« Matthias schleuderte die Weihwasserflasche in Burdens Richtung. Stowe trat einen Schritt näher heran und fing sie in der Luft auf. Das Wasser ergoß sich über seine Hand. Er drehte sich um. Burden duckte sich hinter die Wachen.
Er war in Sicherheit.
»Bringt ihn hier raus«, befahl Stowe.
Das ließen sich die Wachen nicht zweimal sagen und führten Burden eilig die Treppe hinunter. Titus nahm Matthias’ Hand und fing an, sie zu verbinden. Matthias starrte hinter Burden her, als hätte der ihm ins Gesicht geschlagen.
»Ich kann nicht glauben, daß Ihr einen wehrlosen Mann töten wolltet«, sagte Stowe. »Ihr habt kein Mitleid.«
»Nein, habe ich nicht«, erwiderte Matthias mit tonloser, gefühlsleerer Stimme. »Nicht mit Dämonen.«
DER DIEB
(Am nächsten Tag)
19
Streifer trat durch den Torkreis. Im Vergleich zum Wald fühlten sich die Schattenlande kalt und klamm an, obwohl er wußte, daß es drinnen sogar wärmer als in der kühlen Waldluft draußen war. Sein kahler Kopf war zerkratzt, hier und dort hingen
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