Fey 05: Der Schattenrpinz
Nordufer.
Auf die Palastseite.
Jetzt hatte ihn der letzte Rest seiner Kraft endgültig verlassen.
Seine Glieder zitterten. Plötzlich konnte er nicht mehr atmen. Schwarze Flecken verschwammen vor seinen Augen.
Mit einem Mal überfiel ihn die ganze Schwäche, die ihn eigentlich schon im Wasser hätte überwältigen müssen.
Jetzt.
Gott strafte ihn, weil er den Tabernakel verlassen, seinen Posten aufgegeben und die Geheimnisse dem Unwürdigen verraten hatte.
Gott hatte ihm nur aus dem Wasser geholfen, um ihm eine Hoffnung vorzugaukeln, die ihn jetzt verließ.
Er würde sterben.
Jetzt.
Matthias versuchte, ans Ufer zu kriechen, aber er schaffte es nicht. Sein Körper gehorchte ihm nicht mehr.
Er schloß die Augen und überließ sich der Erschöpfung.
Burdens Stimme, die Stimme des Fey, den er ermordet hatte, hallte in seinem Kopf wider und sprach zu ihm, wie der lebendige Burden es nie getan hatte. Dieser Fey verfolgte ihn nun seit fünfzehn Jahren und hielt ihm spöttisch seine angebliche Magie vor.
Auch jetzt wieder.
Eure Magie hat Euch wieder einmal gerettet, sagte er. Aber Ihr habt ja beschlossen, nicht daran zu glauben. Ihr seid nicht ertrunken, aber Ihr werdet sterben. Der große, heilige Magier, von seinen eigenen Überzeugungen getötet.
Was willst du von mir? fragte Matthias. Er hatte nie damit gerechnet, daß eines seiner Opfer über ihn wachen, ihn führen und vor Gefahren schützen würde.
Ich wünsche Euch einen langsameren, quälenderen, schmerzvolleren Tod. Dieser hier ist zu leicht für einen wie Euch.
Und damit verschwand Burden, als wäre er nie dagewesen.
Matthias grub eine Hand in den Schlamm und zog sich weiter aufs Ufer hinauf. Er würde nicht sterben. Er würde den Fey zeigen, daß er aus eigener Kraft am Leben bleiben konnte. Die Fey hatten das nicht vermocht. Seine ganze Magie hatte Burden nicht gerettet.
Also log er. Magie rettete Leben nicht. Sie kostete Leben.
Der Fey versuchte, ihn zum Narren zu halten.
Matthias würde sich nicht zum Narren halten lassen. Er würde nicht aufgeben und auf etwas vertrauen, das er haßte, etwas, das er nie wirklich besessen hatte.
Kaum hatte er die Straße mit knapper Not erreicht, wurde er ohnmächtig.
23
Lord Stowe wartete am Haupteingang zum Großen Empfangssaal. Überall waren Wachen postiert, die die Hände hinter dem Rücken verschränkt hielten. Kein einziger Fey saß an den Tischen. Nur Inselbewohner. Genauer gesagt, adlige Inselbewohner.
Der Empfangssaal war ein altmodischer Raum, der zu jenem Teil des Palastes gehörte, der zuerst errichtet worden war. Später hatte man auf beiden Seiten Türme hinzugefügt. Deshalb glaubten viele Edelleute, der Saal sei nur gebaut worden, um diese Türme zu verbinden. In Wirklichkeit war der Saal zuerst dagewesen.
Wie alt er war, ließ sich an der Bauweise erkennen. Er war lang und breit und besaß eine verzierte, gewölbte Decke. Auch die gewölbten Fenster mit den kostbaren Glasscheiben waren erst später hinzugefügt worden.
Insgesamt gesehen, war der Saal von eindrucksvoller Würde. Er bot spielend Platz für die hundert Leute, die der König anläßlich Sebastians Mündigkeitszeremonie geladen hatte. Die Edelleute, ihre Frauen, Mätressen und Kinder wanderten um die Tische herum, die man eigens für das Bankett aufgestellt hatte. Der größte Tisch stand auf einem speziell für die Zeremonie errichteten Podium, das sich unter den gewölbten Fenstern von einem Ende des Saales zum anderen erstreckte. Die übrigen Tische waren zu ebener Erde aufgebaut, so daß die Speisenden zum König und seiner Familie aufblicken mußten. Bänke säumten die Tische, die mit feinstem Leinen und Leuchtern und Geschirr gedeckt waren, das Stowe noch nie gesehen hatte.
Der König hatte statt der traditionellen Zeremonie ein Festbankett gewählt, weil er im Palast keine religiösen Feiern mehr ertragen konnte.
Bei der letzten religiösen Zeremonie war Jewel gestorben.
In diesem Raum war sie damals aufgebahrt worden. Stowe hatte eigentlich damit gerechnet, daß der König den Empfangssaal deshalb für immer mied, doch er hatte sich offensichtlich getäuscht. Statt dessen setzte Nicholas keinen Fuß mehr in den Krönungssaal. Seit dem Tag von Jewels Tod war dieser Raum verschlossen.
Die Edelleute unterhielten sich leise miteinander und tranken den Wein, den der König hatte ausschenken lassen. Manche waren wie Stowe in altehrwürdigen Roben erschienen, andere trugen modische, von den Fey
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