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Fey 06: Die Erben der Macht

Fey 06: Die Erben der Macht

Titel: Fey 06: Die Erben der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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wie möglich Verstärkung holen.
    Wegen dieses Jungen war Rugad auf die Insel gekommen.
    Wirbler konnte es sich einfach nicht leisten, ihn zu verlieren.
    Keiner von ihnen konnte sich das leisten.

 
33
     
     
    Die gesamte Trappe war weitermarschiert. Mit gezücktem Messer lehnte sich Servis an die Mauer und säuberte sich die Fingernägel mit der Spitze der Klinge.
    Con schritt ruhelos auf und ab. Er atmete kurz und stoßweise. Noch nie war er in solch einer Zwickmühle gewesen. Die Soldaten hatten gesagt, der König wüßte über alles Bescheid, aber was, wenn sie gelogen hatten? Er mußte hinauf, um das festzustellen. Er mußte sich selbst davon überzeugen.
    »Servis, wie weit würdet Ihr gehen, um einen Befehl auszuführen?« fragte er.
    »Fragt lieber nit, Audwicht«, gab Servis zurück.
    »Aber ich will es wissen.«
    »Is’ doch mein Beruf, Befehle auszuführn.«
    Con wandte sich um. Servis hatte aufgehört, sich seinen Fingernägeln zu widmen und statt dessen das Messer quer über sein Bein gelegt, die Hand auf dem Knauf. Er beobachtete Con.
    Servis hatte ihn mißverstanden. Er hatte geglaubt, Con würde ihn fragen, was er tun würde, falls Con zu flüchten versuchte. Aber das wußte der Junge ja schon.
    Servis würde ihn töten müssen.
    Und darin bestand das Wesentliche eines Befehls, oder? Tun, was man zu tun hatte, tun, was von einem gefordert wurde.
    Con hatte keine Befehle erhalten.
    Er hatte eine Weisung.
    Er berührte die Weihwasserfläschchen in seiner Tasche. Manchmal handelte man auch nach Gottes Willen, wenn man jede Gelegenheit, die sich bot, ausnutzte, ganz gleich, wie das Ergebnis sein mochte.
    Er hatte einem höheren Ruf zu folgen. Er mußte dem König Bericht erstatten.
    »Es ist auch mein Beruf, Befehle auszuführen«, sagte Con.
    »Ich kann Euch nit gehn lassen, Audwicht«, erwiderte Servis.
    »Wer soll’s denn schon erfahren?« fragte Con. »Oben wird gekämpft. Vielleicht kommen sie auf einem anderen Weg zurück.«
    »Weiß ich doch, Audwicht«, entgegnete Servis mit sanfter Stimme. »Weiß ich doch alles.«
    Con nickte. Das war die Antwort auf seine Frage. Nicht einmal wenn der König bereits alles wußte und diese Truppen geschickt hatte, würde sich Con zufriedengeben. Er mußte es mit eigenen Augen sehen, er mußte seine Weisung erfüllen, und zwar ohne Einschränkung.
    Er brauchte nur einen Augenblick, den Bruchteil einer Sekunde. Er würde sich in den Tunneln zurechtfinden, er hatte eine Karte. Wenn er sich so lautlos wie möglich verhielt, dann konnte er es schaffen.
    Vorsichtig zog er mit Daumen und Zeigefinger langsam den Stöpsel aus dem Fläschchen. »Glaubt Ihr etwa nicht an eine höhere Ordnung?« fragte er. »Glaubt Ihr nicht, daß Gottes Werke alle anderen übertreffen?«
    »Laßt die Spielchen sein, Kleiner«, knurrte Servis. »Ich laß Euch nit gehn.«
    »Ihr seid auch ein gläubiger Mensch, Servis.« Con trat einen winzigen Schritt näher. Er durfte weder zu dicht herantreten, noch zu weit entfernt stehenbleiben. Er mußte genau den richtigen Punkt erwischen. »Die Kirche lehrt, daß wir alle, auch der König, von Gott gelenkt werden. Und wenn Gott den König lenkt, so lenkt er gewiß auch die Wachen des Königs. Meine Weisung ist wichtiger als Euer Befehl.«
    Servis seufzte. Seine Hand lag immer noch am Schwertknauf. »Ich versteh’ doch nix von diesen Sachen, Audwicht. Braucht Ihr gar nit erst zu versuchen. Ich bin ein einfacher Mann und mach’ einfache Sachen. Wie Befehle befolgen.«
    »Meine Befehle kommen von Gott«, sagte Con.
    »Darauf hab’ ich bloß Euer Wort.« Servis wurde immer ungeduldiger. Er lehnte sich vor. »Was weiß ich, wer Euch die Weisung gegeben hat. Vielleicht stimmt’s ja nit. Ich muß meinen Befehl befolgen.«
    »Aber wenn Ihr wüßtet, daß diese Weisung vom Rocaan kommt, dann würdet Ihr es tun.«
    »Vielleicht. Wenn ich den Rocaan dabei gesehn hätt’.«
    »Das habt Ihr aber nicht. Ihr habt nur mein Wort. Das Wort eines Heiligen Mannes.« Cons Finger umschlossen den Hals des Fläschchens noch fester.
    »Ihr seid ja nur ein Junge.«
    »Ich bin ein Aud«, gab Con zurück.
    Servis blickte ihn an und nahm dann die Hand von seinem Schwertknauf.
    Cons Herz tat einen Sprung. Servis hörte ihm zu. »Es gibt noch eine Möglichkeit, Euch zu überzeugen«, sagte Con.
    Servis legte die Hand flach auf den Boden. Cons Finger umklammerten das Fläschchen. Dies war der richtige Augenblick. Dies war vielleicht seine einzige Chance.
    Aber er nahm die

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