Fey 07: Die Augen des Roca
über magische Kräfte«, gab Fledderer zu bedenken.
»Nicht auf der Blauen Insel«, widersprach Gabe. »Sieh dir doch nur Coulter an.«
Trotzdem war Coulter nach allem, was Fledderer bis jetzt gesehen hatte, ein kleines Stück größer als die anderen Inselbewohner. Manchmal machte selbst ein kleines Stück einen großen Unterschied.
»Vielleicht ist er eben gerade groß genug«, meinte Fledderer.
»Du kannst deine Fey-Maßstäbe nicht einfach auf die Inselbewohner übertragen«, fauchte Coulter ihn an. Er ließ die Hand sinken. Seine blauen Augen glänzten, als würden sie von innen erleuchtet.
»Wahrscheinlich nicht«, gab Fledderer zu. »Aber es war das erste, was mir einfiel.« Er holte tief Luft. »Bei den Fey wenden nur Domestiken Zaubersprüche an. Sie benutzen sie, um sich zu schützen, und das auch nur, wenn sie verängstigt sind.«
»Diese Leute waren völlig verängstigt«, erklärte Leen.
»Aber sie haben euch nicht getötet«, sagte Fledderer mehr zu sich selbst.
»Offensichtlich nicht«, spottete Leen.
»Interessant«, murmelte Fledderer nachdenklich. Viele Domestiken wurden ihrer magischen Kräfte beraubt, wenn sie töteten. Anders als dunkle Magie duldete Heilmagie keine vorsätzliche Gewalt gegenüber anderen Lebewesen. Die Fey allerdings hatten sich bevorzugt in dunkler Magie geübt. Sie war in Kriegszeiten erheblich wirkungsvoller. Die Heilmagie geriet oft in Vergessenheit.
All das galt für die Fey. Das durfte er nicht vergessen. Hier dagegen handelte es sich um Inselmagie, und damit mochte es sich ganz anders verhalten.
»Sind sie euch gefolgt?« erkundigte sich Fledderer.
Gabe schüttelte den Kopf. »Nein. Wir haben aufgepaßt.«
»Aber sie suchen nach euch«, murmelte Fledderer, weniger als Frage, denn als Feststellung.
»Das wissen wir noch nicht«, antwortete Coulter. »Der Mann kann einen ganz anderen Grund gehabt haben, den Steinbruch aufzusuchen.«
»Vielleicht«, erwiderte Fledderer. »Aber vielleicht ist er auch gekommen, um sich nach irgendwelchen Langen zu erkundigen. Erinnerst du dich an die Bemerkungen, die fielen, als Gabe und Leen gestern dort waren?«
»Wir sollten lieber auf Adrian warten. Er weiß bestimmt mehr«, schlug Coulter vor.
»Bestimmt«, pflichtete Fledderer ihm bei. »Falls er uns rechtzeitig findet.«
»Warum sollte er nicht?« fragte Coulter.
»Weil die Leute sich vor großen Menschen fürchten. Sie wissen, daß Gabe und Leen noch in der Nähe sind. Sie werden nach ihnen suchen.« Fledderer bekam eine Gänsehaut. Er hatte für den Rest seines Lebens genug gekämpft. Er wollte sich nicht schon wieder verteidigen müssen.
»Aber wie sollen sie uns hier finden?« fragte Leen.
»Das hier ist ihr Gebirge«, erklärte Fledderer. »Und sie können zaubern. Vielleicht steht ihnen noch andere Magie zur Verfügung.«
»Wenn sie schon Angst vor großen Leuten haben, müßten sie dann nicht noch mehr Angst vor Magie haben?« wandte Coulter ein.
»Du kannst auf Inselbewohner keine Fey-Maßstäbe anwenden«, äffte Fledderer ihn nach.
Coulter nickte wie bestätigend.
»Aber vielleicht bleibt uns nichts anderes übrig«, sagte Gabe leise. »Vielleicht müssen wir unsere eigenen Maßstäbe anwenden. Wir haben keine Ahnung von ihren Fähigkeiten. Wir sollten lieber das Schlimmste annehmen.«
»Das Schlimmste ist, daß sie uns finden, gefangennehmen und töten«, erklärte Fledderer.
»Also brauchen wir ein besseres Versteck«, konterte Leen.
»Hast du einen Vorschlag?« fragte Fledderer. »Wir befinden uns hier bereits am äußersten Ende der Insel.«
Gabe betrachtete die Felswand direkt unter dem Gipfel. »Ich habe eine Idee«, rief er aus.
Coulter legte ihm die Hand auf den Arm. »Ich glaube nicht, daß es eine gute Idee ist.«
Gabe schüttelte ihn ab. »Fühlt ihr es auch?« wandte er sich an Fledderer und Leen. »Fühlt ihr die Kraft des Berges?«
Fledderer warf Gabe einen mißtrauischen Blick zu. Diese Wendung des Gesprächs mißfiel ihm. »Ein Berg ist einfach ein Berg«, wehrte er ab.
»Wenn das stimmt«, widersprach Gabe, »warum ist dieser Berg dann rot? Warum fühlt er sich anders an?«
»Und warum verlieren die Steine ihre rote Farbe, wenn man sie aus dem Felsen bricht?« fügte Coulter hinzu.
»Ich dachte, dir gefällt diese Idee nicht«, stichelte Fledderer.
»Er hat sie ja noch gar nicht gehört«, sagte Gabe.
»Das ist auch nicht nötig«, unterbrach Coulter. »Ich fühle den Berg, und mir gefällt dieses Gefühl nicht. Und dir
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