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Fey 07: Die Augen des Roca

Fey 07: Die Augen des Roca

Titel: Fey 07: Die Augen des Roca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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ist«, korrigierte sie.
    »Wir«, widersprach Nicholas. »Er ist auch dein Bruder.«
    »Sebastian war mein Bruder.«
    »Und Gabe auch.«
    Eine Träne lief Arianna über die Wange. Wütend schlug sie danach. Ihr Vater wischte ihr eine zweite aus dem Gesicht.
    »Du bist mein Mädchen«, flüsterte er. »Mein Kleines. Daran wird sich nie etwas ändern.«
    Ariannas Unterlippe bebte. Nicholas zog sie an sich. Sie ließ sich von ihm halten, als wäre sie noch ein kleines Kind. Was die Schamanin dachte, war ihr egal. Nicholas’ Wärme war wohltuend. Ariannas Oberkörper fühlte sich angenehm an, während ihr die Kälte des Felsens in Beine und Gesäß drang.
    Er würde immer ihr Vater bleiben. Das wußte sie.
    Sie war nicht fair.
    »Machst du dir denn gar keine Sorgen?« murmelte sie.
    »Ich mache mir große Sorgen, Ari, aber ich glaube nicht, daß wir eine Wahl haben.«
    »Vielleicht will er uns täuschen. Er könnte den Schwarzen König auf uns hetzen.«
    »Nein, Ari«, beruhigte ihr Vater. »Gabe ist zwar von Fey aufgezogen worden, aber das waren die Leute der Schamanin. Sie sind alle tot.«
    »Ach ja?« fragte Arianna.
    Ihr Vater umarmte sie fester. »Du weißt selbst, wie uns ohne Sebastian und unser Zuhause zumute ist. Dasselbe hat der Schwarze König Gabe angetan. Auch Gabe hat kein Zuhause mehr. Alle seine Leute sind tot. Er ist ganz allein dort draußen und wahrscheinlich noch verstörter als wir.«
    »Er kann Sebastian nicht ersetzen«, beharrte Arianna.
    Nicholas lehnte seine Stirn gegen ihre. »Ich will gar nicht, daß jemand Sebastian ersetzt«, sagte er leise. »Ich werde diesen Jungen lieben und vermissen, bis ich sterbe.«
    »Dann weiß ich nicht, wozu du diesen Gabe brauchst, Papa«, konterte Arianna. »Du hast doch mich.«
    »Das stimmt.« Nicholas’ Stimme war sanft. »Und wenn diese Welt eine andere wäre, würden du und ich das tun, was wir vor ein paar Wochen geplant haben. Dann wärst du jetzt Sebastians Kopf, und Gabe hätten wir seinen eigenen Weg gehen lassen. Aber das geht jetzt nicht mehr. Wir dürfen nicht zulassen, daß Gabe in die Hände des Schwarzen Königs fällt. Gabe ist genauso mächtig wie du. Die Blaue Insel braucht euch beide, und zwar auf unserer Seite. Ihr dürft nicht gegeneinander kämpfen. Stell dir vor, was das für eine Katastrophe wäre, Ari.«
    »Ich könnte ihn besiegen«, murmelte Arianna unsicher. Sie erinnerte sich an den Tag, als sie Gabe zum ersten Mal gesehen hatte. Er stand hinter Sebastian, und sein Gesicht war das Ebenbild von Sebastians gewesen, nur daß Gabes kantiger und nicht von Rissen durchzogen war. Seine Augen strahlten so hell, daß es fast blendete. Er war ihr entwischt, hätte sie fast überlistet und war eine der wenigen echten Herausforderungen gewesen, mit denen sie sich vor der Ankunft des Schwarzen Königs hatte auseinandersetzen müssen.
    »Das würdest du nicht wagen, Ari.«
    »Ich weiß schon«, fauchte sie. »Die Sache mit dem Schwarzen Blut. Du scheinst wirklich daran zu glauben.«
    »Ich habe schon zu viel Fey-Magie gesehen, um es nicht zu glauben. Wir müssen vorsichtig sein. Sonst verlieren wir vielleicht alles.«
    »Ich dachte, das hätten wir schon«, spottete Arianna.
    »Nein, Kleines«, erwiderte ihr Vater. »Wir haben immer noch uns.«
    »Meinst du etwa, wir könnten auch das noch verlieren?« fragte Arianna.
    »Ich habe deine Mutter verloren«, seufzte ihr Vater. »Und deinen Bruder.«
    Natürlich dachte er das. Natürlich.
    »Mich wirst du nie verlieren, Papa«, versprach sie.
    Nicholas lächelte müde. »Ich weiß, Schatz«, murmelte er. Aber Arianna merkte genau, daß er ihr nicht glaubte.

 
19
     
     
    Der Gestank war unerträglich.
    Con und Sebastian bahnten sich vorsichtig einen Weg durch die verwesenden Leichen. Sebastian bestimmte das Tempo, denn er war nicht so schnell wie Con. Bei dem Versuch, einer Leiche auszuweichen, war er schon mehr als einmal hingefallen.
    Der Tunnel hatte sich verbreitert, und jetzt erkannte Con ihn auch wieder. Sie befanden sich in den Katakomben unter dem Tabernakel. Das war auch an den Gewändern der Toten zu erkennen. Beige Talare, schwarze Talare, manche aus Leinen und manche aus Samt. Der Tod hatte keinen verschont.
    Die Leichen waren schon zu verwest, als daß Con ihre Gesichter erkennen konnte.
    Er versuchte es auch erst gar nicht.
    Er konzentrierte sich ganz aufs Atmen. Der Gestank war so übel, daß es ihm den Magen umdrehte, aber durch den Mund wollte er lieber nicht Luft holen. Er wollte

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