Fey 07: Die Augen des Roca
Schamanin, »dann hätte Arianna nicht überlebt. Ich wäre nicht zu Hilfe gekommen, und Jewel hätte die Geburt einer so mächtigen Gestaltwandlerin niemals überstanden.«
Arianna kniff ärgerlich die Augen zusammen. »Hör auf, über mich zu reden, als wäre ich gar nicht da.«
Nicholas schüttelte den Kopf. Um seine Tochter mußte er sich später kümmern. Das Ausmaß ihrer Gefühllosigkeit war mehr, als er im Moment ertragen konnte.
Er hatte Arianna so gedrängt, ihm zu folgen, weil er seinen Sohn Gabe nicht kannte. Genau davor, vor dieser gefühllosen Fey-Art, fürchtete er sich bei seinem unter Fey aufgewachsenen Sohn.
»Der Schwarze König wird keine Ruhe geben, bis ich nicht mehr zwischen ihm und seinen Urenkeln stehe«, sagte Nicholas. »Dann wird er nach Leutia weiterziehen und die restlichen Länder dieser Welt in seine Gewalt bringen.«
»So sind die Fey nun einmal«, bestätigte die Schamanin.
»Warum hilfst du uns dann?« erkundigte sich Arianna.
»Weil es eines Tages ein Ende haben muß. Das Imperium der Fey ist groß genug. Die Männer deiner Familie – deiner Fey-Familie – betrachten die Welt als eine Art Spielzeug, und Eroberungen sind für sie ein unterhaltsamer Zeitvertreib. Durch den Mut deines Urgroßvaters hat das Reich der Fey seine jetzige Größe erreicht. Früher waren Eroberungen für uns eine Überlebensfrage. Wir waren ein kleines Volk mit wenig Land und noch weniger Fähigkeiten, uns selbst zu versorgen. Irgendwann hörten wir schließlich auf, uns selbst verbessern zu wollen. Irgendwann wurden wir blind, machthungrig und gierig. Das muß aufhören, bevor wir Leutia erreichen. Es muß auf der Blauen Insel aufhören. Dafür haben Nicholas und Jewel gesorgt. Sie haben uns Kinder geschenkt, die beiden Völkern angehören. Diese Kinder sind Symbole des Friedens.«
Die Schamanin betonte die letzten drei Worte so nachdrücklich, als wollte sie sie Arianna mit Gewalt einhämmern.
Arianna lief rot an. »Warum tötest du ihn nicht, wenn du das glaubst?« fragte sie.
»Weil ich dann meine Macht verlieren würde, mein Kind. Ich glaube aber, daß meine Ratschläge und Visionen für dich und deinen Vater von größerer Bedeutung sind als mein Tod.«
»Auch wenn das bedeutet, daß der Schwarze König weiterleben wird?« fragte Arianna.
Die Schamanin drückte Nicholas’ Arm und zog ihre Hand zurück. »Auch dann«, erwiderte sie. »Du bist noch nicht reif genug, um zu regieren. Du bist zu jung, zu impulsiv, und du hast noch nichts anderes kennengelernt als die kleine Welt, in der du aufgewachsen bist. Der Schwarze König wird erst weiterziehen, wenn er dich oder deinen Bruder auf seiner Seite hat. Das verschafft uns Zeit.«
»Zeit wofür?« wollte Arianna wissen.
»Zeit, um mit dir zu arbeiten«, antwortete die Schamanin. »Und Zeit für dich, Nicholas, um jemanden zu finden, der den Schwarzen König vernichtet, ohne daß es Auswirkungen hat.«
»Ich dachte, du hättest gesagt, daß er den Schwarzen König nicht töten soll«, sagte Arianna.
»Nicht direkt«, gab die Schamanin zurück.
»Als wäre es indirekt möglich«, spottete Arianna.
Nicholas spürte, wie ihm das Herz stehenblieb. Das war eine ernstzunehmende Möglichkeit. Er glaubte daran, daß sich durch politischen Mord ein Krieg verhindern ließ. Er wußte, manchmal war es besser, ein Leben zu opfern, um Tausende zu schonen. Er war sich nur nicht sicher, ob er fähig war, dieses Leben zu opfern.
Oder ob die Zauberkräfte der Fey dies zu verhindern wußten.
»Es ist indirekt möglich«, sagte die Schamanin sanft. »Das ist die beste Methode, einen Träger des Schwarzen Blutes zu töten.«
»Was soll das heißen?« fragte Arianna. »Die beste Methode?«
»Genau das, wonach es sich anhört«, antwortete die Schamanin im gleichen, sanften Tonfall, als gäbe sie große Wissensschätze preis und nicht nur die Geschichte einiger Todesfälle. »Dein Urgroßvater hat deinen Großvater mit genau dieser Methode umgebracht.«
»Ich dachte, Solanda hätte meinen Großvater auf dem Gewissen«, widersprach Arianna.
»Das hat sie auch«, stimmte die Schamanin zu, »aber dein Urgroßvater hatte eine Vision, daß dein Großvater auf der Blauen Insel versagen würde. Versagen ist aber gleichbedeutend mit Tod.«
»Weil ihn mein Urgroßvater dann hätte töten dürfen?« fragte Arianna.
»Nein«, entgegnete die Schamanin. »Wenn der Oberbefehlshaber einen Krieg verliert, kommt das einem Todesurteil gleich. Man muß es Rugar hoch
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