Fey 06: Die Erben der Macht
würde.
»Du … hast … drei … Kinder«, sagte Sebastian. »Ari … mich … und … Gabe.«
»Gabe wurde von Fey erzogen. Er steht auf der Seite des Schwarzen Königs«, entgegnete Arianna.
Nicholas ergriff ihren Arm. Er war sich nicht so sicher, ob sein leiblicher Sohn den Fey helfen würde. Immerhin war der Junge hierhergekommen, um Sebastian zu retten. Jedenfalls hatte er es behauptet.
Dieser Junge war Jewels Sohn. Jewels und sein eigener Sohn. Das mußte doch etwas bedeuten.
»Nein«, sagte Sebastian. »Er… in… nert … Euch … an … die … Ver… bindung.«
»Die Verbindung?« fragte Arianna. »Bist du jetzt mit ihm Verbunden?«
»Immer«, erwiderte Sebastian.
Nicholas runzelte die Stirn. Wußte Sebastian, was Gabe gerade tat?
»Hat er sich seinem Urgroßvater angeschlossen?«
Sebastians Blick wurde wieder leer. So sah er also aus, wenn er die Verbindung überprüfte. Dann füllten sich seine Augen mit Tränen. »Gabe … ist … allein. Kein … Schwarzer … König … aber … etwas … stimmt … nicht. Gabe … ist … verletzt.« Sebastian war auf die Knie gesunken. »Er … ist … verletzt.«
4
Er hatte sich noch nie für einen mutigen Mann gehalten. Jetzt, da er die Stufen herabstieg, hielt sich Reece sogar für den größten Feigling aller Zeiten. Seine Hände zitterten, und sein Mund war wie ausgetrocknet. Er war sich nicht sicher, ob er zwei Worte hintereinander herausbringen würde.
Aber der Rocaan hatte den Fey mit vierzehn Jahren ganz allein gegenübergestanden. Damals, als er den magischen Ring der Fey betreten hatte, hatte er nicht einmal Weihwasser bei sich gehabt.
Reece würde doch wohl dasselbe können wie ein Junge von vierzehn Jahren.
Hoffte er wenigstens.
Ein Aud hatte ihm ein Fläschchen mit Weihwasser angeboten, aber Reece hatte abgelehnt. Er würde hinausgehen und mit den kleinen, unbewaffneten Fey sprechen. Er würde ihnen zeigen, daß der Tabernakel keine Angst vor ihnen hatte. Daß er in gutem Glauben zu ihnen sprach.
Deswegen hatte er sich entschlossen zu gehen, deswegen hatte er sich gemeldet, bevor der Rocaan jemand anderen beauftragen konnte. Reece hatte Angst, ja, aber er wußte auch, daß seine Pflichten gegenüber dem Tabernakel bedeutender waren als die Pflichten gegenüber sich selbst. Er wußte auch, daß viele der Ältesten das erst noch erkennen mußten.
Der Tabernakel wirkte merkwürdig dunkel, da man vor allen Fenstern die Wandteppiche heruntergelassen hatte. Jemand hatte die Kerzen und Fackeln im Erdgeschoß entzündet. Es schien, als sei mitten am Tag ein Sturm aufgezogen, als bereite sich der Tabernakel auf die ewige Dunkelheit vor.
Obwohl Reece wußte, daß es sinnlos war, ballte er die Hände zu Fäusten, um das Zittern zu unterdrücken. Alle Tiere dort unten würden seine Angst riechen. Er konnte nur hoffen, daß die Fey ihre Tiere im Zaum halten würden.
Neben Reece war plötzlich ein Danite aufgetaucht. »Verehrter Herr?« fragte er. Reece, der normalerweise jeden Namen im Tabernakel kannte, konnte sich nicht an den Namen des Daniten erinnern, obwohl er den Mann schon häufig gesehen hatte. Das unmittelbar bevorstehende Treffen mit den Fey beschäftigte Reece so intensiv, daß er alles andere darüber vergessen hatte.
»Nicht jetzt«, erwiderte Reece leise.
»Ihr braucht Weihwasser, Verehrter Herr«, sagte der Danite. Reece schüttelte den Kopf. Er mußte jetzt deutlich werden, sonst würde man ihn mit diesem Angebot bis zur Tür verfolgen. »Ich habe mich entschieden, mit leeren Händen hinauszugehen.«
»Verehrter Herr …«
Reece klopfte dem Daniten auf die Schulter und setzte seinen Weg fort. Neben dem Eingangsportal standen noch mehr Daniten. Sie beobachteten ihn mit weit aufgerissenen Augen. Er nickte ihnen zu und wünschte, sie würden die Ereignisse etwas gelassener hinnehmen.
Ihre Feierlichkeit machte ihn noch nervöser.
Dann ergriff er die goldenen Klinken und zog beide Türflügel auf.
Das hereinströmende Sonnenlicht blendete ihn. Die Daniten wichen zurück. Reece trat in die gleißende Helligkeit hinaus und schloß die Tür hinter sich.
Der einzige Inselbewohner unter Hunderten von Fey.
Der durchdringende Gestank traf ihn unvorbereitet. Betäubend und scharf mischte sich der Moschusdunst der Felle mit dem einzelner Tiere: der beißende Geruch von Katern; der Fellgeruch der Hunde; die scharfen Ausdünstungen der Wölfe. Reece drehte sich der Magen um. Zum ersten Mal roch er so viele wilde Geschöpfe
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