Fey 05: Der Schattenrpinz
beeindruckend steil. Die zerklüfteten, blutroten Felsnasen ihrer Gipfel hatten ihnen den Namen gegeben. Eigentlich waren sie ein Teil des nördlichen Gebirgszuges, der sogenannten ›Augen des Roca‹, höher als die Schneeberge im Süden und weitaus gefährlicher.
Dort lebte ein zäher, harter Menschenschlag. Diese Leute glaubten an gar nichts, nicht einmal an den Rocaanismus. Nach seinem Leben im Tabernakel hatte Matthias hier einen idealen Rückzugsort gefunden.
Aber er hatte seine Studien fortgesetzt. Sie waren mehr und mehr zu seiner wahren Religion geworden. Und er hatte einige Dinge herausgefunden, die die wahren Gläubigen in Erstaunen versetzen würden. Er selbst war jedenfalls mehr als verblüfft gewesen.
Immer noch stieg Dampf vom Trog auf. Matthias beugte sich vor. Yeons Schweißgeruch vermischte sich mit seinem eigenen. Sie beschäftigten sich schon viel zu lange mit diesem Schwert. Glücklicherweise stand die Schmiede ganz am Ende einer Sackgasse am äußersten Stadtrand von Jahn. Auds kamen nur selten hier vorbei und Lords überhaupt nicht. Hier wohnten die Ärmsten der Armen, und seit dem Tod des Fünfzigsten Rocaan, der sich besonders um die Benachteiligten gekümmert hatte, war die Gegend in Vergessenheit geraten.
Seit zwei Monaten hielt sich Matthias schon unbemerkt und unerkannt hier auf. Nach fünfzehn Jahren hatte sich nicht nur seine äußere Erscheinung verändert. Damals war er ein hochrangiger Ältester gewesen, der schließlich gegen seinen Willen zum Rocaan gewählt worden war. Sein Selbstwertgefühl hatte sich auf seine Eleganz und seine hervorgehobene Position gegründet. Jetzt war er ein Bürger wie alle anderen auch, mit von der harten Arbeit rauhen Händen und tiefen Falten im wettergegerbten Gesicht. Seine Kleidung war noch immer gut geschnitten – in den Dörfern bei den Klippen gab es ausgezeichnete Schneiderinnen –, aber schmutzig vom langen Tragen.
»Zurück«, brüllte Yeon und schubste Matthias mit seinem muskulösen Arm in einen Heuhaufen.
Matthias ließ sich nach hinten fallen und verbarg den Kopf in den Armen. Mit einem Grunzen landete Yeon neben ihm, und dann explodierte das Schwert.
Kochendes Wasser sprühte wie Regen auf die beiden Männer. In die Tropfen mischten sich kleine Splitter Varin. Matthias bedeckte sein Gesicht und versuchte, die empfindlichen Teile seines Körpers zu schützen. Schon einmal hatten ihn Varin-Brocken getroffen und faustgroße Beulen auf seinem Rücken hinterlassen. Auch jetzt würde er wohl nicht ohne Schrammen davonkommen.
Das Stroh dämpfte Yeons Flüche. Matthias wußte, daß der Schmied Schmähungen auf das Geschlecht des Roca, auf die Heiligkeit des Tabernakels und die Vorliebe des Königs für die Fey ausstieß. Hinter ihnen ertönte ein Zischen, als eine Wasserfontäne in die Esse spritzte. Sie würden die Schmiede erst gründlich saubermachen müssen, bevor sie wieder benutzt werden konnte.
Und dann war es plötzlich vorbei. Matthias hob den Kopf. Auf dem rechten Arm entdeckte er dort, wo ihn kochende Wasserspritzer getroffen hatten, kleine Verbrennungen, und auf dem linken Handrücken bildete sich eine Brandblase.
Trotz der Schmerzen freuten ihn die Verletzungen. Sie bewiesen, daß Menschen auf geschmiedetes Varin genauso reagierten wie gewisse Leute auf Weihwasser.
Vielleicht würde es bei den Fey sogar noch stärker wirken.
Er schob das Stroh über Yeon beiseite.
»Ich weiß wirklich nicht, warum ich mich von Euch habe beschwatzen lassen«, knurrte der Schmied. »Die ganze Sache ist völlig verrückt. Es wird nie funktionieren. Niemand kann Varin zu einem Schwert schmieden. Niemand kann überhaupt irgend etwas daraus schmieden.«
»Deshalb hatte die alte Lady Fice ja auch Werkzeug aus Varin in ihrem Stall.«
»Dann findet heraus, wer ihr Schmied war, und laßt ihn das Schwert für Euch machen.«
»Ihr Schmied ist tot, und ich habe dich.«
»Ich bin ein Gelehrter wie Ihr, heiliger Mann. Meine Tage als Schmied liegen schon lange zurück.«
Matthias grinste. »Sie lagen lange zurück. Aber jetzt hast du sechs Monate Zeit gehabt, um wieder in Übung zu kommen.«
»Sechs Monate, in denen mir das Zeug nur so um die Ohren geflogen ist.« Yeon zupfte sich Strohhalme von der Brust. Auch er hatte einige Verbrennungen abbekommen. Er wischte sich mit dem Arm über das Gesicht und hinterließ einen schmierigen, schwarzen Streifen auf seiner Stirn. »Normalerweise explodiert Metall nicht.«
»Das ist wahrscheinlich gerade
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