Fey 06: Die Erben der Macht
Adrian. »Ich helfe dir. Stütz dich auf mich. Gemeinsam schaffen wir es.«
»Und ich helfe dir auch«, erklärte Gabe. Er legte eine Hand auf Coulters Rücken. Ein letztes Mal blieb Coulter stehen. Er betrachtete die Fey zu seinen Füßen, deren Tod er verursacht hatte, und seine Schultern zuckten. Adrian drehte Coulters Gesicht zur Seite, damit er nicht länger hinsehen mußte.
»Am besten machen wir einen großen Bogen um dieses Schlachtfeld«, sagte Adrian.
»Mitten hindurch ist besser«, widersprach Fledderer.
»Drumherum. Er schafft es nicht.«
»Wir können es uns nicht leisten, ihn zu verhätscheln.«
»Wir verhätscheln ihn nicht. Ich möchte nur, daß er das hier überlebt.«
»Ihm geht’s gut.«
»Äußerlich vielleicht«, sagte Adrian. »Aber er hat nicht deine Ausbildung. Er ist nicht so abgebrüht wie du. Er ist ein Inselbewohner. Wir pflegen das Leben anderer Menschen zu respektieren.«
Adrian unterbrach sich. Er hatte Fledderer nicht verletzen wollen. Die Rotkappe hatte sie seit Jahren unterstützt.
Aber Fledderer zuckte nur die Achseln. »Das habe ich schon immer für euren größten Fehler gehalten«, gab er zurück und setzte sich Richtung Norden in Trab.
Leen warf Adrian einen erstaunten Blick zu. Aber überraschenderweise hatten ihre Wangen wieder etwas Farbe bekommen. Adrian hatte ganz vergessen, wie sehr die Fey Vergeltung liebten. Und diesen Kampf konnte man durchaus als Vergeltung für die Ermordung von Leens Familie betrachten.
Leen bückte sich, hob Adrians Bogen auf und reichte ihm die Waffe. Er warf sie über die andere Schulter.
»Kommt«, befahl Adrian. Zusammen zerrten er und Gabe Coulter vorwärts. Sie gingen so schnell sie konnten. Vor sich sah Adrian schon das Ende des Leichenfeldes. Lag das Schlachtfeld erst einmal hinter ihnen, konnten sie wählen, welche Richtung sie einschlugen.
»Haßt du mich jetzt?« fragte Coulter leise.
»Nein«, beschwichtigte Adrian. Aber Coulter schien nicht erleichtert. Er wartete auf Gabes Antwort.
Und Gabe schwieg.
45
Nicholas fing das Schwert auf. Es fühlte sich an, als habe es sein Leben lang auf ihn gewartet. In diesem Augenblick wußte er, daß Arianna recht hatte. Wenn der Schwarze König ihnen nicht mehr im Wege stand, würde sie die Fey regieren und über die Blaue Insel herrschen.
Aber das war jetzt Nicholas’ Entscheidung, nicht ihre.
Ohne nachzudenken, stürzte Nicholas vor. Aus dem Augenwinkel sah er noch, wie Ariannas Kleider zerrissen; als ihre Beine länger wurden, ihr Leib sich blähte und ihr Gesicht sich streckte. Sie Verwandelte sich.
Sebastian schrie.
Der Schwarze König beobachtete sie beide. Er sah völlig verblüfft aus. Die Wachen gerieten in Bewegung, aber Nicholas achtete nicht auf sie. Er kam dicht vor dem Schwarzen König zum Stehen und schwang das Schwert mit beiden Händen und mit aller Kraft in einem unbeholfenen Winkel steil nach oben, aber es gelang ihm nicht, die Brust seines Gegenspielers zu durchbohren. Die Kleidung des Schwarzen Königs mußte verzaubert sein. Sein Hals und sein Gesicht waren die einzigen verletzlichen Stellen an seinem ganzen Körper.
Während Nicholas zustieß, fühlte er seine ganze Wut über alles, was die Fey ihm genommen hatten, alles, was er verloren hatte, seit er sie zum ersten Mal getroffen hatte. Seinen Vater, sein Reich, seinen echten Sohn.
Jewel.
Etwas prallte gegen Nicholas’ Rücken. Irgendwie gelang es ihm, das Gleichgewicht nicht zu verlieren und sein Ziel im Auge zu behalten. Der Schwarze König wich nicht schnell genug aus, und die Schwertspitze bohrte sich in seine Kehle. Es fühlte sich an, als versuche Nicholas, mit einem stumpfen Messer einen Baum zu fällen.
Der Schwarze König röchelte und griff nach der Klinge. Blut sickerte aus seinem Hals. Das Gewicht auf Nicholas’ Rücken wurde schwerer. Arianna hatte ihre Verwandlung fast vollendet, und die Wachen kamen mit gezückten Schwertern immer näher.
Der Schwarze König starrte Nicholas ungläubig an. Nicholas versuchte, die Waffe wieder herauszuziehen, aber sie steckte fest. Rings um ihn stießen jetzt die Schwerter der Wachen zu, aber etwas riß Nicholas zu Boden. Sein eigenes Schwert entglitt seinen Händen, und er landete zu Füßen des Schwarzen Königs.
Arianna scharrte nervös mit den Hufen. Sie war ein Pferd geworden.
Ein Pferd.
Sie war wirklich unschlagbar, seine Tochter.
»Papa«, rief sie.
Schwerter klirrten direkt hinter Nicholas’ Rücken, und jetzt merkte er auch,
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