Fey 08: Im Zeichen der Schwerter
Kerlen in der Höhle den Garaus machen«, überlegte Tri laut.
»Und dabei riskieren, daß dir dasselbe zustößt wie vorhin mir?« gab Matthias zu bedenken. »Wir wissen nicht, ob es sich nicht um eine Art magischen Riegel handelt, der unerwünschte Besucher aus der Höhle fernhalten soll.«
Diese Überlegung paßte auch zu dem, was Pausho ihm erzählt hatte. Sie hatte selbst nicht genau gewußt, welcher Empfang Matthias in der Höhle erwartete.
»Nein«, fuhr Matthias fort. »Du kommst besser mit mir. Außerdem mußt du mich den Weisen gegenüber unterstützen.«
»Die werden nicht auf mich hören«, meinte Tri.
»Vielleicht doch«, widersprach Matthias. »Wenn sie sehen, daß du mit mir zusammen kommst.«
Er machte sich an den weiteren Abstieg. Er war sich ganz sicher, daß die Fey in der Höhle ihre Verfolgung nicht aufnehmen würden. Was den anderen Mächtigen betraf, dessen Gegenwart er fühlte, hatte er allerdings Bedenken. Dieser andere war schon zu nahe. Aber Matthias war noch nicht bereit, ihm gegenüberzutreten.
Er war für niemanden bereit. Er brauchte dringend Ruhe und Heilung.
Aber vor allem mußte er in Ruhe nachdenken. Bevor er in der magischen Höhle verschwunden war, hatte Coulter ihn auf Fähigkeiten aufmerksam gemacht, von denen Matthias sich niemals hätte träumen lassen, Fähigkeiten, die er lieber nicht besessen hätte. Danach hatte die Erscheinung einer längst toten Frau versucht, ihn umzubringen, und eine andere Frau, ebenfalls eine Fey, hatte ihm das Leben gerettet.
Vielleicht war es aber auch der Berg selbst gewesen, der ihn wieder einmal gerettet hatte. Matthias konnte sich nur auf Denis und Jakibs Aussage verlassen, daß es sich bei der alten Frau um eine Fey gehandelt hatte. Tri hatte noch nie einen Fey gesehen. Vielleicht war die Frau einfach nur ungewöhnlich hochgewachsen gewesen. Alles war so schnell passiert, daß selbst Denl und Jakib nicht hundertprozentig sicher sein konnten.
Zweimal in seinem Leben war Matthias auf dem Berg gewesen. Das erste Mal unfreiwillig, um dort zu sterben. Der Berg hatte ihn zurückgewiesen.
Das zweite Mal freiwillig, um zu töten, aber auch das war ihm nicht gelungen. Dabei wäre er fast selber umgekommen. Der Berg hatte ihn ein zweites Mal abgelehnt.
Jedesmal, wenn Matthias auf dem Berg gewesen war, war er als anderer Mensch heruntergekommen. Dieses Mal war er körperlich geschwächt und seelisch aufgewühlt, fühlte sich jedoch stärker als je zuvor. Dies war der Ort, wo er hingehörte, der Ort, der ihm seine wahre Bestimmung verlieh.
Matthias mußte nur noch herausfinden, welche Bestimmung das war.
Zu diesem Zweck mußte er den Leuten von Constantia helfen, sich gegen die Fey zu verteidigen.
Ob seine Hilfe nun erwünscht war oder nicht.
36
Er wartete immer noch darauf, daß sie wieder zu Bewußtsein kam. Nicholas drückte die Schamanin an sich und wiegte sie in den Armen. Sie besaß soviel Macht und Weisheit. Sie mußte einfach wieder aufwachen.
Aber sie bewegte sich nicht, auch ihre Brust hob und senkte sich nicht mehr.
Sie war tot.
Sie war tot, und Nicholas begriff nicht, warum.
Matthias sollte ein Gott sein?
Das konnte sie nicht gemeint haben. Vielleicht hatte sie damit sagen wollen, daß Matthias die Geheimnisse kannte, obwohl Nicholas keine Ahnung hatte, woher die Schamanin das wußte.
Vielleicht hatte sie auch bloß gemeint, daß Matthias der letzte lebende Rocaan war.
Aber was spielte das für eine Rolle. Nichts außer dem Leben der Schamanin spielte jetzt noch eine Rolle.
Ihr Leben und das Leben Ariannas. Ohne den Beistand der Schamanin konnte Nicholas seiner Tochter nicht helfen. Er wußte nicht, was er tun sollte. Offenbar waren sie zu spät gekommen.
Er war zu spät gekommen.
Die Schamanin hatte erklärt, daß sie diesen Ort zuerst erreichen mußte. Vor Matthias, hatte das wohl heißen sollen.
Es war ihr nicht gelungen.
Sie war tot.
Und jetzt würde auch Arianna sterben.
Nicholas fühlte eine Hand auf seinem Arm. Er blickte hoch und erkannte seine Frau. Seine schöne Frau, die jünger aussah als am Tag ihres Todes. Ihre Stirn war glatt, das Haar zum Pferdeschwanz zurückgebunden und ihre Augen, ihre herrlichen, geschwungenen Augen, voller Tränen.
»Jewel«, flüsterte Nicholas. »Wie ist das möglich?«
Vielleicht war auch er tot. Vielleicht hatte er es bloß noch nicht gemerkt.
Jewel strich ihm zärtlich das Haar aus der Stirn. »Die Schamanin hat es dir doch erklärt«, sagte sie. »Dies ist
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