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Fey 07: Die Augen des Roca

Fey 07: Die Augen des Roca

Titel: Fey 07: Die Augen des Roca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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Nachmittag vor zwei Wochen – er schien schon ein ganzes Leben zurückzuliegen – war er in solcher Eile gewesen, daß er kaum auf seine Umgebung geachtet hatte und auch nicht stehengeblieben war, um die Nebenräume zu erforschen.
    »Ich sehe hier keine anderen Gänge. Und du?« fragte Con.
    »Nein …«, gab Sebastian zu.
    »Dann müssen wir wohl weitergehen.«
    »Wie …?«
    Con schloß einen Moment lang die Augen. Es würde einfacher sein, auf die Leichen zu treten, statt sie wegzuräumen, obwohl es den Toten gegenüber unehrerbietiger war.
    Seine Füße waren schon schmutzig, seine Hände immerhin noch halbwegs sauber.
    »Wir steigen drüber«, erklärte er.
    Er öffnete die Augen wieder, murmelte eine leise Bitte um Vergebung und stützte sich mit beiden Händen an den Wänden des Ganges ab. Dann setzte er den Fuß auf den Rücken der ersten Leiche und fühlte, wie er in den schleimigen Resten des Gewandes versank. Er bekam eine Gänsehaut.
    Er stellte seinen anderen Fuß daneben und sprang mit einem Satz auf die andere Seite des Durchgangs.
    Klebriges Zeug quoll zwischen seinen Zehen hervor. Zitternd und würgend wischte sich Con die Füße am Steinfußboden ab und versuchte, seinen rebellierenden Magen wieder unter Kontrolle zu bekommen.
    Auf der Leiche waren deutliche Fußabdrücke zu erkennen.
    Sebastian beobachtete ihn mit glitzernden schiefergrauen Augen. Er sah noch lebloser aus als sonst, wie eine Statue, in die jemand einen lebendigen Menschen eingesperrt hatte.
    »Ich … kann … nicht … springen«, stotterte er.
    »Dann mußt du eben drüberklettern«, gab Con zurück. Sebastian mußte sich beeilen, damit sie endlich von hier wegkamen.
    Vorsichtig legte Sebastian seine Hände dort an die Wände des Ganges, wo auch Con sich abgestützt hatte. Dann setzte er seinen rechten Fuß in Cons Abdruck auf dem Rücken der Leiche.
    Knochen knirschten. Mit einem Angstschrei taumelte Sebastian zurück.
    »Geh weiter«, ermunterte ihn Con. Wenn Sebastian jetzt aufgab, würde er das Hindernis nie überwinden.
    Sebastian stellte den linken Fuß in Cons Fußabdruck. Noch lauteres Knacken und Knirschen, als die Knochen der Leiche unter Sebastians Gewicht brachen.
    »Weiter!« bellte Con im Befehlston.
    Die Risse in Sebastians Gesicht vertieften sich. Er wimmerte. Er machte noch einen Schritt, verlor beinahe das Gleichgewicht und riß einen Arm hoch, um nicht zu fallen, wenn man die langsame, kreisförmige Bewegung so nennen konnte.
    Con streckte die Hand aus. »Hier«, sagte er. »Halt dich an mir fest.«
    Sebastians Griff war so kräftig, daß er Con fast die Hand zerquetschte.
    Wieder machte Sebastian einen Schritt und geriet ins Rutschen, als die Leiche unter ihm nachgab. Beim nächsten Schritt wimmerte er noch lauter, weil sein Fuß in weichem Matsch versank.
    Jetzt verstand Con auch endlich, was Sebastian die ganze Zeit sagte.
    »Tschuldigung … Tschuldigung …«, jammerte er unterdrückt.
    »Sie sind tot«, unterbrach ihn Con, um ihn zu beruhigen. »Sie fühlen nichts mehr.«
    Mit einem letzten Schritt landete Sebastian neben Con auf dem Steinfußboden. Sein Griff um Cons Hand lockerte sich nicht. »Bist du sicher?« fragte er.
    »Ja«, beschwichtigte Con. So sicher, wie man eben sein konnte. Er wußte nicht genau, was mit den nicht gesegneten Seelen unbestatteter Toter geschah.
    »Los jetzt«, befahl er und zerrte Sebastian hinter sich her. »Machen wir, daß wir weiterkommen.«
    Hier im Hauptraum türmten sich die Leichen vor allem an dem Durchgang, den sie eben bewältigt hatten, und vor dem Türbogen an der gegenüberliegenden Seite des Raumes. Dort waren sie zu einem Stapel aufgeschichtet, als hätte jemand sie aus großer Höhe fallengelassen.
    Der Leichengestank schien allerdings schwächer, aber vielleicht hatte Con sich auch nur daran gewöhnt. Auch der Rauchgeruch war verflogen und die Luft kühler, als wehte durch diesen Teil der Katakomben eine frische Brise.
    Der Raum war breit und die gewölbte Decke bemalt wie im Tabernakel. Zahlreiche Türen öffneten sich auf den Gang. Con hatte schon früher in die Nebenräume geblickt und wußte, was sich darin befand: die Überreste der Betten und Tische aus jener Zeit, als die Auds in den Katakomben einquartiert waren.
    Immer noch umklammerte Sebastian seine Hand. Es tat schrecklich weh.
    »Sebastian«, mahnte Con mit einem Blick auf die beiden Hände.
    »Oh«, rief Sebastian aus und ließ los. Sofort floß das Blut warm in Cons Hand zurück, und das

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