Fey 05: Der Schattenrpinz
geschüttet. Er verstand nicht, wovon Coulter sprach. Und er wußte nicht, ob er es überhaupt verstehen wollte.
Coulter nickte. Er legte Adrian die Hand auf den Rücken. »Bring mich zu Gabe«, bat er.
»Aber du hast doch gesagt …«
»Vielleicht täusche ich mich ja.« Coulter holte tief Luft, warf einen Blick in Richtung Süden und fügte hinzu: »Er ist Visionär, ich bin Zauberer. Hätten wir eine Armee hinter uns, wären wir gut gerüstet.«
»Um gegeneinander zu kämpfen?«
»Gegen die drohende Gefahr. Wir würden sie gemeinsam bekämpfen.«
Dann schritt er durch das Gras davon, bevor Adrian eine weitere Frage stellen konnte.
29
Langsam tauchte Matthias aus tiefer Bewußtlosigkeit auf. Es war anders als das normale Aufwachen. Um aufzuwachen, mußte man schlafen. Jetzt hatte er eher das Gefühl, als funktionierte sein Verstand allmählich wieder. Der dumpfe Schmerz hatte die ganze Zeit über angehalten. Er war sich dessen bewußt gewesen, je näher der Moment heranrückte, in dem er schließlich die Augen aufschlug.
Die Schnittwunden auf seinem Gesicht sandten jähe Schmerzwellen durch seinen Körper. Schnittwunden auf Schultern und Armen peinigten ihn. Seine Beine waren schwer vor Erschöpfung, die Arme hingen bleiern und nutzlos herab. Seine Lunge brannte.
Matthias öffnete die Augen. Das Zimmer war ihm unbekannt. Eine einzige Kerze flackerte auf dem Nachttisch, und Wachs tropfte auf die hölzerne Oberfläche. Die Matratze roch schmutzig, der Boden hätte dringend gewischt werden müssen. Im Zimmer gab es kein einziges Fenster, und durch die geöffnete Tür konnte man in die Küche blicken. Dort war das Herdfeuer erloschen, ein paar Kerzen brannten, und neben dem geöffneten Fenster saß eine Frau.
Sie war noch jung, etwa Mitte Zwanzig, und beugte sich über einen Stickrahmen. Mit ernstem Gesicht führte sie geschickt die Nadel durch den gespannten Stoff. Ihr Haar hatte einen rötlichen Schimmer, der darauf schließen ließ, daß ihre Familie von den Blutklippen stammte.
Matthias räusperte sich, um ihr auf diese Weise zu zeigen, daß er aufgewacht war, und versuchte sich im Bett aufzusetzen. Ein Fehler. Sofort überfiel ihn ein Schwindelgefühl, in seinen Ohren rauschte es.
Augenblicklich stand sie neben seinem Bett.
»Ihr müßt liegenbleiben«, sagte sie. »Euer Körper is’ ganz schön mitgenommen, jawoll. Ihr braucht Ruhe, nix als Ruhe.«
Der Akzent war etwas zu schnell für die Klippen. Er runzelte die Stirn. Der Aussprache nach kam sie eher aus den Kenniland-Sümpfen.
»Ich kann hier nicht bleiben«, gab er zurück.
»Ihr werdet’s wohl müssen. Einer hat versucht, Euch umzulegen. Ihr könnt jetzt nit einfach rausgehn, so mitten in der Nacht.«
»Hast du es gesehen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Mein Bruder hat Euch gefunden und hergeschleppt. ’s heißt, ich hätt’ heilende Kräfte, aber nit immer.«
»Du brauchst auf jeden Fall jemanden, der deine Matratzen aufschüttelt«, sagte Matthias und stöhnte innerlich über seinen undankbaren Ton.
Sie lächelte. »Ein hoher Herr wie Ihr hat halt seine hohen Ansprüch’. Ich hab’ keine Kraft nit, und mein Bruder, na, der verschwindt, wenn’s Zeit zum Arbeiten is’.«
»Und dein Mann?«
Sanft legte sie eine Hand auf Matthias’ Brust und drückte ihn auf das Bett zurück. »Ihr müßt jetzt ruhn.«
»Ich kann nicht bleiben«, protestierte er erneut.
»Ihr könnt nit weg. Ihr schafft’s ja nit mal bis zu der Tür da. Ihr habt so viel Blut verlorn, daß Ihr so weiß aussehn tut wie ein Fisch in der Sonne. Ihr könnt von Glück sagen, daß man Euch gefunden hat. Heute morgen wärt Ihr schon eine Leich’ gewesen.«
Matthias erschauerte. Wahrscheinlich hatte sie recht. So wie er sich fühlte und nach dem, was er an jenem Abend erlebt hatte, hätte er längst tot sein müssen.
Statt dessen war er immer noch am Leben.
Man braucht Zauberkraft, um zu überleben.
Fast zärtlich ließ die Frau ihre Hand über seine Brust gleiten. »Ich mach’ Euch jetzt ’ne schöne Tasse Tee. Die wird Euch aufmuntern.«
Sie ging zurück in die Küche, und Matthias folgte ihr mit den Augen. Sie trug ein langes rotes Kleid, das seitlich und am Saum mit Goldstickereien verziert war. Es war ein warmes Kleid für die sommerliche Temperatur, aber sie schien es nicht zu bemerken. In dem fensterlosen Zimmer war es allerdings auch herbstlich kühl.
Seine Brust kribbelte an der Stelle, wo sie ihn berührt hatte. Matthias sank in die Kissen
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